Die Wahrheit: Geschlechtsverkehrsgünstige Tarnung
Nach dem Fund eines geheimen Waffendepots, das zunächst der RAF zugerechnet wurde, stellen sich Fragen. Vor allem am Fundort in Seevetal.
S tarke Polizeikräfte rückten neulich bei uns in Helmstorf ein. Zig Wannen und Peterwagen parkten vor den Hockenkuhlen. Neffe Moritz, 18, setzte eine Sprachnachricht ab: „Also, die Straße ist komplett abgesperrt. Und ich war ja noch bei Oma, ne. Da ham die mich angehalten und wollten meinen Perso sehen. Und von wo ich denn her komme. Und wo ich denn hin will. Mein ich: Ich komm von meiner Oma gerade und will nach Hause, aber wassen überhaupt los hier? Meinten die: Können wir nicht sagen …“
Konnte die Polente später dann doch: Demnach hatten Forstarbeiter nur ein paar Brandsatzwürfe von unserem Haus entfernt ein altes Erddepot der Roten Armee Fraktion (RAF) entdeckt. So vermutete es jedenfalls zunächst die Polizei aufgrund des Inhalts: Schriftstücke aus den achtziger Jahren und Flüssigkeiten. Auch die verkehrsgünstige Lage legte den RAF-Verdacht nahe; tatsächlich ist unser Dorf, ein Ortsteil der Gemeinde Seevetal, von Autobahnen geradezu umzingelt. Ob sich aus dem Fund Hinweise auf noch flüchtige RAFler ergeben könnten, schien eher fraglich. Kaum war die Polizei weg, machten erste Spekulationen die Dorfrunde.
Steckten etwa Hiesige mit der RAF unter einer Decke? Erörtert wurde aber auch, ob Fritz B. als Eigentümer des Fundorts nicht rückwirkend Pacht fordern könne von den Terrortypen. Und Nachbarin M. gab zu, damals schwer in den Dream-boy der RAF, Christian Klar, verknallt gewesen zu sein – worauf sogleich die besonders geschlechtsverkehrsgünstige Lage Helmstorfs thematisiert wurde. Auch vom Einlochen ging die schlüpfrige Rede.
Am Sonntag spazierten dann alle zum RAF-Loch, um sich ein eigenes Fahndungsbild zu machen beziehungsweise es in Gedanken durchzuixen, wie man das ja ganz real machte in der bleiernen Zeit mit den Fotos „der gefangenen oder ermordeten Genossen“. So drückte ich mich jedenfalls aus, worauf mich Nachbar E. bezichtigte, wohl nur deshalb in Helmstorf eingeheiratet zu haben, „um am Tag X schnell am Depot zu sein“. Zum Glück ging gleich meine Frau dazwischen, sonst hätte es wohl später noch eine Rasterfahndung gegeben.
Anschließend schlenderten wir durch einen Wald, der uns gehört, seit meine Frau ihn erbte, und entdeckten da – einen Dachsbau? Nein, dafür war dieses Erdloch zu akkurat geraten. Und dann steckten hier ja noch drei Spaten im Aushub. Ganz klar, dieses Loch war menschengemacht.
Wir legten uns auf die Lauer – und siehe da: Zwei Jungs und ein Mädchen, so um die vierzehn, kamen angeradelt. Ja, sie hätten hier gebuddelt, um mit der Erde so Rampen zu bauen. Als Downhill-Biker bräuchten sie nun mal fetzige Sprungschanzen. Wir darauf aber nur so: „Aber nicht in unserem Wald. Das müssen wir leider euren Eltern melden. Eure Namen bitte!“ Sie behaupteten, Ernst Volker Staub, Burkhard Garweg und Daniela Klette zu heißen, was voll die Verarsche war. Oder aber, wenn’s stimmt, die perfekte Tarnung.
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