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Die Wochenvorschau für BerlinSchlimmer geht's immer

Jonas Wahmkow
Kommentar von Jonas Wahmkow

Nach 100-Tagen Schwarz-Rot wird Bilanz gezogen. Auf dem anarchistischen CSD wird dies niemanden interessieren, auf dem Euro Young Classic wohl eher.

Die Erwartungen an Wegner und Co. waren niedrig, konnten aber teilweise noch untertroffen werden Foto: dpa

G ott hat die Welt bekanntlich in sieben Tagen erschaffen. Zwar hätte sie sich angesichts der ganzen Unzulänglichkeiten, mit denen wir uns heute tagtäglich herumschlagen müssen, ruhig ein paar Tage mehr Zeit nehmen können, aber alles in allem eine respektable Leistung.

In Ermangelung göttlicher Macht arbeiten die Mühlen in der Politik deutlich langsamer. Allein ein Radschnellweg braucht in der Regel vom Planungsbeginn bis zur Fertigstellung zehn Jahre. Dementsprechend sollte man auch die Erwartungen herunterschrauben, wenn man am Mittwoch eine erste Bilanz nach 100 Tagen Schwarz-Rot ziehen möchte.

Immerhin, dass sie niedrige Erwartungen noch unterbieten kann, hat die Koalition mit dem Planungsstopp für Radwege eindrücklich bewiesen. Passend zum 100-Tage-Jubiläum ruft das Bündnis Respect Cyclist zu einer abendlichen Fahrraddemo auf. Die Demo startet am Mittwoch um 17.30 Uhr am Falkplatz vor der Max-Schmeling-Halle.

Deutlich schlimmer hätte es hingegen bei den Haushaltsverhandlungen kommen können. Entgegen allen Befürchtungen, auch den letzten Rest funktionierende Infrastruktur kaputt zu sparen, betreibt Schwarz-Rot eine vergleichsweise besonnene Haushaltspolitik. Die 5 Milliarden Euro Sondervermögen fürs Klima sind keine Selbstverständlichkeit, und auch der Kulturbereich wurde vor einem finanziellen Kahlschlag verschont.

Klassik, Indien und Anarchie

Mit reinem Gewissen wird sich der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) daher am Freitag beim Auftakt des Young Euro Classic sehen lassen können. Für das Klassikfestival kommen Jugendorchester aus aller Welt nach Berlin. Bis zum 27. August treten insgesamt 16 Orchester und zwei Bigbands auf, unter anderem aus Kuba, den USA und der Ukraine.

„Kein Gott, kein Staat, kein Patriarchiat“ – so oder so ähnlich dürfte das differenzierte Urteil über die Arbeit des Senats bei den Teil­neh­me­r:in­nen des diesjährigen anarchistischen CSD lauten. Statt andauernd über die Qualität seines eigenen Beherrschtseins zu debattieren, ist Selbstorganisation und gegenseitige Hilfe die anarchistische Antwort. Los geht's am Samstag ab 18.30 Uhr vom Arnswalder Platz, durch Friedrichshain geht es nach Kreuzberg zum Mariannenplatz.

Wen seine Ablehnung gegenüber Nationalstaaten nicht daran hindert, der kann vor dem anarchistischen CSD noch beim Indien-Festival vorbeischauen, das die indische Botschaft am Samstag in der Villa Elisabeth ausrichtet. Das Festival ist kostenlos, es gibt Konzerte, Perfomances und Workshops. Bei Yoga lässt sich dann vielleicht auch innerer Frieden mit der göttlichen Schöpfung und 100 Tage CDU-regiertem Berlin finden.

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Jonas Wahmkow
Redakteur für Arbeit und Soziales im Berlin Ressort.
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