Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Steinbrück harrt der Hochschreibung, Wowereit verläuft sich am Flughafen, und Meese ist ’ne tragbare Installation.

Steinbrück sieht ihn schon vor sich: Der mediale Turning Point des Wahlkampfs rückt näher. Bild: dpa

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht letzte Woche?

Friedrich Küppersbusch: Gypten heißt völlig zu Recht mit Vornamen Äh. Heillose Ratlosigkeit und allenfalls die Erkenntnis: Jede Patentlösung taugt nix.

Und was wird besser in dieser?

Der mediale Turning Point des Wahlkampfs rückt näher. Unhörbar tickt die Uhr, wer Steinbrück als Erstes hochschreibt. Einfach weil Auflage.

Pofalla hat in dieser Woche die NSA-Affäre für beendet erklärt. Die Vorwürfe seien nach Versicherungen der amerikanischen und britischen Geheimdienste vom Tisch. Ein No-spy-Abkommen soll uns künftig schützen. So einfach könnte man doch alle Konflikte und Debatten auflösen, oder?

Die regierungsamtliche Formulierung: „Es wurden in Deutschland keine geltenden Gesetze gebrochen und massenhaft Daten erfasst“ stimmt. Dumm nur: Die stimmte auch schon vor dem Skandal. Denn dieses Wording enthüllte, was die ausgehöhlten Gesetze alles hergeben und dass der Zugriff außerhalb Deutschlands stattfindet. Es heißt eigentlich: „Die geltenden Gesetze geben her, dass deutsche Daten außerhalb massenhaft erfasst werden“ – und damit bestätigt sich der Skandal zu Gänze. Strategie der Ermüdung.

Comedian Kurt Krömer hat in seiner Late Night Show den Spiegel-Journalisten Matthias Matussek als „Puffgänger“ und „hinterfotziges Arschloch“ bezeichnet. Daraufhin wollte der gekränkte Matussek die Ausstrahlung rechtlich verhindern. Er scheiterte. Wer ist hier die größere Lachnummer?

Im großen Lazarett des Stattfindekrieges ist für jeden Verwundeten ein Bettchen frei. Manche bevorzugen Doppelbetten oder gleich Talkshows, da gibt es hinterher immer etwas zu erzählen. Die Insassen sind einem unterschiedlich sympathisch – meist gewinnt der, dem es innerlich am egalsten ist, ob er gewinnt. Matussek bloggte die Injurien, während er noch gegen ihre Verbreitung klagte, selbst gleich dutzendweise. Trotzdem ergänzt Google die Eingabe „Matussek Pu…“ immer noch mit „…blizist“. Er wird auch dagegen klagen.

Klaus Wowereit ist seit Freitag wieder Flughafenchefaufseher – zumindest kommissarisch. Zum Lachen?

Das Projekt gehört den Ländern Berlin und Brandenburg und, als Juniorpartner, dem Bund. Da die Länder sich nicht dem kleinsten Partner beugen werden – und beide Länderchefs sich eindrucksvoll auf dem Flughafen verlaufen haben –, läge ein neutraler Sachverständiger nahe. Also Mehdorn – wenn er neutral wäre oder sachverständig. Ohne externe Lösung heißt es weiterhin alle Jahre: „Der Politiker XY kann am zentralen Info-Point abgeholt werden“ – wenigstens etwas, was am BER funktioniert.

Künftig gibt es im Gesetz auch das unbestimmte Geschlecht. Ist das Ende sprachlicher Zweigeschlechtlichkeit eingeläutet?

Hermaphroditen und alle Schattierungen zwischen den Vollbildgeschlechtern spielen seit der Antike eine weit größere Rolle als ihre statistische Zahl von 10.000 in Deutschland heute. Als Einladung, sich nicht auf eine Schwarz-Weiß-Rolle festnageln zu lassen, finde ich das erfrischend. Wer offen ist, muss nix ankreuzen. Das wird der Rechtsstaat überleben. Alles andere wird der Sprachgebrauch abschmirgeln.

FDP-Politikerin Dagmar Döring hat ihre Bundestagskandidatur wegen eines Artikels von 1980, in dem sie die Legalisierung der Pädophilie forderte, zurückgezogen. Löst das Aufdecken der Jugendsünde nun den Plagiatsvorwurf ab?

Ausgerechnet die Hessen-CDU hat in der Rechtsnachfolge der notorischen Koch-Wahlkämpfe diesmal das Thema „Pädophilie bei den Grünen“ angekocht. Es hätte nicht blöder kommen können, als dass nun das Thema im eigenen Lager, bei der Hessen-FDP, hochkocht. Die CDU kann die Kampagne nun knicken.

Ein minutenkurzer Ausfall der Google-Dienste ließ Samstagnacht das komplette WWW um 40 Prozent einbrechen. Beweist das die Forderung von Kanzlerin Merkel nach vergleichbaren europäischen Plattformen?

Vermutlich drei kranke Schaffner in Mountain View, Kalifornien. Oder die Dinge haben weltweit begonnen, gegen uns zu streiken. Ich schlief zwar schon, doch am nächsten Morgen erinnerte ich mich, dass ich da besonders langweilig geträumt habe. Keine Pornos und so.

Krawallkünstler Jonathan Meese wurde im Hitlergrußprozess freigesprochen. Freiheit der Kunst oder pure Geschmacksverirrung?

Ein gewisser Rigorismus nutzt der allgemeinen Lesbarkeit. Keine Lust, auf NPD-Demos künftig den Bannerträger „Achtung, tolle Kunstaktion!“ zu sehen. Orientierungsarmen Menschen zu erklären, dass Meese ’ne tragbare Installation ist, wird eine Herausforderung.

Und was machen die Borussen?

Haben ein schönes Wochenende, wenn Schalke Null Vier spielt.

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