Die Wahrheit: Helden des Widerstands

Die Bundeswehr kann nach den Angriffen aus den Reihen der Wehrkraftzersetzer wenigstens auf ein letztes Verteidigungsbollwerk zählen: die FAZ.

Dass es bei der Bundeswehr schwerwiegende Systemfehler geben muss, war mir schon vor fast dreißig Jahren klar, nachdem die mich allen Ernstes als T2 gemustert haben – also als wehrtauglich. Ich und T2! Da könnte man ja gleich den Bock zum Gärtner oder den Schulz zum Kanzlerkandidaten oder den Schulhofschläger zum General . . . na, Sie verstehen schon.

Und jetzt also war die Überraschung groß, als man in den Kasernen gar nicht auf Schwerter-zu-Pflugscharen-Aufkleber oder Margot-Käßmann-Pin-up-Kalender stieß, sondern auf Landserzeichnungen, Waffen mit eingravierten Hakenkreuzen und Wehrmachtsstahlhelme. Da Ministerin von der Leyen aber neben ihrer eigenen Kopfbepanzerung keine anderen Stahlhelme duldet, ordnete sie flugs an, in den müffelnden Adoleszentenbuden mal die Fenster ordentlich aufzustoßen und zu gucken, was sich da so alles findet.

Das plötzliche grelle Licht aber schreckte die Eiserne-Kreuz-Fraktion in der FAZ hoch und ließ sie ein letztes Mal den bedrängten Kameraden Deckungsfeuer geben. So befand etwa Reinhard Müller an der Frankfurter Heimatfront: „Das Absuchen aller Dienststellen nach vermeintlich verfassungsfeindlichen Symbolen ist ein peinlicher Exorzismus, der die Dienstherrin säubern soll, die Soldaten aber beschmutzt.“

Merke: Unsere Soldaten werden nicht etwa beschmutzt durch den Besitz von Wehrmachtsdevotionalien, sondern durch den peinlichen Exorzismus des Waschweibs, das diese verbannen will. Denn es ist ja so: „Die Bundeswehr ist von Wehrmachtsoffizieren aufgebaut worden und hat noch jahrzehntelang ihre Ausrüstung und Ausbildungsmaximen genutzt und weiterentwickelt.“ Und die sollen jetzt nicht mehr geehrt werden? Was denn noch? Dürfen wir uns am Ende nicht mal mehr auf Helmut Schmidt in seiner feschen Wehrmachtsuniform einen runterholen? Oder Günter Grass nicht mehr huldigen für seine Dienste in der SS und seine gegen die feige nach Israel abgehauenen Juden verschossenen letzten Tintenpatronen?

„Wenn nur Widerstand traditionsbildend sein soll – warum machen dann die Generäle diesen Spuk mit?“, fragt Reinhard Müller daher sich und seine Kameraden. Schlau! Erst in bester Höcke-Manier die schändliche Erinnerungskultur abwatschen, die die mühsame Wiederaufbauarbeit der ehemaligen Wehrmachtskämpfer gegen slawische Untermenschen und kulturlose Amis nicht recht lobpreisen will, und dann die Offiziere ermutigen, diese Wehrkraftzersetzer mit ihren eigenen Waffen zu schlagen und einfach Widerstand gegen die Anordnungen von oben zu leisten!

Fast schon subversiv. Einzig: Weiß der Mann denn wirklich gar nicht mehr, wie die traditionsbildenden Ausbildungsmaximen seiner Wehrmachtsoffiziere vor dem Aufbau der Bundeswehr lauteten zum Umgang mit Leuten, die offen zur Befehlsverweigerung aufrufen? Aber vermutlich stehen diese FAZ-Redakteure ohnehin schon alle mit dem Rücken an der Wand. Da kann ich dann trotz T2 wohl auch nicht mehr helfen.

Die Wahrheit auf taz.de

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Heiko Werning ist Reptilienforscher aus Berufung, Froschbeschützer aus Notwendigkeit, Schriftsteller aus Gründen und Liedermacher aus Leidenschaft. Er studierte Technischen Umweltschutz und Geographie an der TU Berlin. Er tritt sonntags bei der Berliner „Reformbühne Heim & Welt“ und donnerstags bei den Weddinger „Brauseboys“ auf und schreibt regelmäßig für Taz und Titanic. Letzte Buchveröffentlichung: „Vom Wedding verweht“ (Edition Tiamat).

ist die einzige Satire- und Humorseite einer Tageszeitung weltweit. Sie hat den ©Tom. Und drei Grundsätze.

kari

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.