Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?
Ein paar Dänen wählen Günter Grass zum „Europäer des Jahres“, die Deutsche Bank ist lieb, aber doof und Schalker dürfen beim BVB-Training zugucken.
taz: Was war schlecht in der vergangenen Woche?
Friedrich Küppersbusch: Recht auf Waffenbesitz hat in den USA Verfassungsrang.
Und was wird besser in dieser?
Obama wagt ein Wort gegen die Waffenlobby. Das ist wie in Deutschland den ADAC angreifen.
Deutsche-Bank-Ko-Chef Jürgen Fitschen wundert sich, dass die Frankfurter Staatsanwaltschaft seinem Haus Steuerhinterziehung und Geldwäsche vorwirft. Und er findet die persönlichen Ermittlungen gegen ihn „überzogen“. Sie auch?
Fitschen argumentiert mit der „schlechten Wirkung nach außen“. Offenbar wussten also innen alle Bescheid. Man sei „betrügerischen Kunden aufgesessen“ – kurz: „Deutsche Bank – lieb, aber doof“. Mal sehen, ob das „nach außen“ besser wirkt. Es ähnelt frappant der PR-Strategie des Vatikans und wirft natürlich die Frage auf, warum Fitschen es versäumt hat, die Bank als Religionsgemeinschaft anerkennen zu lassen. In den 70ern hat ein subversiver Grafiker der Bank als Logo das Zeichen für „kaufmännisches Minus“ aufgeschwatzt. Großer Respekt. Mal was anderes als dieses depressive Christenkreuz. Man war Kirch beim Ruin behilflich, hat zu Unrecht Steuerrückzahlungen auf fiktive Emissionsdeals gefordert und zwischendurch Zinsen manipuliert. Die Ideologie dahinter ist genauso verschroben wie bei Scientology, doch die Bilanz wesentlich besser.
Erst kündigte Italiens Exregierungschef Berlusconi seine erneute Kandidatur für das Amt des Ministerpräsidenten an, nun plötzlich doch nicht so richtig.
Berlusconi ist das beste Argument für ARD und ZDF, das denen noch nicht eingefallen ist. Ich kann mir das nur noch mit der Wirkungsmacht seiner Sender und Gleichschaltung der öffentlich-rechtlichen RAI erklären. Der Mann ist eine aus dem Fernsehen ausgebrochene sehr schlechte Sitcom.
Beim Freitag sollen 9 von knapp 40 Stellen in der Redaktion abgebaut werden. Was wollen Sie noch zur Zeitungskrise beitragen?
Bei „Spiegel TV“ sollen 40 Stellen wegfallen, und prompt prangt im nächsten Heft eine böse Schmähschrift auf die Öffentlich-Rechtlichen. Das rechne ich dem Freitag dann mal vorsichtig positiv an: Der Sohn des Spiegel-Gründers hat das Blatt mit eigenem Geld vor dem Untergang gerettet, und bei einer verkauften Auflage von knapp 14.000 würden kaufmännische Verleger – siehe FR, siehe FTD – längst den Stecker ziehen.
Forscher haben herausgefunden, dass Homosexualität doch irgendwie vererbt wird. Darauf schrieb „Welt Online“, endlich sei das Mysterium Homosexualität erklärt. Wie mysteriös ist es für Sie als heterosexuellen Mann denn so, wenn zwei Menschen vom gleichen Geschlecht sich vögeln oder lieben?
Okay, wenn Schwulsein vererbt wird, Schwule sich am zwiegeschlechtlichen Vererben allerdings nicht sehr engagiert beteiligen, wäre Schwulsein tendenziell irgendwann ausgestorben. Oder umgekehrt: Ursprünglich waren wir alle schwul und durch den Erbgang hat es sich ein bisschen relativiert. Na ja! Ab einem gewissen Grad von Geilheit kann man sich vieles vorstellen. Oder Angst kriegen und in der Welt einen Artikel darüber schreiben.
400 Soldaten der Bundeswehr sollen die Türkei gegen Syrien beschützen. Richtig so?
Verteidigungsminister de Maizière hat eine gesellschaftliche Debatte über die Aufgaben und die Bedeutung der Bundeswehr gefordert. Und stracks drauf den „Volkstrauertag“ zu einem Tag der „Ehrung und Erinnerung“ Gefallener erklärt. Daran wird dann künftig kein Mangel sein, denn offenbar steht das Ergebnis der gewünschten Debatte schon fest: mehr Kriegseinsätze. Eine Meinungsbildung, deren Ergebnis schon vorher feststeht, nennt man auch „brainwash“.
Unsere Freunde von der Dänischen Europäischen Bewegung haben Günter Grass zum „Europäer des Jahres“ gekürt. Über wen sagt das mehr aus: Günter Grass oder die Dänen?
Fragte man Grass und die Dänen, die ihn ehren: Am meisten sagt es über uns. Wenn Grass ein etwas durchgeknallter Däne wäre, fänden wir ihn wieder dufte.
Wir sprechen uns heute zum letzten Mal, denn am 21. Dezember geht die Welt unter. Noch ein paar letzte Worte?
Ich habe das taz-Abo bis Jahresende bezahlt! Bescheuert!
Und was machen die Borussen?
In den 30ern trainierte Schalke-Legende Ernst Kuzorra mal nebenher die Mannschaft des BVB. Jetzt ist die Stunde, alte Gräben zuzuschütten: Die Schalker dürfen nach dem Rauswurf ihres Trainers ab sofort beim Training des BVB zugucken. Weihnachten und so. FRAGEN: AKL, DAS
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Wahlverhalten junger Menschen
Misstrauensvotum gegen die Alten
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Donald Trump zu Ukraine
Trump bezeichnet Selenskyj als Diktator
Berlinale-Rückblick
Verleugnung der Gegenwart
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?