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Die Wahrheit„Quiero tener tu mano“

Die Spanien-Woche der Wahrheit: Los Restos, die einst berühmteste iberische Band überhaupt, wird endlich wiederentdeckt.

Los Restos im typisch spanischen Interieur der 1960er Jahre Foto: ap

Diese Woche widmet sich die Wahrheit in all seinen großen und kleinen Aspekten Spanien. Denn das ehrwürdig hitzige Spanien ist in diesem Jahr Gastland der laufenden Frankfurter Buchmesse.

Sie sind vier und sie sind gut. Auf dem vorderen Teil der Iberischen Halbinsel, dieser nachgerade musikfanatischen Peninsula, kommt dieser Tage so kaskadenartig wie rhythmisch ans Licht, was lange, viel zu lange nicht mehr im Bewusstsein der Rambazamba-Nation Nummer eins war. ¿Porque? Ja, warum, das fragen sich die Spanierinnen und Spanier auch. Wieso konnten sie ihre legendären vier Los Restos über Jahrzehnte nur vergessen?

So sehr vergessen, dass die vier spanisch aussehenden und äußerst musikalischen Pilzköpfe unterhalb und jenseits jeglicher Aufmerksamkeitsschwelle im Hobbykeller von Jorge Harizona einfach weitermachten. Bis heute haben es die vier von Los Restos nicht geschafft, künstlerisch jeweils eigene Wege zu gehen. Auch Juan Jenún nicht, nada.

Dreist abgekupfert

Was für ein Glück aber auch, que suerte! Denn so entstanden zwischen Winter 1969/70 und Sommer 2022, also in über 50 Jahren musikalischer Betätigung, nur unterbrochen von einigen lärmenden Fiestas anderer Musikgruppen, ein obra, ein Œuvre, das es bei Weitem mit dem der Beatles aufnehmen kann. Die im Übrigen von Anfang an viel und dreist von den Los Restos abgekupfert haben.

Musikalischer Fakt ist: Alles, was die Los Restos nach ihrer irre berühmten Zeit in den 1960er Jahren dann im Hobbykeller von Jorge Harizona einspielten, verdient jetzt endlich eine akustisch wohlwollende Prüfung und mindestens mehrere Goldene Schallplatten nachträglich!

Endlich dankt es Spanien seinen Fab Four in diesen letzten resthitzigen Oktobertagen. Man hört derzeit und allerorten Rock, Pop, Groovy Beat, aber auch den Psychedelic Rock der Los Restos. Rauf und runter, runter und rauf. Kein Parkplatz, keine Schreibstube, keine Tapas-Bar, keine Eisdiele, wo es nicht laut herausschallt und dröhnt: „Quiero tener tu mano“ oder „Deja que sea“, was nichts mit See oder Meer zu tun hat, sondern mit dem durch die Beatles wüst kopierten Titel „Let it be“.

Rüstig auf dem Zebrastreifen

Abgesehen von einigen Spannungen zwischen allen vier Bandmitgliedern der Los Restos, und besonders zwischen Pablo Hijo de Cartnéy und Juan Jénun, zu denen sie aber bis heute stehen, ist bei den Los Restos, anders als bei den Beatles früher, bis heute sonst alles in mantequilla, in Butter. Das spürt man als hörkundiger Rezipient oder als begeistertes Groupie der Los Restos sofort.

Ríngo Estrella etwa kümmert sich rührend um die stetig wieder wachsende, mittlerweile schon mit bloßem Auge wahrnehmbare Fangemeinde der Los Restos. Der begeisterte Schlagzeuger und Krakenzüchter lädt immer Donnerstagnachmittag auf sein Anwesen „Jardin de Octopus’s“ ein, das er nach dem einen der zwei Songs benannt hat, die er für die Los Restos geschrieben hat. Bis jetzt!

Denn die rüstigen pi mal Daumen Achtziger sehen sich allesamt in der Pflicht, noch „viele wunderbare Songs für die Welt und die Nachwelt zu schreiben und zu singen“, wie Pablo Hijo de Cartnéy jüngst bei einer improvisierten Pressekonferenz ankündigte. Diese fand auf einem stillgelegten Zebrastreifen im andalusischen Almería statt, der Heimat der Los Restos.

Wir dürfen also nun alle gespannt sein und bleiben. ¡Viva Los Restos!

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5 Kommentare

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  • 9G
    95820 (Profil gelöscht)

    Die gibt es auch im Singular .



    Schrieb schon manchen Kommentar.



    (Das Geschlecht ist mir nicht klar.)



    taz.de/!ku37803/

    • 9G
      95820 (Profil gelöscht)
      @95820 (Profil gelöscht):

      Die letzte Zeile bitte streichen

  • Na logo! Hay mucho trabajo!



    Plastic Auskoppelung - englische Version -



    Working Class Hero



    m.youtube.com/watch?v=iMewtlmkV6c

    • @Lowandorder:

      Etwas eintönige Akkorde. Aber der Eintönigkeit der besungenen Lebensart angemessen. -War schon das Problem mit Gustav Mahler: Seine trauernde, langatmige, musikalische Beweisführung eines beschissenen Lebensmilieus in der Welt um ihn herum.-Aber nach der endlos scheinenden langweiligen Eintönigkeit des normativen Lebens kam (kommt) dann jedesmal der knallharte nahezu expressionistische Zertrümmerungshammer.

      • @Lästige Latte:

        Danke. Feiner Vergleich - feines Resümee.

        unterm——



        Liebe solche gelassenen ausdrucksstarken Akkorde. Langweilig?



        Nö.



        & berührt -



        Mal davon ab - daß Great Britain nochmals ne ganz andere Klassengesellschaft ist - ist mir die reale Arbeitswelt nicht so arg fremd - großes Bruderherz mit zwei Lehrberufen a conto - Ruderverein mit Facharbeitern & selber viel darin unterwegs - im Gegensatz zur bourgeoisen gesettelt-isoliert abgehobenen Welt.