Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?
Der Islamische Staat ohne Dschihad, Karstadt mit neuem Konzept, Bodo Ramelow als brutaler Angriff auf die SED und der tiefe Fall der Borussen.
taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht in der vergangenen Woche?
Friedrich Küppersbusch: Kabarettist Dieter Nuhr muss seine Meinungsfreiheit gegenüber dem Islam verteidigen.
Was wird besser in dieser?
Die katholische Kirche kritisiert Nuhr, weil sie sträflich unterbeleidigt sei, und fordert die Herausgabe der Hälfte seiner islamkritischen Pointen an den Vatikan.
John Kerry dankt dem deutschen Sicherheitsdienst: Die Reise dreier amerikanischer Teenager in den Dschihad endete in Deutschland. Auf gute Zusammenarbeit?
Glückwunsch, NSA! Bei umfassender digitaler Kontrolle kommt weniger heraus, als wenn Mutti die Polizeiwache anruft. Dann hat sich der globale Bruch der Menschenrechte ja gelohnt. Soweit der – bisher stark vom Hörensagen genährten – Berichterstattung zu trauen ist, untersucht die Polizei nun nachträglich die Computer der Mädchen. Die Geschichte in der Geschichte könnte also auch heißen „Drei Gören verarschen Five Eyes“ – wenn sie denn stimmt. Anbei: Generationen islamischer Theologen ringen um eine „nicht militärische Bedeutung“ des Begriffs „Dschihad“. Vielleicht kann man den Islam unterstützen, indem man den Irren die Hoheit über diesen Begriff entzieht. IS ist religiös verbrämter Terror, keine Glaubenssache, also kein Dschihad.
Die Europäische Union hat beschlossen, das Klima zu retten. Problem gelöst, oder?
Immerhin wurde das Gesprächsklima gerettet! Die Latte bei den Emissionen liegt trotz der imponierenden Zahl „minus 40 Prozent“ so niedrig, dass Greenpeace von einem „Selbstläufer“ spricht. Aus inzwischen eher metaphysischen Gründen nämlich geht man noch stets vom Vergleich mit 1990 aus – vor dem Zusammenbruch der osteuropäischen Industrien. Deutschland kokettiert gönnerhaft, man sei ja gern strenger rangegangen, habe jedoch auf Blockadebriten und Kohlenpolen Rücksicht nehmen müssen. Dahinter verschwimmt, dass unsere Emissionen deutlich über EU-Schnitt liegen, weil landwirtschaftlich geprägte Nationen weniger herumstinken. Da weder die USA noch China ihre halbe Volkswirtschaft abschalten werden wie Europa 1990, kommt die Bewährung mit dem Weltklimagipfel 2015.
Der Papst bekam eine Audienz beim FC Bayern. Die höchste Ehre?
Überraschend kam es in Anwesenheit des argentinischen Papstes nicht zur Darbietung des legendären „Goucho-Tanzes“. Im Gegenzug verzichtete Franziskus auf seine notorische Invektive „Wirtschaftliche Faktoren dürfen den Sport nicht überlagern, sonst wird alles ruiniert“.
Karstadt schließt 6, vielleicht gar 14 oder 16 Filialen. Und wieder kündigt ein Investor an, bald richtig Geld ins Unternehmen pumpen zu wollen – aber erst nach der Sanierung. Hatte das nicht kürzlich schon einer versprochen?
Der größte Investor bei Karstadt ist ohnehin die Belegschaft. Ver.di beziffert den Beitrag aus „Tarifpause“, Verzicht auf Urlaubs- und Weihnachtsgelder auf 700 Millionen Euro. Warum dealt die Gewerkschaft solche Zugeständnisse nicht so aus, dass im Gegenzug der Investor Belegschaft mehr Mitbestimmungsrechte bekommt? Das neue Konzept „Erlebniseinkauf“ für Best Agers klingt zwar nach „Sicherheitsverwahrung für Leute, die zu doof sind, im Netz zu bestellen, könnte aber passen.
Wird Bodo Ramelow Ministerpräsident, kommt ja bekanntlich der Sozialismus zurück. Müssen wir wachsam sein?
Die SED hasste am allerliebsten auf Westgewerkschafter ein, die den Kapitalismus mit mageren Tariferhöhungen auf erträglich schminken halfen. So gesehen ist der Westgewerkschafter Ramelow ein brutaler Angriff auf die SED. Die Koalition stellt vor allem die Grünen vor die Wahl, ihre dissidente Abstammung in der DDR zu wahren – oder Merkels Macht zu erhalten. Undankbarer Job.
Die Verlage gehen vor Google in die Knie, das Leistungsschutzrecht ist vorerst gescheitert. Ist der Internetkonzern einfach zu mächtig?
Es gibt Zeitungen, die ich sehr selten kaufe, jedoch recht häufig lese: weil mir Google News bei mancher Suche deren Snippets anbietet. Das ist näher an der Auffassung von Google, wonach die Verleger froh sein können, ihre Produkte dort empfohlen zu wissen. Das sind sie auch, wollten es aber nicht zugeben. Kompliziert wird es, wenn ich einen selbst verfassten Text über Google News gratis lese und dabei staune, dass mir der Verlag diesen Text bezahlt hat. Wovon eigentlich?
Und was machen die Borussen?
Baumgartner sprang aus 39 Kilometern, Eustace nun aus 41 Kilometern auf die Erde. Alles nichts gegen den BVB.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Ärzteschaft in Deutschland
Die Götter in Weiß und ihre Lobby
„Freiheit“ von Angela Merkel
Die Macht hatte ihren Preis
Gewalt an Frauen
Ein Femizid ist ein Femizid und bleibt ein Femizid