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Donald Trump im US-WahlkampfAufruf zur Gewalt gegen Clinton?

Eine Äußerung des republikanischen Kandidaten interpretieren viele als Aufruf zu einem Attentat gegen Hillary Clinton. Trump sagt, er habe es nicht so gemeint.

Er will mal wieder nichts Schlimmes gesagt haben: Donald Trump Foto: dpa

Wilmington dpa | Eine mehrdeutige Äußerung von Donald Trump sorgt für viel Wirbel. Hat der US-Präsidentschaftskandidat der Republikaner bei einem Wahlkampfauftritt am Dienstag (Ortszeit) nur das Recht der Amerikaner auf Waffenbesitz verteidigt? In Medien und sozialen Netzwerken wurde ein Trump-Zitat als möglicher Aufruf zu Gewalt gegen seine Konkurrentin von den Demokraten, Hillary Clinton, interpretiert. Trump wies diese Deutung später zurück.

Clinton wolle den zweiten Verfassungszusatz abschaffen, in dem das Recht auf Waffenbesitz verankert ist, sagte Trump in Wilmington im südöstlichen Bundesstaat North Carolina. Als Präsidentin wäre sie dabei nicht aufzuhalten, da sie entsprechende Richter für den Obersten Gerichtshof nominieren könne, sagte er und fügte hinzu: „Da kann man nichts machen, Leute. Obwohl – (es gibt da) die Leute des Zweiten Verfassungszusatzes, vielleicht gibt es doch etwas (das man tun kann). Ich weiß es nicht.“

„Dies ist eine einfache Sache – was Trump sagt, ist gefährlich“, erwiderte der Wahlkampfmanager der Demokraten-Kandidatin, Robby Mook, in einer Mitteilung. „Eine Person, die das Amt des Präsidenten der Vereinigten Staaten anstrebt, sollte in keiner Form zu Gewalt anregen.“

Auch aus Trumps eigener Partei kam Kritik. „Es klingt wie ein missratener Scherz“, sagte der republikanische Vorsitzende des Abgeordnetenhauses, Paul Ryan, nach Medienberichten. „Ich hoffe, dass er das schnell klarstellt.“ Ryan hatte sich am Dienstag in einer parteiinternen Vorwahl zur Wiederwahl in den Kongress klar durchgesetzt. Trump hatte ihm zunächst die Unterstützung versagt, sich dann aber doch hinter ihn gestellt.

Parteiübergreifende Kritik

Bereits in den vergangenen Wochen hatte sich auch innerhalb der Republikanischen Partei Widerstand gegen Trump formiert. Erst am Montag hatten ihn 50 Außen- und Sicherheitsexperten der Republikaner in einem offenen Brief scharf kritisiert.

Die Tochter des 1968 erschossenen afroamerikanischen Bürgerrechtlers Martin Luther King, Bernice, schrieb per Twitter, sie empfinde Trumps Äußerungen als „geschmacklos, verstörend, gefährlich“.

Dan Rather, als langjähriger Nachrichtensprecher eine Institution im US-Journalismus, sprach bei Facebook von einem beispiellosen neuen Tiefpunkt in der Geschichte der US-Präsidentschaftspolitik. Es sei eine direkte Androhung von Gewalt gegen einen politischen Rivalen. „Es wirft die ernste Frage auf, ob das gegen das Gesetz verstößt“, schrieb Rather. Er erinnerte zudem an den Amerikanischen Bürgerkrieg. „Wir können das nicht noch einmal geschehen lassen.“

Trump rudert per Twitter zurück

Die im Jahr 2011 durch einen Kopfschuss schwer verletzte Kongressabgeordnete der Demokraten, Garbrielle Giffords, twitterte, Trump erstaune die Amerikaner zwar ständig, man müsse aber eine Grenze zwischen politischer Rede und Anregung zu Gewalt ziehen. Wenn Kandidaten Gewalt bejahten, „sollten wir befürchten, dass Gewalt folgt“.

Trump versuchte mit einer spätabendlichen Twitter-Nachricht, die Wogen zu glätten. Die Medien versuchten verzweifelt, von Clintons Ablehnung des Zweiten Verfassungszusatzes abzulenken. „Ich sagte, Pro-2A-Bürger müssten sich organisieren und für eine hohe Wahlbeteiligung sorgen, um unsere Verfassung zu retten!“ 2A steht für 2nd Amendment – also den Zweiten Verfassungszusatz.

Sogar der Secret Service, der unter anderem für den Personenschutz des US-Präsidenten und anderer Spitzenpolitiker zuständig ist, reagierte auf die Debatte und twitterte, ihm seien die zuvor gemachten Bemerkungen bewusst.

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9 Kommentare

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  • 8G
    849 (Profil gelöscht)

    Der Wortlaut lässt nur Spekulationen über das Gemeinte zu, aber keineswegs Gewissheit: "If she gets to pick her judges, nothing you can do, folks. Although the second amendment people, maybe there is, I don’t know." Insofern ist die Aufregung mal wieder hysterisch.

     

    Trump redet stets das ins Blaue, was seinem minderintelligentem Hirn gerade einfällt. Hier hat er entweder nach "maybe there is" gemerkt, dass er sich auf ein sehr dünnes Eis begibt, das er mit "I don't know" wieder verlassen wollte oder er hat an eine andere Art von Widerstand (Demonstrationen, Agitation) gedacht, zu der er nichts weiter sagen wollte, weil er sich keine eingehenden Gedanken hierzu gemacht hat.

     

    Die Nachweise, Trump habe das Gesagte im Sinne der Idee oder gar des Aufrufs gemeint, Hilary solle mit Waffen erlegt werden, ist jedenfalls durch eine linguistische Analyse nicht zu erbringen. Insofern hören da Trumps Gegner die Nachtigall vor allem im eigenen Oberstübchen trapsen.

    • @849 (Profil gelöscht):

      Eine Wahlkampfrede besteht nun nicht daraus, dass sich jemand "spontan" ans Mikro stellt (Hallo Leute, also, wo ich schon mal hier bin, wenn ich auch nicht so genau weiss, warum...") und ein bisschen aus seinem aktuellen Seelenleben plaudert. Ein Wahlkampfauftritt ist minuziös durchkalkuliert.

       

      Trump wird sehr lange darüber nachgedacht haben, was er noch formulieren darf, und was nicht, wie weit er gehen kann, ohne denjenigen Anhängern, die nur darauf warten, zu nebulös zu enden, und ohne den Gegnern "zu viel" Munition gegen ihn zu liefern. Hätte Trump eine EINDEUTIGE Aussage treffen wollen, er wäre dazu rhetorisch sicherlich in der Lage gewesen. Er tat es nicht, weil er es nicht wollte. Er wollte es nicht, weil er um die Konsequenzen wußte.

       

      Dennoch war es seine BEWUSSTE ABSICHT, den Eindruck zu hinterlassen, dass das, was seine politische Konkurrentin angeblich anstrebt, genau den Tatbestand erfüllt, wegen dessen es diesen zweiten Zusatz gibt. Und dass es demzufolge ein äußerst legitimer Zeitpunkt sei, unter Berufung auf die Gründe dieses Zusatzes ihn "zur Not" mit Waffengewalt gegen die "drohende Tyrannei" (wenn auch zunächst nur die der "Entwaffnung", die aber nur als erster Schritt in die "wahre Tyrannei" anzusehen ist) zu verteidigen.

       

      Hätte Trump das so ausgeführt, es hätte ihn mit Sicherheit nicht nur seine Kandidatur gekostet, es hätte ihm auch ein Strafverfahren und wahrscheinlich eine Gefängnisstrafe eingebracht. So blöd ist er also nicht, direkt auszusprechen, was er seine Anhänger glauben machen will. Lediglich blöd genug, selbst zu glauben, er käme mit weisser Weste aus diesem erneuten gezielten Anschlag auf die Kultur der politischen Debatte heraus.

      • 8G
        849 (Profil gelöscht)
        @cursed with a brain:

        "Trump wird sehr lange darüber nachgedacht haben, was er noch formulieren darf, und was nicht, wie weit er gehen kann, ohne denjenigen Anhängern, die nur darauf warten, zu nebulös zu enden, und ohne den Gegnern "zu viel" Munition gegen ihn zu liefern."

         

        Diesem Schluss lässt die linguistische Amalyse aber nicht zu, es sei denn, Sie glauben, er hätte sogar die grammatisch defizitäre Wendung ("maybe there is", die sich auf kein Objekt bezieht) absichtlich eingebaut. Ich glaube vom Stil und Inhalt seiner Reden überhaupt nicht, dass er sich an ein Manuskript hält. Er mag eins haben, aber er nimmt es lediglich als Richtscnur, an die er sein ganzes unerträgliches Gesabbel irgendwie dranhängt. Der Mann ist nicht schlau, er ist dummdreist. Das gefällt vielen, weil sie ebenso dumm, aber nicht ebenso dreist sind.

      • @cursed with a brain:

        Immerhin bezichtigt er Clinton und die Demokraten praktisch im gleichen Atemzug schon vorab des "Wahlbetruges" und verbreitet die Darstellung, dass, sollte Clinton die Wahl gewinnen, es sich dabei nur um einen "Putsch" handeln könne, was die Republikaner im Falle einer Niederlage geradezu verpflichte, dem neuen Staatsoberhaupt die Gefolgschaft zu verweigern und zum bewaffneten Aufstand aufzurufen.

         

        Und immerhin tauchen bei Trumps Wahlkampfveranstaltungen immer mehr Anhänger auf, die Schilder mit den Worten "KILL CLINTON!" hoch halten.

  • Der republikanische Senator von New Hampshire und Trump-Berater Al Baldasaro forderte schon vor ein paar Wochen, Clinton gehöre "wegen Landesverrats vor ein Erschiessungskommando". Trump ließ daraufhin erklären, er stimme dem "nicht zu", nannte Baldasaro aber noch am vorigen Wochenende "toll".

     

    Offenbar bevorzugt Trump eine schnellere und weniger bürokratische Lösung für sein "Problem Clinton", vorbei an der amerikanischen Justiz, welche die einfachen Bürger Dank des "2nd Amendments" auch schon mal in die eigenen Hände nehmen dürfen.

     

    Trumps Ermunterung hierzu war jedenfalls nicht zu überhören. Und das gibt vielleicht einen Vorgeschmack worauf sich die Welt einstellen darf, wenn Blitzkriegs-Birne Trump ("Wir haben doch Atomwaffen in Europa. Warum benutzen wir sie dann nicht?") erstmal an der Macht ist.

  • Auch hierzulande bekanntes Muster: erst mal verbal ein Tabu brechen, danach relativieren. Hände wieder sauber. Der Tabubruch hält in den Köpfen der Menschen allerdings an.

  • Der Mann wird kein Präsident - so blöd sind die Amis nicht.

    • @Justin Teim:

      Das denke ich mir vor jeder Wahl bei uns hier auch immer ... "so blöd sind die nicht" ... sind sie aber, wenns sein muß, noch viel blöder!

       

      Außerdem steht die NRA hinter Ihm und deren Power darf man nicht unterschätzen.

    • 8G
      889 (Profil gelöscht)
      @Justin Teim:

      Bis zum Brexit hab ich das auch gedacht...