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Diversität bei der BundestagswahlFehlende Vielfalt

Eines steht schon jetzt fest: Auch der nächste Bundestag wird die Diversität der Gesellschaft nicht widerspiegeln. Es gibt noch immer zu viele Hürden.

Straßenszene in Essen: So bunt wird auch der neue Bundestag eher nicht ausssehen Foto: Rupert Oberhzäuser/imago

Berlin taz | Geht man die Kan­di­da­t*in­nen­lis­ten der größeren Parteien für die Bundestagswahl durch, dann sieht man klar: Auch das neue Parlament wird die deutsche Bevölkerung wohl nicht annähernd repräsentieren. Menschen aus Minderheiten sind nur sehr selten vertreten.

Recherchen des Mediendienstes Integration haben ergeben, dass der letzte Bundestag 58 Mitglieder mit Migrationshintergrund aufwies, also 8,2 Prozent. Der letzten Auszählung des Statistischen Bundesamtes zufolge lebten aber etwa 21 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland, was einen Anteil von ca. 26 Prozent an der gesamten Bevölkerung ausmacht.

Am „vielfältigsten“ sind bisher noch die Fraktionen von Linken und Grünen, der Anteil von Abgeordneten mit Migrationshintergrund lag hier bei 18,8 Prozent bzw. 14,9 Prozent. In der Unions-Fraktion waren es nur 2,9 Prozent.

Bei den Listen für die anstehende Bundestagswahl sind wieder die Listen von Linken und die Grünen am diversesten – und das nicht nur bei Menschen mit Migrationshintergrund, sondern auch beim Thema Geschlechtergerechtigkeit. Den Satzungen der beiden Parteien nach muss bei der Listenaufstellung mindestens die Hälfte der Plätze von Frauen besetzt sein. Darüber hinaus haben die Grünen ein Vielfaltsstatut eingeführt, welches Hürden für „politische Teilhabe und Partizipation“ abschaffen soll.

Der gesellschaftliche Zusammenhalt steht auf dem Spiel

Allgemein scheint es so etwas wie einen Trend zu geben, Diversität und Vielfalt in der Politik zumindest den Worten nach befördern zu wollen. Auch der Kanzlerkandidat der CDU, Armin Laschet, sagte etwa schon: „Vielfalt bereichert.“ In der Realität gibt es immernoch viele Hürden.

Beispielsweise haben Bundestagsabgeordnete keinen Anspruch auf Elternzeit, was insbesondere einen Nachteil für Frauen darstellt. Als Mutter von erwachsenen Kindern sagte die Bundestagsabgeordnete Kirsten Lühmann von der SPD: „Wären sie noch klein, hätte ich mich vermutlich nicht aufstellen lassen. Zu groß wäre die Sorge gewesen, nicht nur den Kindern, sondern auch meinen Wählern im Wahlkreis nicht gerecht zu werden.“ Für sie war klar: „Männer kennen derlei Probleme nicht.“

Die hohen Hürden schrecken Teile der Bevölkerung ab, entfremden sie vom politischen Prozess: „Ich interessiere mich nicht für Politik, weil ich mich nicht angesprochen fühle“, sagt Halil (19), der einen türkischen Migrationshintergrund hat.

Um das zu ändern, bedarf es Personen mit Migrationshintergrund, die mit gezielten Maßnahmen Rassismus und Diskriminierung nachhaltig bekämpfen. Einer Studie zufolge tendieren Bundestagsabgeordnete mit Einwanderungsgeschichte dazu, die Angelegenheiten von Personen mit Migrationshintergrund stärker zu gewichten als Abgeordnete ohne Einwanderungsgeschichte.

Für mehr Diversität setzt sich auch der Verein „die Vielen“ ein, indem er ein Wahlrecht für die 10 Millionen Menschen fordert, die keine deutsche Staatsbürgerschaft besitzen. Für ihn geht die Politikverdrossenheit von Personen mit Migrationshintergrund mit dem fehlenden Wahlrecht einher: „Studien zeigen, dass sich die Kinder und Enkel von Menschen ohne Wahlrecht viel seltener politisch engagieren oder an Wahlen beteiligen, selbst wenn sie dazu berechtigt sind.“

Doch für die Gesellschaft ist die Teilhabe von Personen wichtig, die als migrantisch gelesen werden. Es bedarf der Diversität und Vielfalt in der Politik, um für einen starken gesellschaftlichen Zusammenhalt zu sorgen.

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5 Kommentare

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  • Bezeichnend, dass der Artikel kein Wort zur sozialen Zusammensetzung des Parlaments verliert. Nicht-Akademiker spielen hier schon lange keine Rolle mehr. Dabei erklärt das die peinlichen Bemühungen der Baerbocks, Giffeys und Guttenbergs, mittels fremdgeschriebener Bücher und erschwindelter akademischer Titel zu glänzen. Aber für die taz ist das kein Thema - bezeichnend.

    • Atahan demirel , Autor*in ,
      @Philippe Ressing:

      Hallo Philippe Ressing,

      danke für deinen Kommentar.



      Es stimmt, im Bundestag werden viele marginalisierte Gruppen nicht ausreichend vertreten.



      Beispielsweise ist der Anteil an Menschen mit Behinderung, queeren Menschen, Muslim*innen oder auch Menschen ohne akademischen Titel sehr gering. Natürlich sollten auch diese Gruppen zufriedenstellend im Bundestag repräsentiert werden.



      In diesem Artikel lag der Fokus hauptsächlich auf der Repräsentanz von Menschen mit Migrationshintergrund, was allerdings nicht bedeutet, dass andere benachteiligte Gruppen weniger wichtig sind.



      Die Politik sollte partizipativer gestaltet werden, auch für Personen ohne akademischen Titel.

  • Ja, aber nicht nur was das Thema migration angeht! Sondern alle Themen!

    Es kann nicht sein, das 13% der Wähler die Sonstige wählen einfach unter den tisch fallen! Für mich ein demokratischer skandal!

    Die Hürden und anreize mehr vielfalt zu wagen müssen hier geändert werden!



    Denn wie man an der AfD sieht, bringt eine 5% hürde kaum was, um das land vor unvernunft und militantem zu schützen!



    Es ist nur noch ein repressionsmittel der mitte(-rechten).

    Wahl frei für alle ab 16 und Einzugshürden fürs Parlament auf 2% absenken!

  • "Einer Studie zufolge tendieren Bundestagsabgeordnete mit Einwanderungsgeschichte dazu, die Angelegenheiten von Personen mit Migrationshintergrund stärker zu gewichten als Abgeordnete ohne Einwanderungsgeschichte." Das ist eigentlich schade! Diese angelegenheiten sollten alle angehen! (Genauso wie wenn frauen ein abo als familienministerin hatten/haben)

  • Immer wieder der gleiche Denkfehler:



    Aussichtsreich zur Wahl stehen Leute, die sich lange in ihrer Freizeit politisch engagiert haben.



    Dahin kommt man nur mit viel Zeit.



    Zwangsläufig bildet das also nicht die aktuelle Bevölkerung ab, sondern die frühere.



    Vor allem, weil eine Wiederwahl leichter ist als neu rein zu kommen.



    Auch sind Geld und Zeit förderlich.



    Also wird ein Parlament ganz logisch nie den Schnitt der Bevölkerung abbilden…