Die Wahrheit: Touristen machen viel Muh
Fallen amerikanische Reisende auf den grünen Wiesen Irlands ein, so heißt das Kummer für die Bevölkerung vor Ort.
E s war einer jener Tage, die Pat vergessen möchte. Pat ist Bauer an der irischen Westküste und besitzt 20 Kühe. Am Freitag trieb Pat die Herde von einer abgegrasten Weide auf das Nachbarfeld. Allerdings schloss er das Gatter hinter der letzten Kuh zu schnell, sodass es sie am Hintern traf. Das verärgerte das Tier so sehr, dass es ausschlug und das Gatter traf, das dann gegen Pats Kopf und Knie knallte. Er humpelte nach Hause und legte sich einen Eisbeutel auf den Schädel.
In dem Moment trafen sieben US-Amerikaner ein. Pat und seine Frau Gill führen eine Pension, da man als Kleinbauer nicht viel verdient. „Ausgerechnet Amis“, dachte Pat, denn er hatte mit ihnen schon schlechte Erfahrungen gemacht. Diesmal war es nicht anders.
Die Frühstücksbestellung aufzunehmen erwies sich als unüberwindliche Hürde, denn alle sieben änderten die Bestellung im Minutentakt. „Setz’ihnen irgendetwas vor“, raunte Pat seiner Frau nach der achten Umbestellung zu, „die erinnern sich morgen früh nicht mehr daran.“ Um seine Ruhe zu haben, zog er sich in sein Arbeitszimmer zurück, doch plötzlich tauchte eine der Touristinnen auf. Sie hatte den Rest des Hauses inspiziert und durchstöberte nun die privaten Räume. Pat nahm eine Beruhigungstablette.
Im nächsten Moment flog die Sicherung heraus. Eins der US-Pärchen hatte einen Stromwandler verwendet, um das Handy mit 110 Volt aufzuladen. Pat quälte sich mit seinem kaputten Knie auf die Leiter, um die Sicherung wieder hineinzudrücken und erklärte den Gästen, dass man keinen Stromwandler brauche, da das Handy-Ladegerät dies erledige. Zwei Minuten später flog die Sicherung erneut heraus. Weitere fünf Minuten später geschah es erneut. Die anderen Gäste hatten in ihren Zimmern ebenfalls den Stromwandler benutzt.
Nachdem das geklärt war, fuhren die glorreichen Sieben ins benachbarte Dorf zum Abendessen. Pat genoss die Ruhe, aber sie währte nicht lange. Nach der Rückkehr stellte einer der Gäste fest, dass seine Brieftasche weg war. Pat musste im Restaurant anrufen und die Bedienung bitten, gründlich unter dem Tisch und auf dem Parkplatz nachzusehen. Schließlich fand der Ami die Brieftasche in seinem Koffer. Pat musste die Suchaktion abblasen.
Weit nach Mitternacht lagen alle im Bett, als die Sicherung erneut herausflog. „Sorry“, tönte es aus einem der Gästezimmer, „der blöde Stromwandler, haha.“ Am nächsten Tag tauchte der Fahrer der Gruppe in der Küche auf und bat Pat um eine Wegbeschreibung nach Kilkenny. „Wir sind hier doch am Ring of Kerry?“ fragte er.
Der liegt 200 Kilometer südlich, aber Pat behielt das für sich, weil er keine Lust auf lange Diskussionen hatte. „Immer nach Osten“, sagte er, „bis links Kilkenny auftaucht.“ Dann hängte er das Schild „Kein Zimmer frei“ ans Haus. Vier Stunden später stellte er fest, dass die Amis sich nicht die Mühe gemacht hatten, dass heiße Wasser in der Dusche abzudrehen. Nachdem er alles aufgewischt hatte, tat ihm auch das andere Knie weh.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Zuschuss zum Führerschein?
Wenn Freiheit vier Räder braucht
Comeback der K-Gruppen
Ein Heilsversprechen für junge Kader
Der Check
Verschärft Migration den Mangel an Fachkräften?
Liberale in der „D-Day“-Krise
Marco Buschmann folgt Djir-Sarai als FDP-Generalsekretär