Die Wahrheit: Nationalhymne des Saufens
Die US-Hymne geht auf zweifelhaftes irisches Liedgut zurück, dafür wollen die Amerikaner endlich Rache nehmen.
I rland hat den USA viel Unbill angetan. Die Hälfte aller US-Präsidenten hatte irische Vorfahren. Donald Trump gehört nicht dazu, dafür kann man die Iren nicht verantwortlich machen. Aber er wohnt in einem hässlichen Haus, das von einem Iren entworfen wurde.
Der im irischen Kilkenny geborene Architekt James Hoban hatte das ursprüngliche Weiße Haus in Washington entworfen, nachdem er 1792 einen von Präsident George Washington ausgeschriebenen Wettbewerb gewonnen hatte. Als das Haus während des Krieges 1812 von den Briten niedergebrannt wurde, beauftragte man Hoban mit der Leitung der Restaurierungsarbeiten. Damals war die Bevölkerung Irlands übrigens fast doppelt so groß wie die der Vereinigten Staaten. Heutzutage leben etwa 60 Mal so viele Menschen in den USA wie in Irland.
Selbst die US-Nationalhymne, das von Jimi Hendrix so wunderbar interpretierte „Star Spangled Banner“, stammt aus Irland. Im Jahr 1913 wurde eine Kommission gebildet, um die Urheberschaft der Melodie zu klären. Schließlich stieß sie auf Turlough O’Carolan, einen blinden Harfenisten, der ein beeindruckendes musikalisches Erbe hinterlassen hat. Die Komposition von O’Carolan, die als Vorlage der US-Hymne gilt, ist ein Stück namens „Bumper Squire Jones“, das 1723 von O’Carolan komponiert wurde. Das Stück gelangte nach London, wo John Stafford Smith seinen eigenen Text hinzufügte und daraus „To Anacreon in Heaven“ machte.
Dieses Sauflied überquerte den Atlantik, wo es von Francis Scott Key modifiziert und für seine Komposition zum Gedenken an die Schlacht von Fort MacHenry im September 1814 verwendet wurde. Das Lied wurde zu einem patriotischen Gassenhauer in den gesamten Vereinigten Staaten, bis es 1931 zur Nationalhymne erklärt wurde.
Lange bevor das Lied den Atlantik überquert hatte, war ein irischer Mönch über den großen Teich gesegelt. Der Heilige Brendan soll Amerika 1.000 Jahre vor Kolumbus entdeckt haben. Er hatte an der Küste von Kerry im Südwesten Irlands ein Boot mit in Butter aufgeweichten Häuten bespannt und einen Mast sowie ein Segel gesetzt.
Brendan fastete 40 Tage lang und stach mit einer kleinen Gruppe von Mönchen in See. Ziel der Reise war die „Terra Repromissionis Sanctorum“, die „verheißene Insel“ im Westen, wo die Mönche nach einer Irrfahrt sieben Jahre später landeten. Diese himmlische Insel soll Amerika gewesen sein? 1976 wollte Tim Severin, ein britischer Abenteurer und Schriftsteller, den Beweis antreten und ist tatsächlich mit einem kleinen Lederboot nach Amerika gesegelt.
Die US-Amerikaner planen derzeit, sich für die vielen irisch-stämmigen Präsidenten zu rächen. Der in Chicago geborene Einfaltspinsel Michael Flatley, berühmt durch sein Gehüpfe 1994 beim Eurovisionspausenfüller „Riverdance“, will bei den irischen Präsidentschaftswahlen im November kandidieren.
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