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Die WahrheitFiep, brumm, fiep

Weltraumforschung: Nach der Entdeckung der Gravitationswellen bleibt ein Restgrummeln des Wackelpuddings namens Weltall.

Wie klingen Gravitationswellen? Noch sind sich die irdischen Beobachter nicht einig über das Klangbild Foto: dpa
Von Kriki

„Sie fiepen, grummeln und brummen. Sterne, Schwarze Löcher und Galaxien hinterlassen akustische Spuren im All“, spratzelte Spiegel Online neulich. Einen kurzen Augenblick lang übertönte lautes Jubelgeschrei auf der Erde das Gefiepse und Gegrummel der Galaxien, die übermütige Gemeinde der Wellenforscher feierte nämlich den Nachweis von Gravitationswellen im All. Die neue Entdeckung ließ in der Kantine der FAZ „Raum und Zeit erzittern“. Gut gesagt, aber wie entstehen Gravitationswellen eigentlich?

Der MDR klärt uns kulinarisch bildhaft auf: „Wenn zwei Schwarze Löcher im Universum ineinanderstürzen, dann schwabbelt das Weltall wie ein Wackelpudding und alles wird abwechselnd gestaucht und gedehnt.“ Schönes Bild: das All als Götterspeise! Dazu gibt’s Vanillesauce aus der Milchstraße.

Auch beim Focus wackelt es: „Laut Einstein kann man sich die Raumzeit als ,flache Ebene‘ vorstellen, so ähnlich wie ein riesiges Trampolin. Das ganze Trampolin beginnt zu wackeln. Dieses Wackeln nennen die Physiker Gravitationswellen.“

Wellen wackeln im See

Beim Tagesspiegel breiten sich die Gravitationswellen nach der Kollision der Schwarzen Löcher wie auf einem See aus und „kräuseln die Raumzeit“. Das Kräuseln ist allerdings nur ein ganz schwaches Säuseln oder „auf Erden ein Hauch“ (Die Zeit). Und wie hört sich so ein Hauch an? Bei der Zeit hat es „Chirp“ gemacht, im Internet wird der Hauch als „Flupp“ (Bit.ly/Flupp) beschrieben. Es klingt aber eher wie „witt“ oder „tuwitt“.

Im Grunde ist „die Erde einfach zu laut“ (MDR) für ein vernünftiges Arbeiten der Forscher. Einer der stillen Helden, Professor Bernd Brügmann von der Physikalisch-Astronomischen Fakultät in Jena, sagt leise: „Auf der Erde wackelt und scheppert es ununterbrochen. In Hannover hören wir die Nordseewellen, die an den Strand schlagen.“ Wie soll man da vernünftig das All abhören? „Man sagt auch, die Amerikaner haben Probleme mit Holzfällern, wenn die gefällten Bäume auf den Boden fallen“, bricht es noch aus Brügmann heraus.

Erde ist einfach zu laut für ein vernünftiges Arbeiten der Weltraumforscher

Aber trotz fallender Bäume und Kurse, die Gravitationswellen wurden endlich gehört. Glück muss man haben, wenn man so eine vorbeilaufende Raumwelle hören will, und früh aufstehen muss man dazu auch. Um 5.51 Uhr New Yorker Zeit bemerkten unsere hellwachen Hannoveraner Forscher das Wackelpudding-Wellensignal. Da schliefen die faulen amerikanischen Frequenzforscher noch und sägten kräftig und störten so auch noch den Empfang der Frühaufsteher in Niedersachsen und anderswo.

Ein dicker Hammer schlägt die Wellen an

Doch um so einen direkten akustischen „Abdruck kosmischer Ereignisse in dem Gewebe der Raumzeit wahrzunehmen“ (Rheinische Post), muss der „Hammer, der so eine Gravitationswelle anschlägt, richtig dick sein“, tönte N24. Selbst Thor würde mit seinem schweren Gerät nur ein kleines Klickern hervorrufen, es müssen schon „zwei Schwarze Löcher sein, die miteinander kollidieren“ (N24).

Können Löcher überhaupt miteinander kollidieren? Sollten sie nicht ineinander kollabieren? Schließlich stoßen sie ja nicht aufeinander, sondern ineinander. Da sind präzise Sprachforscher gefragt, die die Termini des Wackelpuddinguniversums in eine fest umrissene Form gießen können. Forscher, die das Ohr an den Gravitationswellen der Zeit haben, die „dem Universum einen eigenen Sound geben“ (Rheinische Post). Einen Sound, den wir zum ersten Mal hören würden, wenn es nicht so verdammt laut wäre auf dieser Wackel-Schepper-Erde! Wenn doch endlich alle einmal einen winzigen Moment ruhig wären, vielleicht könnten wir das „Restgrummeln des Urknalls hören, das nach wie vor durch das All wabert.“ (Mitteldeutscher Rundfunk) Also seid mal eben alle still, / weil ich den Urknall hören will!

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2 Kommentare

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  • Wie auch immer zwei sich ineinander subtrahierende schwarze Löcher klingen, der Text hier, von Euch, klang sehr schön.

  • Göttlich;))

     

    Schon Paulchen Kemp als Götterbote Hermes (der Kaufleute&Diebe;) -

    Auf Rollschuhen auf der flachen Ebene im Amphitryon

    (=der doppelt Geplagte!;) unterwegs -

    Rüttelte die Götterspeise - den kitaWackelpudding - empört - Waas?!

    "Das - wagt ihr den Göttern anzubieten" - & Tucho stellte in seiner soziologischen Psychologie der Löcher philosophisch-gravitätisch die Allentscheidende & gravierende Frage -nein hier nicht nach den Löchern im Käse -

    Nein - Was passiert - Wenn ein Loch Verschwindet? -

    Setzt es sich ab in Die Materie - oder geht es -

    Achtung Gravitationswellen¿! -

    Zu einem anderen Loch -

    Um ihm sein Leid zu klagen?! -

    Denn - "Ein Loch ist da, wo etwas nicht ist. Das Loch ist ein ewiger Kompagnon des Nichtlochs: Loch allein kommt nicht vor, so leid es mir tut. …Loch ist immer gut.…"

    kurz - What a get on a gravy train;))

    http://gutenberg.spiegel.de/buch/16-satiren-7810/6