Die Wahrheit: Schafe auf Augenhöhe
Tieren ist eine Menge zuzutrauen, von dem Menschen lernen können – dank einer neuen, sogar Köttel abwehrenden Kommunikationstechnik.
E ine Studie der Universität Cambridge hat vor Kurzem festgestellt, dass das gemeine Hausschaf in der Lage ist, Gesichter zu erkennen. Man hatte dem Wolltier jeweils zwei Fotos von prominenten und nichtprominenten Menschen gleichen Geschlechts und gleicher Hautfarbe gezeigt. Beim richtigen Erkennen winkte dem Schaf ein Leckerli. Das Schaf, so schlussfolgerten die Forscher, sei erkenntnistechnisch auf einer ähnlichen Stufe wie der Affe und der Mensch.
Ich glaube das sofort, denn ich traue Tieren ohnehin viel zu. Säugetieren unterstelle ich ein größeres Ausmaß an Menschenkenntnis und Lebenserfahrung, als allgemein angenommen wird. Als ich beispielsweise einmal eine fremde Wohnung in einer fremden Stadt hüten musste, in der auch eine erfahrene alte Katze wohnte, erlebte ich eine sympathische Parallelität mit dem domestizierten Raubtier: Die Mieze und ich gingen abends gemeinsam aus dem Haus, und kamen zur gleichen Zeit am frühen Morgen wieder. Ich nehme an, dass die Katze in einem ähnlichen Zustand war wie ich und allein die vier Pfoten sie vor dem Schwanken bewahrten. Jedenfalls legten wir uns beide schlafen und streckten am nächsten Nachmittag beim Aufwachen faul unsere Glieder; fast ließ ich mich hinreißen, sie ein wenig zur Katerproblematik auszufragen.
Seit ich Säugetieren sozusagen auf Augenhöhe begegne, werde ich kaum mehr angebellt. Ich signalisiere neuen Hundebekanntschaften meistens auf der Stelle, dass ich kein großes Interesse am Ganzkörper-Beschnüffeltwerden hege, obwohl ich ihre Intention verstehe – sie sind nun mal olfaktorisch orientierte Wesen. Die meisten halten sich daran, wahrscheinlich ist es für einen Hund auch nur begrenzt interessant, an alten Frauen zu riechen.
Neulich hatte ich sogar ein recht befriedigendes, weil sehr kurzes Treffen mit einem Karnickel, das ich dank meiner neuen Kommunikationstechnik davon abhalten konnte, auch nur den My eines Gedankens daran zu verschwenden, in meiner Nähe zu kötteln.
Wenn sich die Erkenntnis mit den schlauen Schafen durchsetzt, würde das vielleicht ein neues Licht auf den momentanen Umgang mit der wachsenden Wolfspopulation in Deutschland werfen. Schließlich ist der erste Schritt in Richtung Sicherheit, dass man seinen Gegner kennt. Könnte man nicht auswertbare Informationen über die akute Wolfsgefahr von den Schafen höchstselbst bekommen, indem man statt Prominenten etwa den gefährlichsten Leitwolf der Gegend an die Wand über das Leckerli pinnt, und dann die Schafsreaktion analysiert?
Als Vermittler zwischen Mensch und Schaf bietet sich übrigens am besten „Schweinchen Babe“ an, das legendäre Hüteschwein, das die Schafe allein durch Charme zur Mitarbeit überredete. An diesem Schwein sollten sich Menschen ein Beispiel nehmen.
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