piwik no script img

Diskussion um RWE-Anzeige in der tazHier könnte Ihre Werbung stehen

Eigentlich sollte in der Aktivist*innen-taz eine Anzeige des Braunkohlekonzerns RWE stehen. Die Autor*innen hielten das für keine gute Idee.

Ey, RWE – bagger uns nicht an. Die Klimaaktivist*innen verwehrten sich gegen die Anzeige in der taz Foto: David Young/dpa

I n der Printausgabe der Aktivist*innen-taz vom Freitag, 25. September, hätte eigentlich eine Anzeige des Braunkohlekonzerns RWE stehen sollen, in der er sich als Stromanbieter für Erneuerbare darstellt. Erst durch massiven Protest von uns, der Redaktion dieser Sonderausgabe, hat der Verlag eingelenkt, die Anzeige nicht erscheinen zu lassen.

Was ist da los? Wir könnten jetzt ausführen, wie unglaubwürdig das neue Öko-Image ist, das RWE sich seit dem EON-Innogy-Deal gibt. Dass die Ziele für 2040 nicht annähernd ausreichend ambitioniert für das Pariser Klimaabkommen sind, RWE weiterhin vor allem Strom aus Kohle produziert und kein einziges neues Windrad oder Solarpanel aufgestellt, sondern nur vorhandene übernommen hat. Über dieses Greenwashing hat die taz in der Vergangenheit berichtet. Selbst die FAZ nennt das „peinliche Öko-Propaganda“.

Doch das ist nicht einmal der Kern des Problems. Es geht hier um die Anzeige von einem Konzern, der viel Geld mit der Verbrennung klimaschädlicher Braunkohle verdient, weiterhin Dörfer zerstört und sich den Kohleausstieg mit Steuermilliarden bezahlen lässt, anstatt die Zeche für die verursachten Schäden an Mensch, Umwelt und Klima zu zahlen.

Ein Konzern, der Menschen aus der Klimabewegung verklagt, um so die Zivilgesellschaft mundtot zu machen. Eine Werbeanzeige von RWE in dieser Sonderausgabe, die die Klimabewegung gestaltet hat. Das ist in unseren Augen untragbar.

Redaktion und Verlag strikt getrennt

Bei der taz sah man das zunächst anders: Die Redaktion und der Verlag, zu dem auch die Anzeigenabteilung gehört, seien strikt getrennt. Die Anzeigenabteilung nehme auf die redaktionellen Inhalte keinen Einfluss und umgekehrt. Daran hätten auch wir uns zu halten, wurde uns gesagt.

Ganz so einfach ist die Sache aber nicht. Im aktuellen kapitalistischen System ist Aufmerksamkeit käuflich. Aufmerksamkeit, die ein Medium mit der Qualität, dem Ton und der Auswahl seiner redaktionellen Inhalte generiert. Eine strikte Trennung ist daher unmöglich. Wer ökonomische Macht besitzt, besitzt Macht über das, was wir sehen und lesen. Aber muss das so sein? Wenn wir die Klimawende schaffen wollen, muss sich auf allen Ebenen etwas bewegen.

Dazu gehören auch die Verlage, zum Beispiel mit ihrem Anzeigengeschäft. Das Verhältnis von Redaktion und Anzeigen wird nicht ausreichend infrage gestellt. Mit dieser Haltung ergeben sich Verlage der Diskursmacht der fossilen Industrie.

taz folgt Beispiel des Guardian

Die Medienunternehmen haben aber die Möglichkeit, die normativen oder moralischen Grenzen dieser Diskursmacht zu verhandeln. „Das Sein bestimmt auch das Klimabewusstsein“, schrieb Kai Schöneberg jüngst in der taz und verkündete, dass die taz-Redaktion künftig eine klimagerechte Sprache verwenden will. Damit folgt die taz dem Beispiel des britischen Guardian.

Der Guardian geht aber noch einen entscheidenden Schritt weiter: Seit Januar lässt er von fossilen Unternehmen keine Anzeigen mehr zu. Obwohl viele Medienhäuser gerade in einer schwierigen Zeit stecken und Anzeigen einen Großteil der Einnahmen ausmachen. Die Guardian-Chefredaktion folgt damit den jahrelangen Rufen der Klimabewegung, Greenwashing keine Plattform mehr zu bieten.

Unser Appell geht an alle Medienhäuser und Werbeträger, sich damit auseinanderzusetzen, wem sie Raum geben wollen und wem nicht. Und für uns ist klar: Wenn die taz Klimabewusstsein sagt, darf sie vom Finanziert-Sein nicht schweigen.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

6 Kommentare

 / 
  • Schade hätte der Verlag sich Mal durchgesetzt, dann hätten wir jetzt eine brauchbare Debatte, zur Ökonomisierung, der ökonomischen Inwertsetzung von Protest und sozialen Missständen. Vielleicht klappt's ja beim nächsten mal.

  • Und die Mitarbeitenden im Verlag sind dann plötzluch sie Merz wählenden Vollblutkapitalisten??

    Trennung ist hier bestimmt sinnvoll, aber das scheinen ja völlig andere Weltsicht zu residieren... so wenig ich Journalismus und verlagswesen kenne finde ich das dennich echt merkwürdig.... mein erstes Wort im Kopf war "bigotterie"

    • @Homunkulus:

      Nein. Das ist eine spaltende Darstellung.



      Die MA des Verlags, bzw. im Anzeigengeschäft, machen eine unpolitische Arbeit. Entsprechend den Richtlinien für die Anzeigenannahme.



      Da es ja gerade keine journalistische Arbeit ist, spielt die Meinung der MA gerade keine Rolle für den Inhalt. Da finde ich unfair, diesen Zustimmung zu unterstellen...

  • Dafür bin ich Abonnent, damit die taz sich das leisten kann. Vielen Dank.

    Wie sieht es mit der Option aus, der Werbung einen Faktencheck-Artikel (ähnlich diesem hier) gegenüber zu stellen?



    Ich ahne die Antwort, aber in der "Diskussion" hat mir diese dritte Option der Vollständigkeit halber gefehlt.

  • So schnell wie möglich muss Werbung ein Auslaufmodell werden. Wenn wir wirklich ein Umdenken wollen, muss alles seinen wahrhaftigen Preis bekommen. Und der darf nicht quersubventioniert sein. Menschen die sich dann viele Dinge überhaupt nicht mehr leisten können, müssen dann dazu in die Lage versetzt werden. Ohne Umverteilung also kein Klima- und Umweltschutz.

    • @APO Pluto:

      Im Prinzip ja, aber:



      Marktkonformer Klimaschutz funktioniert nur dann, wenn sich die meisten Leute klimaschädlichen Aktivitäten nicht leisten können. Oder zumindest klimaunschädliche Alternativen wesentlich preiswerter sind.