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Die WahrheitLiebesquarantäne

Neues aus Neuseeland: Die Top-Kiwis des Jahres 2020 sind gewählt. Auf Platz eins findet sich ein besonderes Coronapaar.

D er Countdown der besten Neuseeländer dieses nicht gerade besten Jahres läuft. Unter den 20 „Top Kiwis of 2020“ hat die Nachrichtenseite Stuff an erster Stelle den Quasi-Heiligen Ashley Bloomfield stehen. Als „Ruhigster im Sturm“ führte uns der Gesundheitsdirektor sicher durch die Pandemie. Nach ihm wurde sogar ein Rhinozeros in Botswana benannt.

Auch ganz oben stehen die pink gefärbte Mikrobiologin Siouxsie Wiles, unsere Antwort auf Christian Drosten, Schriftsteller Behrouz Boochani, der sechs Jahre als Flüchtling auf der Insel Manus eingesperrt wurde, bevor er Asyl in Aotearoa bekam. Und Kebab-Imbissbesitzer Temel Atacocugu aus Christchurch ist dabei, der den Terroranschlag auf die Moschee mit neun Kugeln überlebte.

Meine Favoritin auf der Liste ist TV-Journalistin Tova O’Brien. Sie setzte den rechten Verschwörungspolitiker Jami-Lee Ross in einem Live-Interview so auf den Topf, dass der Showdown um die Welt ging. Von Ross hat man seitdem nichts mehr gehört. Wenig gesehen hat man auch von Todd Muller, dem Mann mit der kürzesten Parteilaufbahn im Lande. Dass er sich nur 53 Tage als Chef der National-Partei hielt, brachte ihn jedoch nicht in die Top Twenties, sondern dass er offen zugab, an Panikattacken zu leiden.

Wenn irgendwas gezählt hat in diesem Jahr, dann war es, Gefühl zu zeigen. Allen voran Jacinda Ardern, die mit großem Herzen ihre kleine Nation umärmelte, hier und dort ein Tränchen verdrückte, ein Tänzchen machte oder einen familiären Live-Chat von zu Hause. Zur Freude aller Kiwi-Kinder verkündete sie, dass der Weihnachtsmann eine Ausnahmegenehmigung für die Einreise nach Neuseeland habe und nicht zwei Wochen in Quarantäne müsse.

Mein Neuseeländer des Jahres kommt in keiner Hitliste vor, aber auch er hat eine Ausnahmegenehmigung. Vor elf Jahren verliebte James Correia sich an seiner Schule in Christchurch in die dänische Austauschschülerin Kamille Rasmussen. 2015 trafen die beiden sich durch Zufall auf einer Straße in Melbourne wieder und waren seitdem unzertrennlich in Europa unterwegs. Als die Pandemie begann, blieben sie in Kopenhagen. Correia kehrte im August nach Christchurch zurück.

Monatelang versuchte er vergeblich, seine Liebste nachzuholen, aber Neuseelands Immigrationsbehörde blieb hart. Erst im Oktober wurden nach vielen Protesten die Regeln gelockert, und auch Partner im Ausland ohne permanente Aufenthaltsgenehmigung dürfen endlich nachreisen. Für Kamille Rasmussen heißt es, anders als für den Weihnachtsmann: zwei Wochen Quarantäne im streng gesicherten Hotelzimmer, bevor sie ihren James wiedersehen kann.

Weihnachten im selben Land, aber von Hotelmauern getrennt? Das kam für den Romantiker nicht in Frage. Er konnte einen Beamten überzeugen, dass auch er mit ins Hotel darf, selbst bezahlt natürlich. Eine coronareife Wiedervereinigung – das Weihnachtsmärchen von 2020.

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Anke Richter
Anke Richter ist Wahrheit-Kolumnistin, Buch-Autorin und Mitglied von Weltreporter.net in Neuseeland. Zuletzt erschien von ihr die Auswanderersatire "Was scheren mich die Schafe. Unter Neuseeländern - Eine Verwandlung" (Kiepenheuer & Witsch).
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