Die Wahrheit: Dem Himmel endlich näher
Geologische Sensation rund um Heiligabend: Die gesamte Geografie Berlins muss umgeschrieben werden – neuer Berg entdeckt.
Berge. Wer kennt sie nicht? Wie sie auch heißen: Fuji, Matterhorn oder Zugspitze, Møllehøj oder Puncak Jaya – sie „stehen für Beständigkeit und Unveränderlichkeit“, so wahr es in Wikipedia steht. Und so ist es auch in Wirklichkeit.
Ob sie nun als Møllehøj mit 170 Metern der höchste Berg Dänemarks sind oder einfach als Wilseder Berg 159 Meter hoch in der Lüneburger Heide aufragen – es zeichnet sie Konstanz, Beharrlichkeit, gar ein markiges Erscheinungsbild aus. Berge sind, global betrachtet, ein Erfolgsmodell. Von unten bis oben, von der Sohle bis zum Scheitel. Und vor allem bergen sie Eigenschaften, die der negativschlagzeilengebeutelten Flachhauptstadt Berlin fehlen.
Denn ob Teufelsberg, Kreuzberg oder Prenzlauer Berg, Berlins Berglandschaften sind nicht der Rede wert, sind langweilig, linksgrünversifft oder latteverseucht. Bis jetzt, weil sich dieser weihnachtlichen Tage geologisch wie geografisch gehörig etwas verschiebt in Berlin. Getreu dem Sprichwort „Wenn Berlin nicht zum Berg kommt, muss der Berg nach Berlin gehen“, ist es jetzt amtlich: In Berlin hat sich, so belegen Befunde von Bauhaus-Drohnenbesitzern und DHL-Paketboten, aber auch von Passantinnen, ein vollumfänglicher Berg angesiedelt. Selbst das Geologische Institut der Freien Universität Berlin (FU) bestätigt auf Anfrage die Existenz des, in Ermangelung besserer Namen schlicht „Neuberg“ getauften Berges.
Da es bislang keine Berliner Nebengipfel gebe, sei der Neuberg „zu 100 Prozent eigenständig“, so Gesteinsforscherin Tine Tipel zur Wahrheit. Das felsige Gebilde entspricht laut den FU-Experten sämtlichen wissenschaftlichen Standards und Leitlinien. „Seine Dominanz und seine Schartenhöhe haben uns sofort für ihn eingenommen, jetzt versuchen wir ihn zu kartieren“, so Tipel.
Im Bannkreis
Das allerdings sei schwer, hat sich doch der erste echte Berg Berlins, so viel steht fest beim Neuberg, im zentral gelegenen politischen Bannkreis angesiedelt. Genauer gesagt genau zwischen Bundeskanzleramt und Reichstag. Das führt bereits jeden Dienstag und Donnerstag zu tektonischen Verschiebungen, die bis in den Grunewald zu spüren sind. Der Koloss von Berlin behindert derzeit auch die laufenden Renovierungsarbeiten am Kanzleramt, der sogenannten Regierungswaschmaschine.
Wie dpa kürzlich berichtete, verdunkelt der Berg qua seiner schieren Masse mittlerweile auch repräsentative Denk- und Empfangsräume von Kanzler Friedrich Merz. An Lösungen, so diverse mit der Sache befasste Dienste, „werde gearbeitet“.
Der Neuberg im Bannkreis von Berlin wurde das erste Mal am 3. September dieses Jahres gesichtet. Seitdem steht er da und überragt seine Umgebung in einem dominierenden Radius von satten 4,5 Kilometern. Der nächsttiefergelegene Punkt auf der Berliner Erdoberfläche ist die Diensttoilette des CDU/CSU-Fraktionsvorsitzenden Jens Spahn. Sie liegt knapp unter dem amtlichen Meeresspiegel der Hauptstadt, auch wenn der so glück- wie hirnlos amtierende Totengräber der CDU/CSU-Fraktion regelmäßig behauptet, er agiere auf der Höhe der Zeit, also nur knapp unterhalb des jetzt aufgetauchten Neubergs.
Warum überhaupt kolosst der Neuberg genau zwischen Kanzleramt und Reichstag, dem Parlament? „Hat er sich dabei etwas gedacht?“, wollen wir noch von FU-Gesteinsforscherin Tipel wissen. „Berge können zwar unbewusst denken, aber sich nicht rational manifestieren. Wir haben es fürderhin mit einem massiven Zufall zu tun, der gar nichts mit der verkorksten Bundespolitik zu tun hat“, winkt die Expertin ab. Der Neuberg sei schlicht dafür da, „dass sich die Berlinerinnen und Berliner dem Himmel näher fühlen können“.
Fazit: Die negativschlagzeilengebeutelte Flachhauptstadt Berlin hat neben Teufelsberg, Kreuzberg und Prenzlauer Berg mit dem Neuberg endlich etwas ordentlich Massives zu stehen gekriegt. Berg Heil!
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