Die Wahrheit: Lauterbachs Gelee-Banane

Wahrheit investigativ: Viel Schokokram, der im Umlauf ist, wird ewig schon nicht mehr produziert. Wie das?

Eine Packung Schoko-Bananen auf einem Tisch

Ertappt: Karl Lauterbach hortet nicht nur Gelee- sondern auch Schokobananen Foto: taz-Archiv

Weihnachten ist vorbei, Neujahr endlich auch. In der Wahrheit stapeln sich wie stets Bestechungspräsente. Darunter mehrere Packungen Schnapspralinen „Edle Tropfen“, sowie „Belgische Meeresfrüchte“ und „Gelee-Bananen“. Ein vergilbter Datumsaufkleber machte uns jetzt stutzig. Die Schokospur führt tief hinein ins schnapspralinendurchtränkte politische Berlin

Mindestens haltbar bis 12/1972“ steht vergilbt nicht nur auf den „Edlen Tropfen“. Nein, auch die „Belgischen Meeresfrüchte“ und die „Gelee-Bananen“ sind seit mehr als einem halben Jahrhundert abgelaufen. Auf Schokoforen im Netz stellen wir fest: Alle drei Süßigkeiten werden seit den 1970-er Jahren gar nicht mehr hergestellt. Bemerkt hat das aber niemand – die Pralinen werden immer noch und ohne Unterlass weiterverschenkt.

Eine erste Spur führt uns zu einer „Kaufhalle“ in Berlin-Plänterwald. Schon seit mehr als 40 Jahren leitet Otto Buber dort die Geschäfte. Früher, zu DDR-Zeiten, hätten die Leute Schlange gestanden für ein paar Schnaps-pralinen und Südfrüchte wie die „Gelee-Bananen“, brummt der Schnauzbärtige und beißt von einer Nougatstange ab. „Wissen se, seit der Wende ist der Wurm drin, seitdem spukts hier. Immer in der ersten Oktobernacht, da kommen diese Typen, holn den ekligen Süßkram ausm Vorjahr aus den Regalen und stopfen neues Zeuch hinein.“

Knallhart weiterverschenken

Den Rest von Bubers Geisterstunde rühren wir uns selbst zusammen: Anders als früher kaufen heute nur noch rüstige Rentner stangenweise die Pralinen, um ihren Enkeln etwas Gutes zu tun. Und die schenken die Ware anschließend knallhart weiter.

Vor der Kaufhalle summt plötzlich das Handtelefon. Eine zuckrige Stimme will uns „mehr über die Pralinen erzählen“. Zwei Stunden später steht der Candyblower in schokofarbenem Cordhemd an der „Confiserie Berlin-Mitte“. „Wohl bekommt's“, flüstert er und steckt uns einen Schoko-USB-Stick zu. Die da-rauf enthaltenen Akten und Videos offenbaren unfassbar Niegesehenes. In den Fabriken von Trumpf, Mia Bella und Heinerle-Berggold werden demnach gar keine neuen Süßigkeiten produziert, sondern lediglich der Stoff aus dem Supermarkt generalüberholt und in den Verschenkekreislauf zurückgeführt.

Dutzende Minijobber untersuchen an den Fabrikstandorten die Verpackungen auf Risse und Dellen, flicken sie fachmännisch mit etwas Tesa und erneuern das Haltbarkeitsdatum. Dabei wurde in letzter Zeit offenbar grob geschlampt, wie unsere enthüllten Haltbarkeitsdatumsaufkleber aus den 1970-ern belegen. In der Bevölkerung gibt es vereinzelt sogar noch ein paar wenige Mutige, die die Pralinen probieren.

Deshalb entfernen Chocolatiers im hauseigenen Werkslabor fachmännisch angeknabberte und abgelutschte Exemplare und ersetzen sie durch Plastikduplikate. Gesundheitliche Probleme sind bislang nicht zu befürchten, da der Alkohol zumindest die „Edlen Tropfen“ für mindestens die nächsten 300 Jahre konserviert. Durch die günstige Wiederaufbereitung sparen die Unternehmen Unsummen an Schoki und Verpackungsmaterialien. Doch die wahren Nutznießer, sie sitzen im politischen Berlin.

Spahns prall gefüllte Aktentasche

Im Bundestag sollen zuletzt mehrere verdächtige Süßigkeiten gesichtet worden sein. So war die Aktentasche von Jens Spahn (CDU) prall gefüllt mit dem berüchtigten Süßkram. Angeblich, weil er ihm „so gut schmecken würde“. Doch hat noch keiner der aktuell 736 Abgeordneten je gesehen, wie Spahn auch nur eine einzelne Praline verputzt hätte.

Grund genug also, das Berliner Nobelviertel Dahlem investigativ zu inspizieren. Dort hatte sich Spahn mit seinem Ehemann 2020 eine Luxusvilla gekauft. Auf unsere Nachfrage antwortet der Ex-Gesundheitsminister, dass er die Villa völlig legal in Goldpapieren von Ferrero Rocher bezahlt habe, mit Gelee-Bananen, Edlen Tropfen und Meeresfrüchten aber „nichts zu tun“ habe. Spahn kennt laut eigener Aussage jedoch den wahren Übeltäter: „meinen Nachfolger“.

Während einer der vielen ministeriellen Pandemie-Konferenzen soll aus der Sakkotasche von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) eine „Gelee-Banane“ geragt haben. Spahns Verdacht können wir zumindest teilweise bestätigen. Mehrfach rief Lauterbach jetzt zu Jahresbeginn in der Wahrheit an, fragte, ob dort „noch was von dem guten Zeug Raider und Milka Montelino“ vorrätig sei. Werden deutsche Süßigkeitenhersteller also im großen Stil durch das Bundesgesundheitsministerium finanziert? Wir bleiben dran am Thema und gönnen uns erstmal eine Nougatstange.

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