piwik no script img

Die WahrheitPlank-Prank auf hohem See

Kolumne
von Jenni Zylka

Meuterei in brandenburgischen Gewässern – ein sommerlicher Hausbootaufenthalt hält so einiges an Überraschungen für die Familie bereit …

N ach einer Woche auf einem Hausboot haben wir gestern wieder angelegt. Und auch, wenn sich der See in Brandenburg vielleicht nicht mit dem Pazifik vergleichen lässt, über den Thor Heyerdahl 1947 auf der „Kon-Tiki“ die Besiedlung Polynesiens von Südamerika aus nachwies – Heidewitzka, es war ein Abenteuer!

Das fing gleich beim Ablegen an: Nach einem Schluck Rum stellte sich der Kapitän ans Steuer und manövrierte das Boot in einem blauen, mit Goldknöpfen in Doppelreihen versehenen Kapitänsjackett aus dem Hafen. Nach nur einer klitzekleinen Schramme an einer ganz ungünstig im Weg liegenden weißen Sportjacht waren wir auch schon bei anderthalb Knoten auf dem offenen Wasser, flankiert von einer Entenfamilie, die ich die „Flippers“ nannte. Die Ausflugsschar, die das Ablegemanöver von der Restaurantterrasse aus verfolgt hatte, wirkte begeistert – einen schicken, geschickten und angeschickerten Kapitän bekommt man schließlich nicht alle Tage zu sehen.

So tuckerten wir den Flippers hinterher in die Seemitte, wo ich eine Rauferei mit den Schiffsjungen Steuerbert und Backbert anfing, weil sie die Schleife, mit der ich das Fenderseil an die Reeling gebunden hatte, als nicht fachgerecht abstempelten. Aber ich bin ein nautisches Naturtalent und kenne den „Seewolf“ genauso auswendig wie „Moby Dick“. Als wir uns gerade wieder beruhigt hatten, kam plötzlich ein Signal von der Brücke: „Brücke! Bücke!“ – die Mütze sollte schließlich nicht vom Kopf geholt werden. Gefahr vorüber, genehmigte ich mir einen und schickte Steuerbert und Backbert zum Kartoffelschälen in die Kombüse, mit der Absicht, einen kleinen Plank-Prank an ihnen vorzunehmen.

Ich hatte nämlich heimlich eine Kartoffel vorgekocht, und sie zurück in das Netz geschmuggelt. Ein paar Minuten später zerdrückte ich die Kartoffel vor ihren erstaunten Augen in der Hand. Das verschaffte mir einen Vorteil für die Fahrt: Steuerbert und Backbert gehorchten mir fortan aufs Wort, machten Leinen los und Leinen dran und stürzten sich bei meinem Ausruf „Wal! Da bläst er!!!“ ohne Mucks in die Fluten, um mit ihren Speeren einem Rebhuhn den Garaus zu machen, das vor unserem Bug oder Heck, oder wie das heißt, abtauchen wollte.

Nach ein paar sonnigen Tagen, in denen wir nur sehr wenige Eisberge sahen und daraufhin immer unser Nebelhorn tröten ließen (lang kurz kurz kurz kurz kurz), beschlossen Steuerbert, Backbert und ich zu meutern, just because we can. Nachts schnitten wir den Käpt’n von der Hängematte, kielholten ihn, knebelten ihn mit dem blauen Jackett und stopften ihn in die Seekiste neben den Kugelgrill. Er verzog nicht die Miene, aber ich befürchte, dass das ein Nachspiel vor dem Seegerichtshof haben wird. Apropos Gericht: Im Restaurant „Blaue Jungs“, in das wir danach einkehrten, litt ich schwer unter „Kinetose“, dem Nachschwanken an Land. Aber vielleicht war auch nur eins von den dreißig Rumchen schlecht.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • & Däh. Ivan Reblaus - hatte nen Knoten lang - im Hals!



    Liggers!;) - Um nicht praktifix belegen & nachweisen zu müssen -



    Daß auch bei ihm - nunja Singen - möglich sein könnte!



    Normal. Süßwassermatrosen halt.

    unterm——



    Die alten Teejacken - Wußten‘s schoon!



    Freitags Auslaufen & Fruunslüüd an Bord!



    Bringt Unglück!

    • @Lowandorder:

      Achteran & “Warschau*!*“

      btw - “Knoten: Belegen einer Klampe“

      www.youtube.com/watch?v=4nqFQMpyBvU



      vs Altweiberknoten*¡*;))

      “Liggers. Landratten! Jau.



      Weiß Bescheid“

      kurz - Wat höbt wi lacht.



      “Aber immer zwei Finger breit -



      Wasser im Bidet!;))“ H.R. in memoriam