Die Wahrheit: Mein Saugroboter und ich

Dieser Text entstand gerade in unmittelbarer Nähe des Doppelbetts: Home is, where the ladestation is. Fluffy kommt auch drin vor.

Achtung, Produktenttäuschung: Ich habe gar keinen Saugroboter. Die Überschrift über diese Kolumne habe ich nur gesetzt, damit Sie sie lesen wollen, alter Trick. Na gut, so richtig geschickt ist diese Einleitung jetzt nicht. Kompromiss: Also, es wird um Saugroboter gehen, und Rasenmähroboter kommen auch im Text vor. Am Ende wird es dann einen coolen Schlenker zu Kühlschränken und dem tragischen Schicksal eines Berliner Traditionsunternehmens geben.

In Österreich, dem Land, in dem ich familiär bedingt sehr viel Zeit verbringe zurzeit, sorgte neulich ein Saugroboter für Schlagzeilen. Dieser Saugroboter ist mittlerweile internetweit bekannt, er heißt Fluffy und ist behände aus seinem Zuhause ausgebüxt. Wie hat er das gemacht? Er hat sich nach seiner Frühschicht im „Schmankerlladen“, also einem Feinkostgeschäft, in Wieselburg auf leisen Sohlen der Ladentür genähert, die sich konspirativ automatisch öffnete … – und weg war er.

Es gibt ein Beweisvideo einer Überwachungskamera und einen Hilferuf auf Facebook, während Fluffy sich ohne Ladestation in die weite, weite Welt aufgemacht hat. Würde uns nicht wundern, wenn demnächst erste Sichtungen aus den USA auftauchen oder Amélie-li­ke Fotos mit Fluffy am Eiffelturm trenden oder vor den Pyramiden, wo es ’ne Menge Staub zu saugen gibt.

Saugroboter auf Eroberungstour

Überhaupt klingt das alles nach einer Filmidee aus den Pixarstudios: Saugroboter erobert die weite Welt – die Teile 1 bis 6 schreiben sich eigentlich von selbst.

Am Ende war das mit Fluffy wohl ein gut platzierter Marketing-Gag eines kleinen lokalen Unternehmens. Der Schule machen könnte: Bald sieht man flüchtende Drohnen, die nach Kuba wollen, oder Rasenmähroboter, die von einer Alm in der Schweiz träumen …

Roboter scheinen hier als die menschlicheren Wesen, die noch rauswollen aus der Maschinerie, aus dem öden Alltag, aus dem Leben zwischen Ladestation, also Bett, und Arbeit. Die Wege zwischen den beiden Lebenspunkten werden ja ohnehin immer kürzer. Ich selbst schreibe diesen Text gerade in unmittelbarer Nähe des Doppelbetts. Home is, where the ladestation is.

In den Pausen schaffe ich es manchmal bis auf den Balkon. Da kann man dann den Blick schweifen lassen über die viereckigen Parzellen der Erdgeschosseinheiten, sprich: über die anliegenden Gärten des postmodernen Wohnblocks, in dem wir hausen. Kleine, akkurate Rasenstücke, auf denen beizeiten entweder ein einsamer Rasensprenger sein Werk tut – weglaufen kann der jedenfalls nicht – oder ein Rasenmähroboter rührig seine Runden dreht. So stellt man sich Idylle vor.

Zum Schluss kommt noch eine Produktenttäuschung: Für den Kühlschrank ist hier doch kein Platz mehr. Bei der Suche nach einem neuen Gerät ist mir aufgefallen, dass es den gehassliebten Berliner Küchenladen Innova nicht mehr gibt. Heimlich und, wie man hört, zu Recht verschieden. Fluffy war bestimmt auf der Beerdigung.

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kari

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