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Diskussion um steigende MietenHilft die Mietpreisbremse?

In vielen Städten sind die Mieten horrend. Die Mietpreisbremse soll sie senken. Doch Gentrifizierung läuft anders als man denkt.

In den meisten Fällen versuchen die Menschen, in ihrem vertrauten Viertel zu bleiben. Foto: dpa

Städte verändern sich. In Gegenden mit alter Bausubstanz und schlechter Ausstattung sind die Mieten billig. Das lockt Künstler an, später Studenten. Cafés und Kneipen eröffnen, später Papierläden und Kitas. Die Viertel sind jetzt auch für junge Akademikerfamilien und Startups, für wohlhabendere Menschen attraktiv.

Dadurch steigen auch die Preise. Die Leute ziehen gerne in diese Viertel und sind bereit, die vergleichsweise höheren Mieten zu zahlen. Einige Fassaden und Wohnungen werden saniert, andere nicht. In beiden Fällen steigen die Preise bei einer Weitervermietung meist rapide an. Dieser Prozess lässt sich in einem Wort zusammenfassen, über das viel gesprochen wird: Gentrifizierung.

Die Großstädte sind in einem besonderen Maße von dieser Entwicklung betroffen. In Hamburg und München liegt der Preisunterschied bei Wiedervermietungen bei 25 Prozent, in Berlin bei 19 Prozent. Aber auch in kleineren Städten, insbesondere in Studentenstädten, sind die Mieten in den vergangenen Jahren exorbitant gestiegen. In Freiburg, Münster und Regensburg jeweils um rund ein Drittel.

Viele Bewohner können sich einen höheren Mietpreis nicht leisten. Wohin ziehen sie also? Das haben Paddy Bauer, Lisa Schnell und Steffi Unsleber versucht herauszufinden. In ihrer Titelgeschichte „Wo die Verdrängten heute wohnen“ der taz.am wochenende vom 30./31. Mai 2015 treffen sie Menschen aus Berlin, Frankfurt und München, die Opfer von Gentrifizierung geworden sind.

taz.am wochenende

Wer sich seine Wohnung nicht mehr leisten kann, landet nicht immer am Stadtrand – aber meist in einem anderen Leben. Was passiert, wenn Menschen ihr Viertel verlassen müssen? Und was bringt die Mietpreisbremse? Die Titelgeschichte "Wo die Verdrängten heute wohnen" lesen Sie in der taz.am wochenende vom 30./31. Mai 2015. Außerdem: Im bayerischen Elmau treffen sich sieben Staats- und Regierungschefs, die gern in der Welt den Ton angeben. Soll man gegen G7 protestieren? Und: Dirk van Gunsteren überträgt die großen amerikanischen Romanciers ins Deutsche. Ein Gespräch über Thomas Pynchons Männerfantasien und über Romane, die Geschichtsbücher sind. Am Kiosk, eKiosk oder gleich im praktischen Wochenendabo.

Die Mär vom Stadtrand

Oft wird angenommen, wer in seinem alten Kiez keine Wohnung mehr findet, zieht an den Stadtrand. Unsere Autoren stellen fest: In den meisten Fällen versuchen die Menschen verzweifelt, in der ihnen bekannten Gegend zu bleiben, sie eben nicht zu verlassen. Auch in der Titelgeschichte ist nur eine der drei Parteien tatsächlich an den Stadtrand gezogen.

Wer aber in der ursprünglichen Gegend bleibt und einen höheren Mietpreis zahlt, muss an anderen Stellen sparen. Das hat eine Verdrängung aus dem Lebensstandard zur Folge, sagen Soziologen. Es bleibt weniger Geld für Urlaub, Kleidung, gutes Essen oder die Altersvorsorge. Was bedeutet es für Familien und Einzelpersonen, wenn sie ihr Umfeld oder ihren Lebensstandard aufgeben müssen?

„Wohnungen sind keine reine Ware, sie sind das Zuhause von Menschen“ – schreibt das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz zu diesem Thema: „Mieten müssen auch für Normalverdiener bezahlbar bleiben. Dazu wollen wir einen Beitrag leisten.“ Dieser Beitrag heißt Mietpreisbremse. Ab 1. Juni tritt das Gesetz in Kraft. Die Umsetzung liegt bei den Bundesländern. Bisher hat nur Berlin angekündigt, die Mietpreisbremse zum genannten Zeitpunkt einzuführen.

Die Mietpreisbremse gilt für sogenannte „Gebiete mit angespannten Wohnungsmärkten“. Die jeweiligen Länder entscheiden darüber, welche Stadtgebiete besonders beliebt sind. Das gilt für fünf Jahre. Nach drei Jahren wird überprüft, ob die Mietpreisbremse in dieser Gegend ihren Zweck erfüllt hat.

Eine Regelung, viele Ausnahmen

Die Mietpreisbremse sieht vor, dass bei der Wiedervermietung in solchen Gebieten höchstens zehn Prozent mehr verlangt werden als die ortsübliche Vergleichsmiete.

Ein Beispiel: Eine Wohnung kostet bisher 5,50 Euro pro Quadratmeter. Sie liegt in einem beliebten Stadtteil. Bei der Weitervermietung könnte der Vermieter das Doppelte verlangen. Und das, obwohl die ortsübliche Vergleichsmiete bei 6 Euro pro Quadratmeter liegt. Aufgrund der Mietpreisbremse dürfte der Vermieter maximal zehn Prozent mehr verlangen, also 6,60 Euro.

Allerdings können Vermieter nicht gezwungen werden, ihre Wohnungen unterhalb der bisherigen Miete anzubieten. Wenn sie also bereits einen hohen Mietpreis verlangen, müssen sie sich bei einer Weitervermietung nicht an die Regelung halten.

Die Mietpreisbremse hat weitere Ausnahmen: Bei der Vermietung von neu gebauten Wohnungen gilt sie nicht. Dasselbe gilt für Modernisierungen. Sanierte Wohnungen unterliegen nicht der Mietpreisbindung. Der Vermieter bestimmt den Preis.

Hilft die Mietpreisbremse gegen steigende Mieten?

Diskutieren Sie mit!

Wird sie etwas bewirken? Oder ist sie nicht hart genug? Was meinen Sie?

Die Titelgeschichte „Wo die Verdrängten heute wohnen“ lesen Sie in der taz.am wochenende vom 30./31. Mai 2015.

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9 Kommentare

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  • „Wo die Verdrängten heute wohnen“ - Komischer Artikel. Da stöhnt eine 61-jährige in Altersteilzeit, dass Ihre Miete nach dem erzwungenen Umzug nun 250Euro höher ist - obwohl Sie für den Umzug eine 6-stellige Summe (mindestens 100.00Euro!) Handgeld erhalten hat. Sie sollte also nun mehr Geld zur Verfügung haben.

    • @Markus M:

      Ich habe ebenso gestutzt. In dem Artikel wird es dargestellt, als würde die Frau nun in finanziellen Nöten sein. Von den mind. 100.000 kann sie 33 Jahre die höhere Miete zahlen. Oder ihrem Untermieter kündigen, dann reicht es etwas weniger lang.

      Ich bin in meinem Leben schon öfters umgezogen und habe viele tolle Wohnungen in tollen Stadtviertel besichtigt, die aber leider nicht zu meinem Gehalt gepasst haben. Man sucht sich eben eine etwas weniger tolle Wohnung in einem etwas weniger tollen Stadtviertel. Das an sich ist aber doch kein Skandal.

      München hat seit Jahren ein Bevölkerungswachstum. Im Jahr 2011 gab es ein plus von rund 30.000 Menschen. (Quelle: Homepage Stadt München, Statistik) Da hilft auch keine Mietpreisbremse.

  • "Dank" der zunehmenden Individualisierung unserer Gesellschaft und der zunehmenden Notwendigkeit der Berufstätigkeit beider Elternteile für das wirtschaftliche Überleben einer Familie gibt es immer weniger traditionelle Familien, in denen ein Elternteil - zumeist der Vater - als Alleinverdiener auswärts berufstätig ist und Frau und Kinder die Vorteile eines "Häuschens im Grünen" zu schätzen wissen. Mit der Folge, dass immer mehr Menschen gerade auch im erwerbsfähigen Alter mitsamt ihren Kindern in die Großstädte und Ballungsräume drängen, um die Wege zum Arbeitsplatz so kurz und kostengünstig wie möglich zu halten. Wodurch das Wohnungsangebot in Großstädten und Ballungsräumen mittlerweile nicht mehr ausreicht, um dort alle Interessenten unterzubringen - während hingegen in ländlichen Gebieten zunehmend Häuser und Wohnungen leerstehen.

     

    Auf der anderen Seite frage ich mich: Wer sind die zahlreichen zahlungskräftigen Mieter, die sich die um das Doppelte bis Dreifache erhöhten Wohnungsmieten nach der Gentrifizierung etlicher großstädtischer Stadtteile wirtschaftlich leisten können? Denn die gesellschaftliche Oberschicht hat nicht im gleichen Umfang zugenommen, wie die Mittelschicht in den letzten Jahren geschrumpft ist. Und die zunehmende Unterschicht kann sich derartige Wohnungsmieten wirtschaftlich nicht leisten bzw. bekommt sie von den staatlichen Kostenträgern nicht bezahlt.

  • Warum nehmen Leute mit hohen Mieten nicht einfach einen zweit- oder dritt Job an?

    Was soll das Gejammer? 90 % aller Wähler haben sich für das kapitalistische System entschieden und wundern sich nun, wenn sie selbst von der totalen Ausbeutung an den Rand gedrängt werden...

    • @amigo:

      Zitat:

      "Warum nehmen Leute mit hohen Mieten nicht einfach einen zweit- oder dritt Job an?"

      Zitatende

       

      Weil das Leben nicht nur aus Erwerbsarbeit besteht: Haushalt, Kinder erziehen bzw. Eltern pflegen, gesellschaftlich erwünschtes Ehrenamt - damit öffentliche Hand und Wohlfahrtsverbände insbesondere im sozialen und kulturellen Bereich aus Kostengründen weniger Arbeitnehmer benötigen, Freizeitaktivitäten wie z. B. ein Konzertbesuch - wofür auch noch Geld da sein muss. Und nicht zuletzt gehören auch notwendige Ruhe- und Entspannungsphasen zum Leben dazu.

       

      Zitat:

      "90 % aller Wähler haben sich für das kapitalistische System entschieden und wundern sich nun, wenn sie selbst von der totalen Ausbeutung an den Rand gedrängt werden..."

      Zitatende

       

      Die betreffenden Menschen sind seit Jahren Nichtwähler - weil sie den Glauben an eine Politik verloren haben, die ihre Interessen ernsthaft vertritt. Bei der Bremer Wahl vor wenigen Wochen wurde von den Medien klar herausgestellt, wer diese Nichtwähler sind!

  • 5,50 € plus zehn Prozent sind nicht 6,60 € !

     

    Ansonsten guter Artikel, meine Prognose: Mietpreisbremse wird niemals funktionieren, weil, salopp formuliert, Vermieter einfach gierig sind, da können sie erzählen, was sie wollen.

  • Die Mietpreisbremse wird kurzfristig helfen.

     

    Langfristig hilft aber nur: mehr Wohnungen bauen! Sobald ein Überangebot vorhanden ist, fallen die Preise.

  • Die Mietpreisbremse ist mit Abstand der schlechteste Weg, das Problem zu lösen. Wo sich Vermieter nach Mafia-Manier zu Verbänden zusammenschließen, um als gemeinschaftliche Lobby Abhängigkeiten zu mißbrauchen und die Miethöhen ins Maßlose zu treiben, da wäre die einzige richtige Methode, solche Verbände zu zerschlagen und die Verantwortlichen für viele Jahre wegzusperren.

  • Weitgehend eine Frage der Steuerpolitik, des kommunalen Wohneigentums, des Mieterschutzes und städtebaulicher Planung.

     

    Es muss nicht sein, dass man sich mit Immobilienbesitz eine goldene Nase verdienen kann, es reicht schon aus, wenn es kein Verlustgeschäft wird. aber es ist nicht das Ziel der Mietpreisbremse, es dabei zu belassen.

     

    Ein Vermieter sollte bei Sanierungen im Auge behalten müssen, dass die bisherigen Mieter sich die veränderte Wohnung weiter leisten können, ansonsten sind Genehmigungen zu versagen. Baugenehmigungen sollten lokal auf den Bedarf abgestimmt werden dürfen, eine nicht gewollte Verdrängung ausgeschlossen werden dürfen.