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Doku-Wettbewerb der ARDTopf of the Docs

Die ARD hat ein neues Doku-Motto: „Radikale Relevanz“. Der entsprechende Doku-Wettbewerb nennt sich „TopDocs“. Hilft das der Sparte?

Radikale Relevanz: Eckart von Hirschhausen, Maria Furtwängler und Ulrike Demmer Foto: Thomas Ernst/ard

W ir unterbrechen das Programm für eine wichtige Durchsage: Maria Furtwängler dreht jetzt auch Dokus. Für die ARD streift die Hobbyimkerin gerade durch die Landschaft und ermittelt, was alles so im Wald und auf der Flur schiefläuft. Und wie heißt der leider nicht so große Spaß? Na klar, „Tatort Natur“. Dabei ist die bekennende Insekten-Nerdin nur die Bienenkönigin eines Trends im ARD-Verbund, in Sachen Doku auf bekannte Gesichter als Pre­sen­te­r*in­nen zu setzen. Mal sehen also, wo Ingo Zamperoni noch so überall auftaucht.

Überhaupt hat sich die ARD ja ein neues Doku-Motto verordnet. „Radikale Relevanz“ lautet das. Wahrscheinlich heißt ihr Doku-Wettbewerb „Top of the Docs“ auch deshalb schon seit einiger Zeit nur noch „TopDocs“. Einsendeschluss ist übrigens dieses Jahr am 7. Juli, zu gewinnen gibt es 300.000 Euro und einen „Sendeplatz im Ersten oder für die ARD-Mediathek“.

Wenn sich bloß das Thema nicht läse wie das Ergebnis einer internen ARD-Klausurtagung. „Wie blickt die Generation der Millennials in Deutschland auf die Themen unserer Zeit?“ Na hoffentlich mit radikaler Relevanz! Was die Mitbewohnerin wohl so zu derlei Phraseologie sagen würde?

Mehr davon droschen am Mittwochabend auch wieder Sendermenschen beim TopDocs-Empfang für Do­ku­ma­che­r*in­nen beim RBB. Früher entgleiste das schon mal, weil ARD-Programmdirektoren wie Volker Herres mit feiner Arroganz alle merken ließen, was sie vom Doku-Volk wirklich hielten.

Ganz groß, radikal relevant

Diesmal war Programmdirektorin Christine Strobl nicht da, dafür begrüßte RBB-Intendantin Ulrike Demmer, die Dokus glaubhaft gut findet. ARD-Chefredakteur Oliver Köhr führte derweil mit der bei Johannes B. Kerner abgekauften Lässigkeit eines Schuhverkäufers durch seinen Part. Ohnehin fragt sich, was diese Leistungsschau im eigenen Saft bringt, wenn am Ende Phrasen wie „2024 – Das Jahr der Ereignisse“ bleiben. Wobei die Wahlen hierzulande, in Europa und den USA mit Olympia und Fußball und allem möglichen weiteren Schwumms in den ganz großen, radikal relevanten Topf of the Docs geworfen werden. Apropos Fußball, ein „Sommermärchen wie 2006“ soll bitteschön wieder her, wünschte sich ARD-Doku-Koordinator Thomas Hinrichs, wobei die Mannschaft ja gar nicht gut spielen müsse. Hauptsache, die Stimmung stimmt.

Dass das nicht immer der Fall ist, machte die Produzentin Antje Boehmert für den Branchenverband AG Dok klar. Sie plädierte für ehrlichen Dialog statt hohler Phrasen: „Wenn das ‚Talk of the Town‘ genannt wird, fine with us. Doch wenn es nur um Zuspitzung geht, ist die AG Dok dagegen“. Es müsse auch Platz für die leise, ruhig erzählte Stoffe jenseits der „Eroberungszielgruppen“ sein, sagte Boehmert und lieferte den tiefsinnigsten Versprecher des Abends. Zu den wirklich relevanten Dokus zählt für sie nämlich auch „Wir waren in der ARD“.

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1 Kommentar

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  • Falls hier eine inhaltliche Kritik an den Dokus enthalten war, habe ich sie nicht gefunden. Meine Kriterien wären Relevanz, Validität, Zeitgeist.



    Gerade die Doku "Wir waren in der AfD" fand ich sehr aufschlussreich.



    Warum Wasser auf die Mühlen der GEZ-Verächter von rechts gießen? Hier arbeiten immerhin noch Redaktionen, die sich der Wahrheitsfindung und Aufklärung verpflichtet haben.