Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?
Offene Gespräche in den USA, Menschenrechte in Russland, Ägypten-Urlaub in Mecklenburg, Deutsch lernen in Dortmund und Frauen doof.
taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht letzte Woche?
Friedrich Küppersbusch: Arschlöcher alle, Frauen doof, Ausländer pillepalle.
Was wird besser in dieser?
Nennt mich Küppersbushido.
Kurz bevor der Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz in Kraft tritt, konnte Familienministerin Schröder verkünden: Alles wird gut, es stehen genügend Plätze bereit, sogar mehr als geplant. Doch der Deutsche Städtetag traut den Zahlen nicht, und auch der Kinderschutzbund meldet Zweifel an. Wer hat sich verrechnet?
Alle außer Bremen. Dort kommt ein(e) ErzieherIn auf statistische „3,1 Kinder“. Anderswo – Sachsen-Anhalt etwa liefert einen Schlüssel von 1 zu 6,5 – muss Windelwechseln, Kniepusten, Liedsingen und In-Arm-Nehmen halt industriell durchgezogen werden. Schröders Zahlen belegen erst mal: Wenn Eltern in Berlin einen Platz brauchen, dann kriegen sie auch einen – in Oberbayern. Der Begriff „Kitaplatz“ ist so diffus, dass sich jeder alles ausrechnen kann. Bald werden Zweijährige morgens in den Senatorlounges der Lufthansa rumlümmeln, dann machen die endlich mal Sinn.
ist Journalist und TV-Produzent. Jede Woche wird er von der taz zum Zustand der Welt befragt.
Venezuela bietet Edward Snowden Asyl an. Sollte er dorthin?
Solange Putin Tote wegen Steuerhinterziehung verurteilen lässt, kann Snowden sich jedenfalls auch in Moskau nicht wohlfühlen. Putins Menschenrechtsberater – das klingt ein bisschen nach „Helmut Kohls Diätassistent“ – wies auf das Rote Kreuz oder die UN-Flüchtlingshilfe hin, die Snowden „legalisieren“ sollten.
Mal abgesehen davon, dass Russen wie Amerikaner sich um die UN auch nicht scheren, deutet das schon in die Richtung, dass es künftig einen wenigstens theoretischen Ort für Manning, Assange, Snowden geben muss – wie jeder Kriegsverbrecher den etwa in Den Haag beanspruchen kann. Fairer Prozess, keine Todesstrafe, die Verfahrensbeteiligten wie hier die Obama-Regierung können nicht zugleich Richter sein. Man vergisst, dass Asyl schön wäre, doch noch stets völlig unangemessen ist.
Die deutsche Politik präsentiert sich in der NSA-Affäre als Allianz aus Ahnungs- und Tatenlosigkeit. Überrascht Sie das?
Nee, mit den Begriffen „vertrauensvolle, offene Gespräche“, „Industriespionage ausgeschlossen“ und „Balance zwischen Privatsphäre und Kampf gegen den Terror“ hätte man vorher Bingo spielen können. Zumal Merkel das Ergebnis der Reise Friedrichs vorher im Zeit-Interview bekannt gegeben hatte. Die Bürgerrechtsfraktion ist – siehe letzte Volkszählung – marginalisiert, die Wirtschaft hat die FDP sehr lieb, und Rot-Grün muss immer aufpassen, nicht beim Mitgemachthaben erwischt zu werden.
Dank kollektiven Köpfeeinschlagens in Ägypten sind Reisen dorthin momentan besonders günstig. Unmoralisch oder völlig okay, im Urlaub von der Krise zu profitieren?
Wenn man ganz sichergehen will, mit Ägypten nix zu tun zu bekommen, muss man in einem Club-Resort dort Urlaub machen. Diese Art Ägypten könnte man auch in strukturschwachen Gebieten Mecklenburgs nachbauen lassen, wenn man den Boden sacht anheizt.
Die US-Regierung solidarisiert sich mit den Muslimbrüdern: Washington fordert ein Ende der willkürlichen Verhaftungen von Islamisten in Ägypten. Ähm, sind die Muslimbrüder doch nicht böse?
Es kommt noch dicker: Erstens: Guido Westerwelle sagt das auch. Und zweitens: Mir fällt auch nix ein. Aus großer Flughöhe betrachtet, geht es noch stets um eine intelligente Antwort auf 9/11 – die Suche nach dem netten Islamisten von nebenan. Eine gedeihliche Zusammenarbeit von Demokraten und Islamisten in einer arabischen Regierung wäre ein gewaltfreier Bombenanschlag auf die Hasskäppchen aller Lager.
Mit seinem Werbespot zur Fußballeuropameisterschaft der Frauen hat sich das ZDF ins Abseits geschossen. Darin kickt eine Spielerin einen dreckigen Ball in eine Waschmaschine. Haben Sie dem ZDF solch einen schlechten Geschmack zugetraut?
Ach ja. Bei Sky sitzen bei solchen Spielen ein paar Ritter der Schwafelrunde und lassen sich von Bulimiemädchen in Wickelgardine die Drinks reintragen. Die Frauen waren 2007 Welt-, 2009 Europameister. In einem Dokumentarspot würden sich also die Damen auf der Waschmaschine rekeln und sich ablachen, wie ein paar Nationalspieler den Ball nicht in die Waschküche bekämen. Ginge auch.
Und was machen die Borussen?
Henrikh Mkhitaryan – Rufname „Heno“, das scheint geklärt – „lernt Deutsch bei seinem Zimmergenossen Kevin Großkreutz“. Das wird klasse. FRAGEN: ANM, CAK, EA
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Deutungskampf nach Magdeburg
„Es wird versucht, das komplett zu leugnen“
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Gedenken an den Magdeburger Anschlag
Trauer und Anspannung
Polizeigewalt gegen Geflüchtete
An der Hamburger Hafenkante sitzt die Dienstwaffe locker
Aktionismus nach Magdeburg-Terror
Besser erst mal nachdenken