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Digitale GewaltHass im Netz nimmt zu

Besonders Frauen und Personen mit Migrationshintergrund sind von Gewalt im Netz betroffen. Die Meinungsvielfalt leide, warnen die Studienherausgeber.

Protestaktion Stop Hate Aid vor dem Bundestag in Berlin im November 2023 Foto: Stefan Boness

Berlin taz | Das Klima im Netz wird immer feindseliger. Hassnachrichten, sexuelle Gewalt nehmen zu, ein vielfältiger Diskurs nimmt dagegen ab. Die repräsentative Studie „Lauter Hass – leiser Rückzug. Wie Hass im Netz den demokratischen Diskurs bedroht“, des „Kompetenznetzwerk gegen Hass“ warnt vor den Konsequenzen digitaler Gewalt. Um herauszufinden, wie In­ter­net­nut­ze­r*in­nen mit Hassnachrichten umgehen und wer besonders betroffen ist, hat das Netzwerk digital mehr als 3.000 Personen ab 16 Jahren zu ihrem Internetverhalten befragt. Die Studie führten Das NETTZ, die Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur (GMK), HateAid und die Neuen Deutschen Me­di­en­ma­che­r*in­nen durch.

„Hass im Netz ist allgegenwärtig“, sagte Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) bei der Vorstellung der Studienergebnisse am Dienstagvormittag. Eine erste bundesweite Erhebung von 2019 des Instituts für Demokratie und Zivilgesellschaft (IDZ) warnte vor dem ausufernden Ausmaß von Diskriminierungen und Gewaltdrohungen im Netz.

Die aktuelle Studie zeichnet den Negativtrend fort und zeigt, wie sich Hass im Netz zu normalisieren scheint. „Hass im Netz ist ein Angriff auf die Meinungsvielfalt. Es kann alle treffen, aber trifft nicht alle gleich“, sagt Elena Kountidou, Geschäftsführerin der Neuen Deutschen Medienmacher*innen. Besonders junge Menschen sowie Personen mit sichtbarem Migrationshintergrund und queere Menschen stehen im Fokus.

Jeweils ein Drittel der beiden zuletzt genannten Gruppen gibt an, betroffen zu sein. Unter den 16- bis 24-Jährigen, die besonders stark Plattformen wie Tiktok und Instagram nutzen, sind vor allem Frauen Opfer von digitaler Gewalt. Knapp jede Dritte berichtet von Hass online.

Ein Viertel gibt an, ihre Profile zu deaktivieren

Die Definition von Hass im Netz geht über Hatespeech hinaus, auch sexualisierte Gewalt, Stalking oder Doxing, das Veröffentlichen von personenbezogenen Daten sind darin zusammengefasst. Am häufigsten bezieht sich der Hass auf die politischen Ansichten der Betroffenen und ihr Aussehen. Die digitale Gewalt äußert sich oftmals in Form von Beleidigungen und Falschbehauptungen.

Was als Hass angesehen wird, ist dabei individuell. Bei der konkreten Frage: „Waren Sie selbst schon von Hass im Netz betroffen?“, stimmten 15 Prozent der Befragten zu. Jedoch gaben etwa ein Viertel der Befragten an, mindestens eine Form von Hass im Netz häufig zu erfahren. Die Studie erklärt die Unterschiede damit, dass nicht jede Beleidigung als Hass im Netz angesehen wird. Besonders jüngere Betroffene scheinen dies bis zu einem bestimmten Grad an Normalität anzunehmen.

Rüdiger Fries von der Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur warnt vor den Folgen für Betroffene und den digitalen Diskurs. Zwar blockierten oder meldeten 82 Prozent der Betroffenen ihre Täter*innen. Ein Viertel der Betroffenen gibt an, ihre Profile zu deaktivieren oder zu löschen. Das Feld werde den Ha­te­r*in­nen überlassen, da sich die angefeindeten Personen aus dem Diskurs zurückziehen.

Um den Diskurs und die Demokratie im Digitalen zu stärken, fordert das Kompetenznetzwerk flächendeckende Beratung für Medienkompetenzen in Schulen und Betrieben. Auch die Anbieter der Plattformen sollen stärker in die Verantwortung genommen werden.

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3 Kommentare

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  • Die Seiten und Anbieter müssen direkt in die Pflicht genommen werden, können sie nicht moderieren, dann kann es sie eben nicht geben.

    Wenn ein Supermarkt eine Pinnwand aufstellt, müssen die auch gucken, was da in ihrem Haus passiert. Die 'sozialen' Medien sind aber nicht nur lokal, sondern weltweit einsehbar. Warum bedeutet das in der Praxis *weniger* Verantwortung?

    Klar, die Menge der Posts und Teilnehmer!?

    Nö. Wenn's wirtschaftlich nicht zahlbar ist, mindestens alles öffentlich zugängliche voll zu moderieren, dann ist es eben kein Geschäftsmodell umd kann weg.

  • Das Mitmachnetz mit seinen einfachen Zugängen für IT-Laien hat leider gezeigt, dass es nicht immer mit der Masse der Menschheit kompatibel ist.

    Das Arpanet der 70er hatte seine Grenzen im Hardwarezugang und der Bedienbarkeit. Man musste sich auskennen und beruflichen Zugang haben. Im aufkeimenden Internet der 90er Jahre wurde es durch Browser einfacher und man konnte schon im Usenet beobachten, wohin die Reise geht. Der Abgrund ist mit Plattformen wie TikTok, Facebook, Twitter/X, WhatsApp und Co aber bestimmt noch nicht erreicht.

    Auch wenn zweifellos einiges Gutes entstanden ist, man wünscht sich trotzdem manchmal die Zeiten zurück, als man zum weltweiten Verbreiten seiner Meinung (s. dieser Kommentar) noch Autor oder Verleger sein musste.

    • @Heike 1975:

      Der nächste Schritt (und der läuft schon lange) sind automatisierte, nischen-zugeschnittene Desinformations-Kanäle. AI-betrieben und kostengünstig.

      Mit schnellerer AI und modularem "Kontent" können dann sogar personenspezifisch Inhalte angeboten werden.

      Eine Handhabe gegen desinformation kann nur sein, dass Firmen und deren Tochterfirmen in einem Land verantwortlich sein und gemacht werden müssen. Desinformation darf nicht straffrei sein.