Die Werbepause: Eine Affäre mit Brüderle
Eine Agentur für Seitensprünge hat Rainer Brüderle als Reklamefigur für sich entdeckt. Für Sexisten halten sich die Werbemacher keineswegs.
Die Seitensprung-Agentur Ashley Madison verspricht „garantierte Affären“. Eine solche hat Rainer Brüderle längst an der Backe, und die (also die Affäre) ist mittlerweile groß genug, dass sie auf ein 120 Quadratmeter großes Werbeplakat ebenjener Agentur passt: „Diskreter und anonymer als jede Hotelbar“ ist über einem verschmitzten Brüderle an einer Hochhauswand nahe dem Berliner Bahnhof Zoo zu lesen. Der FDP-Spitzenpolitiker legt sich dazu den Finger an den Mund. Dabei war ja Schweigen gerade nicht seine Stärke.
Aber insgesamt wirkt Brüderle durch diese Plakataktion fast sympathisch – solange er den Spott einsteckt und sich nicht juristisch dagegen wehrt. Das könnte allerdings noch kommen. Denn von einem Seitensprung, wie in Ashley Madison vermitteln will, waren die amourösen Altherren-Sprüche des verheirateten Politikers an der Hotelbar weit entfernt.
Eine Klage wäre dennoch unklug, ja vielleicht sollte die FDP ganz pragmatisch auf den Zug aufspringen und versuchen, die Bürger mit Wahlslogans wie „Mit uns steigen die Geburtenzahlen wieder!“ zu bezirzen.
Die Werbemacher, die vor einiger Zeit bereits Christian Wulff und Arnold Schwarzenegger für ihre Werbezwecke nutzten, halten sich selbst übrigens nicht für Sexisten, im Gegenteil: Die Werbung solle eine Gesellschaftskritik daran sein, dass viele Männer glaubten, sie könnten sich alles erlauben, hieß es von Ashley Madison.
Großartig – nun kann sich jeder Internet-Fickbörsen-Nutzer als Feminist fühlen. Aber hat sich die Agentur mit dem 67-jährigen Brüderle als Maskottchen wirklich einen Gefallen getan? Sieht so deren Klientel aus? Anscheinend ja: Seitdem die Anzeige hängt, haben sich die Neuanmeldungen laut Stern um das Dreifache erhöht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Stellenabbau bei Thyssenkrupp
Auf dem Rücken der Beschäftigten