piwik no script img

Diskussion um Ehe für alle„Neuer Tiefpunkt der Debatte“

SPD-Generalsekretärin Fahimi kritisiert Annegret Kramp-Karrenbauer. Die hatte zuvor die Homo-Ehe abgelehnt, weil dann auch Verwandte heiraten könnten.

Die saarländische Ministerpräsidentin Kramp-Karrenbauer (CDU) will keine Ehe-Öffnung. Foto: dpa

Berlin dpa | Die SPD hat der saarländischen Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) vorgeworfen, gleichgeschlechtliche Partnerschaften mit Inzucht und Polygamie gleichzusetzen. „Damit erreicht die Debatte über die Ehe für alle einen neuen Tiefpunkt“, sagte Generalsekretärin Yasmin Fahimi der Deutschen Presse-Agentur.

Kramp-Karrenbauer hatte der Saarbrücker Zeitung gesagt, es gebe in Deutschland bisher eine klare Definition der Ehe als Gemeinschaft von Mann und Frau. „Wenn wir diese Definition öffnen in eine auf Dauer angelegte Verantwortungspartnerschaft zweier erwachsener Menschen, sind andere Forderungen nicht auszuschließen: etwa eine Heirat unter engen Verwandten oder von mehr als zwei Menschen“, erklärte sie.

Bestehende Diskriminierungen zwischen Ehe und der gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaft müssten aber abgebaut werden. „Am Ende dieses Prozesses werden wir uns wahrscheinlich auch mit der Frage nach der Volladoption befassen müssen.“ Diese lehne sie ab, sagte Kramp-Karrenbauer. Seit Jahren heiße es, dass für die Entwicklung von Kindern Vater und Mutter die beste Konstellation seien. „Gerade diese Frage dürfen wir nicht daran festmachen, ob sich jemand diskriminiert fühlt oder nicht – sondern allein am Kindeswohl.“

Fahimi betonte, sie habe keinerlei Verständnis dafür, „dass eine CDU-Ministerpräsidentin gleichgeschlechtliche Partnerschaften jetzt mit Inzucht und Polygamie gleichsetzt. Das ist ein Schlag ins Gesicht Hunderttausender gleichgeschlechtlicher Partnerschaften, die füreinander einstehen und Verantwortung übernehmen.“ SPD, Grüne und Linke versuchen über den Bundesrat eine Mehrheit für einen Vorstoß zur Gleichstellung für homosexuelle Partnerschaften zu organisieren, um Kanzlerin Angela Merkel (CDU) unter Druck zu setzen. Im Bund kann die SPD wegen der Koalition mit der Union nicht aktiv werden.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

9 Kommentare

 / 
  • Wie ist das eigentlich mit asexuellen Partnerschaften? Also Paare, die gar keinen Sex praktizieren? Ist eine Eheschließung solcher Leute plausibel?

     

    Wenn nein: Warum nicht?

    Wenn ja: Spielen dann die Geschlechter der beiden Partner überhaupt eine Rolle? Es müssen neue Begriffe für diese Gruppen geschaffen werden: Heteroasexuelle und Homoasexuelle.

     

    Weiterhin: Was ist mit real polygamen Paaren? Wir wissen, daß die Mehrheit aller verheirateten Menschen real nicht monogam, sondern polygam lebt. Die Ehe entspricht also grundsätzlich schon nicht der sexuellen Realität der allermeisten Menschen. Sie ist ein ideoligisches Konstrukt, letztlich nur ein Werkzeug der Teile-und-Herrsche-Strategie.

     

    Die Ehe gehört endlich auf den Müllhaufen der Geschichte.

    • @DR. ALFRED SCHWEINSTEIN:

      Dass die Mehrheit verheirateter Menschen poygam lebt, ist mir neu. Haben Sie dafür Belege?

  • Es gibt 3 mögliche Lösungen für das Eheproblem:

     

    1. Ehe ganz abschaffen

    oder

    2. die Privilegien Verheirateter abschaffen

    oder

    3. die Privilegien Verheirateter auch allen Unverheirateten zugestehen.

  • Was ist denn moralisch an Polygamie verwerflich? Es muss ja nicht einseitig ein Mann mit mehreren Frauen sein sondern eben einfach eine grössere Gemeinschaft als nur 2 Menschen. Wollen 3 Frauen gemeinsam Verantwortung füreinander übernehmen, so soll dies doch ebenso möglich sein.

    Davon unabhängig sollten die Subventionen für kinderlose Gemeinschaften in Frage gestellt werden.

    Was Adoptionen angeht, ist in der Tat das "Kindeswohl" und nicht die Gleichbehandlung aller potentiellen Adoptionseltern entscheidend. Da ist dann vermutlich die heterosexuelle Polygamie besser geeignet als ein homosexuelles Paar. Statt Vorurteile zu pflegen, sollte dies jedoch wissenschaftlich untersucht werden. Denn was Familienpolitikerinnen, Jugenämter oder Familienrichterinnen für "Kindeswohl" hielten war leider viel zu oft das krasse Gegenteil davon.

  • Bei Fragen des Kindeswohls scheint es meist wenig um die Kinder und ihre Wohl zu gehen und sehr um das, wovon Erwachsene glauben, sie müssten öffentlich kund tun, dass sie es (nicht) ertragen können.

     

    Annegret Kramp-Karrenbauer kann es angeblich nicht ertragen, über eine "Volladoption" nachdenken zu müssen. Yasmin Fahimi erträgt es nicht, wenn eine CDU-Ministerpräsidentin gleichgeschlechtliche Partnerschaften mit Inzucht und Polygamie gleichsetzt. Und das Bordpersonal eines United-Airlines-Fluges ertrug es nicht, das schreiende Kind einer Musikerin unangeschnallt starten zu lassen. Ist schon ein Kreuz mit der Verantwortung!

     

    Als "Verantwortungsträger" muss man permanent die Interessen von Leuten im Auge haben, die man nicht kennt und die unterschiedlicher kaum sein könnten. Geht etwas schief, muss man so wichtig sein, dass man zu gut ist für die Rolle des Sündenbocks. Ob alle Unionswähler die Ehe für ein Sakrament halten, das Heteros mit Kinderwunsch vorbehalten ist, ist nach der nächsten Wahlschlappe egal. Bestimmte Posten fallen einfach weg. Hat sich Annegret K.-K. nicht sehr verdient gemacht um die Union, wird sie als überflüssig aussortiert. Ähnlich geht es Yasmin Fahini. Die muss sich nach der nächsten Wahlschlappe nur dann nicht fragen (lassen), ob sie Schuld ist (und also weg kann), wenn sie sich ganz weit aus dem Fenster hängt im Namen jener Homosexuellen, die sich dringend abgegrenzt sehen wollen von Polygamen und Inzuchttreibenden. Das United-Bordpersonal aber wollte wahrscheinlich nicht Schuld sein, wenn ein Absturz die Gesellschaft in den Ruin treibt.

     

    "Mach das weg!" heißt es, wo Dinge einen Plan gefährden könnten. Reale Gefahr oder (vermeintliches) Vorurteil? Im Affektfall scheint das wurscht zu sein. "Vielleicht", schreibt Anja Maier, "sollten wir [...] ertragen üben". Gute Idee, finde ich. Üben wir. Am besten fangen wir wohl damit an zu unterscheiden: Was kann weg und was wird noch gebraucht?“

  • Frau Kramp-Karrenbauer hat aber die von Frau Fahimi behautete Gleichsetzung nicht betrieben; das kann man da auch mit viel bösem Willen kaum hinein lesen/hören.

    • @willanne:

      Seh ich genauso: die Generalsekretärin hat immer noch nicht verstanden, dass die SPD in Regierungsbeteiligung steht. Sie redet und denkt immer aus der Opposition heraus. Und Zuhören ist der Opposition kleinstes Problem. Da geht es primär um Aufmerksamkeits-Randale! Mit Merkel legt sie sich genauso an, siehe NSA-Affäre. Eine Fehlbesetzung?!

    • @willanne:

      Ich verstehe die Aufregung auch nicht. Erst fordert man laut die "Ehe für alle" aber im Kleingedruckten steht dann, wer nicht mit "alle" gemeint ist.

      Mit den gleichen Argumenten mit denen z.B. Polygamie abgelehnt wird, wurde bis bisher auch gleichgeschlechtliche Liebe abgelehnt.