piwik no script img

Diskussion um Henri NannenNS-Vergangenheit des Stern-Gründers

Steffen Grimberg
Kolumne
von Steffen Grimberg

Henri Nannen wurde lange als Journalisten-Legende gefeiert. Nun rückt seine NS-Vergangenheit in den Fokus. Dabei war die längst bekannt.

Henri Nannen, Gründer und langjähriger Chefredakteur des Magazins „Stern“ Foto: Stern/ap

B eim Stern dürfte es sie gerade ein bisschen wurmen, dass das Magazin in den 1960er Jahren den Wettbewerb „Jugend forscht“ erfunden hat. Hier konkurrieren bis heute junge Menschen mit Projekten aus Naturwissenschaften und Technik miteinander.

„strg f“, das Rechercheformat von funk, versteht sich selbst als Jugend forscht. Es hat sich jetzt näher mit Henri Nannen beschäftigt, dem legendären Stern-Gründer, Chefredakteur und Herausgeber. Genauer gesagt ging es um seine Arbeit in der Nazizeit. Dass er im Zweiten Weltkrieg teil einer Propagandatruppe der SS war, ist lange bekannt. Dass „der begnadete Journalist Henri Nannen in Berlin zur SS-Standarte,Kurt Eggers' gehört und in Oberitalien beim Südstern an antisemitischer und ein bisschen pornografischer Propaganda gegen den anrückenden Feind mitgewirkt“ hatte, auch. 2010 hatte dies Willi Winkler schon für die Süddeutsche aufgeschrieben und auch, dass diese Flugblätter „nicht verloren gegangen sind; ein Teil der Serie findet sich heute in der Handschriftenabteilung der Berliner Staatsbibliothek“.

Bloß hatte sie keiner gezeigt, weshalb „strg f“ in ebendiese Staatsbibliothek gefahren ist und das nachgeholt hat. Seitdem drehen sie beim Stern, der seit Neuestem zu RTL gehört, ein bisschen am Rad. Ja, die im funk-Beitrag präsentierten Flugblätter, für die Nannen verantwortlich war, sind sexistisch, rassistisch und vor allem antisemitisch. Dass SS-Propaganda rassistisch und antisemitisch war, verwundert nicht wirklich.

Der Stern will anlässlich seines 75. Geburtstags ­Nannens Tätigkeit in den Nazijahren in „allen Facetten von Fachleuten prüfen lassen“. Kann er sich eigentlich sparen, so ziemlich alles ist bekannt. Bloß hatten sich Nannen genau wie der Stern bei früheren Auseinandersetzungen immer drumherum gedrückt. Vorbild für den Stern war übrigens eine Illustrierte aus der NS-Zeit namens, äh, Stern. Und das Flugblatt-Projekt hieß Südstern.

Diskussion um Umbenennungen

Für junge Menschen ist das zum Glück heute weder vorstell- noch hinnehmbar, weshalb sich „strg f“ ehrlich empört. Muss das jetzt gleich zur Namenstilgung von Nannen bei allem, wo er steht, führen, wie es gerade diskutiert wird? Nein, vom Nannen-Preis bis zur Kunsthalle Emden würde das weniger Sinn machen, als die unterbelichteten Teile der Geschichte ans Licht zu holen.

Der Stern gehört zu RTL und damit auch zu Bertelsmann. Dieser Konzern ist in der Nazizeit mit Durchhalteblättchen für die Wehrmacht reich geworden. Wie sich Bertelsmann aus seiner braunen Vergangenheit herauszustehlen versuchte, kann der Stern ja gleich mit aufarbeiten. Ansonsten übernehmen auch das die jungen Forscher von „strg f“. „Aber Vorsicht! Alles was du heute postest, wird auch in 100 Jahren wiedergefunden und neu bewertet“, rät die Mitbewohnerin.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Steffen Grimberg
Medienjournalist
2000-2012 Medienredakteur der taz, dann Redakteur bei "ZAPP" (NDR), Leiter des Grimme-Preises, 2016/17 Sprecher der ARD-Vorsitzenden Karola Wille, ab 2018 freier Autor, u.a. beim MDR Medienportal MEDIEN360G. Seit Juni 2023 Leitung des KNA-Mediendienst. Schreibt jede Woche die Medienkolumne "Flimmern und rauschen"
Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • Noch im Jahr 2014 (!!!) schreibt ein Stern-Autor im verquasten, neutralisierenden NS-Täter-Entlastungsjargon ("Dass es beim Wiederaufbau nicht ohne "Ehemalige" abging, das gilt nicht nur für die Presse.") um die Verantwortung Nannens und seines Verlags herum, als hätte es den Stern-Skandal um die Hitler-Tagebücher nie gegeben, der kein bedauerlicher Einzelfall war, sondern in der verheimlichten Kontinuität der NS-Ideologie in der Presse der BRD gesehen werden muss.

    www.stern.de/gesel...nheit-3166768.html

    Man fragt sich, warum die die NS-Vergangenheit entlastende Stern-Terminologie unhinterfragt von der Presse im Jahr 2014 hingenommen wurde und warum Grimberg als Journalist acht Jahre später nicht die Streichung des Namens Nannens in Verantwortung an seine Opfer fordert und anprangert, dass der Stern sich weigert, einen langen Funk-Fragenkatalog zu Nannen zu beantworten.



    Während der Stern mauert und Renommee verspielt, kündigt RTL eine Aufarbeitung der NS-Vergangenheit Nannens an.



    Doch Milliardärs-Familien wie die Mohns (Bertelsmann, RTL), die Quandts (BMW), oder die Kühne-Familie und Tausende andere Familien in Deutschland tun bei der Aufarbeitung ihrer NS-Vergangenheit bis heute nur so viel, wie sie unbedingt müssen, hoffen, dass die NS-Täterschaft ihrer Familien in einem Nebel des Vergessens verschwindet.

    Der leitende Redakteur der Wehrmachtillustrierten Wehrmacht, Bernd Overhues, brachte es nach dem 2. Weltkrieg mit dem Verschweigen seiner NS-Propaganda-Vergangenheit ähnlich weit wie Nannen: er wurde u. a. Verleger einer wichtigen Zeitung in NRW. Im Jahr 1991 regte der Deutsche Journalistenverband seine Ehrung an, verschwieg absichtlich seine Mitarbeit bei der Zeitschrift Wehrmacht. Oeverhues bekam einen Landesorden und das Verdienstkreuz 1. Klasse der Bundesrepublik, obwohl er nach dem 2. Weltkrieg eindeutig mit nationalsozialistischem Gedankengut aufgefallen war.

  • Henri Nannen - Arm-in-Arm mit Reichsdrückerkolonnenführer Reinhard Mohn!



    Beim Frühschoppen mit Werner Höfer.



    Das stöpselt Liz Mohn & Mutti einst “… für „Agitation und Propaganda“ zuständig gewesen“ hilft mit & Friede sei mit euch!



    Da kann aber nicht nur der Markus Lanz sowas von Abstinken - wa!

    Na Mahlzeit - allen die Versorgungsbezüge & Renten streichen! Woll.



    Die Causa: Freisler-Witwe 👹 darf sich nicht wiederholen! Gellewelle.



    Nicht einmal - als Farce • Gellewelle&Wollnichwoll - 🙀🥳 -