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Die WahrheitDer schwarze Presssack

Schurken, die die Welt beherrschen wollen – heute: Alois „Allesfresser“ Rainer, Bundeslandwirtschaftsminister mit Metzger-Hintergrund.

Kennt Wurst in- und auswendig: Metzger Alois Rainer Foto: dpa

Schling! Schmatz. Schluck? Nein. Die Zeit, als ein Teller mit von eigener Hand klein gestückeltem Schwein im Nu in seinem Schlund verschwand und in den Magen plumpste, ist abgeräumt wie die eigene Metzgerei, leergesaugt wie der eigene Gasthof, die beide seit Mai 2025 stillstehen. Jetzt muss Alois Rainer zum Frühstück Haferflocken essen, und dass ihm die Frau, auch sie seine eigene, von eigener Hand klein gestückeltes Obst hineinmischt, ist kein müder, lahmer Trost. Nein, ganz oben schwimmt eine schmerzende Erinnerung, klafft die Wunde im eigenen Brät. Sakra!

Dann wacht Alois Rainer auf. Es war nur ein böser Traum, der durch sein Hirn blies! Aber der Alp kehrt regelmäßig zurück, seit er in seiner Regierungserklärung als Bundeslandwirtschaftsminister irgendwas von ausgewogener Ernährung dahergackerte, von Vielfalt auf den Tellern schnatterte und Gutes über Obst und Gemüse quiekte – ohne zu ahnen, was sich hinter diesen Chiffren auftürmt! Statt in seiner Antrittsrede bei Fleisch und freitags einem platten Fisch zu bleiben, bei Fett und Speck, Schmalz und Schmer, Grieben, Schwarten und natürlich Tran!

Alois Rainer legt sich in Falten, das heißt seine Stirn. Wollen die Pflanzenfresser denn wirklich, dass jedes Jahr 48 Millionen Schweine, Rinder und Schafe inklusive Ziegen und Pferde umsonst geschlachtet werden, zu schweigen von den 69 Millionen Hühnern, Enten und Puten? Dabei sind das kleine Zahlen, es gibt viel schwerere, allein in Deutschland runde 83 Millionen, nur Menschen. Darunter ebendiese Vegetarier und Veganen – selber aus Fleisch gemacht und von Kopf bis Fuß voller Blut! Aber nein, Blutwurst spachteln sie nicht.

Alois Rainer ist liberal – warum die nicht auch, ha? Die Gelegenheit für sie, sich solidarisch in die Gemeinschaft einzufügen, kam gleich bei seinem ersten Ministertermin, dem traditionellen „O’grillt is“ in Bad Füssing. Da gab es Tiere in allen Formen und Darreichungsarten, als Kesselfleisch, Presssack und Bratwurst, als Milzwurst und Wollwurst, dazu die Trikolore aus Schwarzwurst, Salami und Gelbwurst – die heiligen Nationalfarben!

Wurst in Metern

Im Jahr 2002 hatte er mit zwei Kollegen sogar die längste Weißwurst der Welt zusammengeschaufelt: 825 Meter war sie lang und hätte komplett um sein Heimatdorf Haibach im Bayerischen Wald gelegt werden können, anderthalb Meter Wurst für jeden der 550 Einwohner. Gern hätte er auch eine Weißwurst so lang wie die Strecke nach Berlin gestrickt, aber nachdem er elf Jahre, auch ziemlich lang, herumgeknobelt hatte, entschied er sich doch für ein Ticket der CSU und fuhr 2013 in den Bundestag ein.

Den kleinen Unterschied zwischen Stimmvieh und Nutzvieh hatte er schon zuvor als Lokalpolitiker und Verbandsrat im Zweckverband für Tierkörper- und Schlachtabfallbeseitigung stets auf dem Schirm. Andere Meinungen, wie sie immer einmal aufflackern, wurden dahoam bei einer kräftigen Brotzeit weggespült, bis die Gemeinderäte dem Bürgermeister Rainer einhellig, -mütig und -stimmig folgten, das niedliche Freibad saniert, ein hübsches Feuerwehrgebäude aufgezäumt und der schöne Bürgermeister in die Hauptstadt Berlin verabschiedet war.

Dort erlebte Alois Rainer zuletzt eine richtig fette Überraschung, als er von Friedrich Merz als Minister aus dem Hut gezogen wurde. Davor nämlich war er im Plenum untergetaucht und hatte sich lediglich in diversen Ausschüssen mit ein bisschen Haushaltspolitik, Finanzpolitik oder Verkehrspolitik wach gehalten, Bulette statt Leberkassemmel geht halt auch.

Sumpf aus Salat

Alois Rainer ist da bis in die letzte Faser liberal. Er kann mit allem und mit allen, wenn sie sich überzeugen lassen und herzhaft zugreifen, statt verbohrt und verriegelt in ideologischen Salatsümpfen zu hocken, bis die Wurst sauer ist! Der seit 2023 herumschnüffelnden Bundestierschutzbeauftragten Ariane Kari hat er deshalb gleich in den ersten Minuten den Stallplatz gekündigt.

Stallplatz ist ein gutes Stichwort, und dass jedes Schwein auch in Zukunft sich so weit ausbreiten kann, dass es aufrecht Platz hat, ist einer von Minister Alois Rainers Menüpunkten. Selbstverständlich hat er außerhalb der festverschraubten Stallmauern die Umwelt ebenso fest im Visier: mit billigem Dieselfutter für den Trecker, dicken Portionen Phosphor und Stickstoff für den Acker und vollen Wolken im Sonnenlicht funkelnder Pestizide auf dem Teller.

Alois Rainer denkt eben nicht nur an seine engen Verwandten, die Bauern, sondern genauso an die Verbraucher weit draußen. Und mittendrin an die Molkereien! Dass die Milchbauern erst Wochen nach der Lieferung erfahren, was die Molkerei ihnen bezahlt, und so nicht über den Preis verhandeln können, beweist klar wie Molke, dass Alois Rainer keine stur nach Bauerninteressen eingenordete Politik treibt. Alles andere wäre auch ein Traum, öha: Alptraum!

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