Donald Trump möchte Grönland kaufen: Eine Insel als Ware
Schon vor Jahrzehnten haben die USA Kopenhagen ein Angebot gemacht. Doch Grönland gehört Dänemark gar nicht – und steht auch nicht zum Verkauf.
Womit sie sich täuschte. Einige Stunden später am Sonntagnachmittag (Ortszeit) bekräftigte US-Präsident Donald Trump gegenüber Fox News das Interesse Washingtons an einem Kauf Grönlands: „Im Grunde genommen wäre das doch ein großer Immobiliendeal.“ Für Dänemark sei Grönland ja nur eine große finanzielle Belastung, die die Staatskasse in Kopenhagen mehrere hundert Millionen Dollar jährlich koste, während die Insel für die USA strategisch bedeutsam sei: „Und wir sind ja ein großer Verbündeter Dänemarks, wir helfen Dänemark und wir beschützen Dänemark.“
Grönland mitsamt seinen 56.000 EinwohnerInnen einfach kaufen? Als das Wall Street Journal vergangene Woche zuerst über dieses angebliche Gedankenspiel Trumps berichtet hatte, glaubte Dänemarks Ex-Ministerpräsident Lars Løkke Rasmussen an einen „Aprilscherz“.
Grönland zu verkaufen?
Die grönländische Regierung stellte offiziell klar, sie begrüße US-Investitionen, „aber Grönland steht selbstverständlich nicht zum Verkauf“. Muté Egede, Vorsitzender der sozialdemokratischen grönländischen Partei Inuit Ataqatigiit sah in Trumps Vorstoß einen „Beweis für sein verzerrtes Menschenbild“, die Grönländer offenbar als „nichts als eine Handelsware“ zu sehen. Und für Eva Flyvholm, außenpolitische Sprecherin der linken dänischen Einheitsliste ist eine „solche Denkweise aus Kolonialzeiten“ eine „ausgesprochene Frechheit“.
Strategisches Interesse an der Insel seit 150 Jahren
Vor 100 Jahren hatte allerdings auch Dänemark kein Problem damit, Menschen als Handelsware zu behandeln. 1917 verkaufte es die „Westindischen Inseln“, die jetzigen US-Virgin Islands, für 25 Millionen Dollar in Gold an die USA. Es gab vor der Entscheidung immerhin eine Volksabstimmung – allerdings nur im Mutterland Dänemark, die 25.000 BewohnerInnen der Inseln hatten kein Mitspracherecht.
Das strategische Interesse der USA an der größten Insel der Welt, die 1814 dänische Kolonie geworden war und sich seit 1979 selbst verwaltet, ist schon älter als Trump. „Eigentlich wollen die USA Grönland schon seit 150 Jahren haben“, sagt Mikkel Vedby Rasmussen, Staatswissenschaftsprofessor und Militärexperte an der Universität Kopenhagen. „Im Kern geht es Washington darum, seinen sicherheitspolitischen Einfluss über dieses Territorium aufrechtzuerhalten, wenn Grönland eines Tages eine selbständige Nation geworden ist.“
Militärisch sind die USA bereits seit fast 80 Jahren auf Grönland präsent. Mit Kriegseintritt der USA 1941 gestand Dänemark Washington die Errichtung von Flugplätzen und Wetterstationen auf Grönland zu. Als der dänische Außenminister John Christmas Møller 1946 Washington besuchte, wurde ihm ganz offiziell das Angebot unterbreitet, Dänemark Grönland für 100 Millionen Dollar in Gold abkaufen zu wollen. Kopenhagen lehnte ab, genehmigte aber 1951 in Nordgrönland den Bau einer US-Militärbasis, auf der dann auch Atombomber stationiert wurden.
Flugzeugträger Grönland
1958 wurde mit dem Bau von „Camp Century“ begonnen, einer komplett ins Inlandeis gesprengten unterirdischen US-Basis. Es gab Pläne für ein 4.000 Kilometer umfassendes Tunnelsystem und eine unterirdische Stadt mit einer Fläche fast halb so groß wie Bremen. Doch schon nach einigen Jahren verlor das Pentagon angesichts der Waffenentwicklung das Interesse am „Flugzeugträger Grönland“. Die Aussicht auf eine eisfreie Arktis und unter dem grönländischen Eis vermutete reiche Bodenschätze haben es nun offenbar wieder geweckt.
Donald Trump hatte vor einigen Wochen überraschend ankündigt, er wolle Anfang September auf einer Europareise neben Polen auch Dänemark besuchen und in Kopenhagen vor allem über arktische Fragen sprechen. Nun bezeichnet er seinen Dänemark-Besuch plötzlich als „nicht so ganz sicher“. Womöglich ist er ja beleidigt über das Echo in Dänemark und Grönland. Die dänische Ministerpräsidentin hatte seinen Vorstoß jedenfalls als „völlig absurd“ abgetan.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Wirtschaftsminister bei Klimakonferenz
Habeck, naiv in Baku
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Hype um Boris Pistorius
Fragwürdige Beliebtheit