Die Wahrheit: Unreine Nüchterne
München will die Wiesn vor Asylmissbrauch schützen. Selbst unter dem Dirndlrock soll nach Flüchtlingen gefahndet werden.
Als leuchtendes Beispiel für aufopferungsvolle Flüchtlingshilfe gilt derzeit München. Besonders der oberbayerische Regierungspräsident Christoph Hillenbrand kämpft wie ein gesamtbayerischer Löwe für die zügige Weitergabe der Flüchtlinge an andere Bundesländer.
Schließlich naht die wichtigste Kulthandlung im bajuwarischen Kirchenjahr: das Oktoberfest. Nach einer privat geäußerten Ansicht von Ministerpräsident Seehofer könnte die Flüchtlingsflut einem unbeschwerten Besäufnis im Wege stehen – dem eigenen, dem der Regierung und dem des Pöbels auf der Theresienwiese. Diese Einschätzung lässt sich auch einem vertraulichen Dokument entnehmen, in dem eine Taskforce der Regierung Oberbayerns verschiedene Möglichkeiten der Flüchtlingsbewältigung durchspielt.
„Trotz oder gerade wegen der moralischen Überlegenheit des Christentums, besonders des katholischen“, postuliert die Arbeitsgruppe, „muss die Religionsfreiheit erhalten werden. Einerseits, um der Vorbildrolle der bayerischen Zivilisation gerecht zu werden, andererseits, um a weng die Spreu vom Weizen zu trennen.“ Wegen der interkulturellen Ausrichtung durften offenbar sogar Franken an dem Papier mitschreiben.
Krachledern Alkoholisierte
In der Praxis heißt das: Flüchtlinge muslimischen Glaubens werden angehalten, dem Gebiet um die Theresienwiese – letztlich dem Münchner Raum samt Umland und Freistaat – fernzubleiben, damit sie nicht vom Anblick dekolletierter Minidirndlträgerinnen und krachledern Alkoholisierter in ihrer Religiosität verletzt werden. Dasselbe Recht gelte freilich auch für Oktoberfestgläubige, denen der Nüchterne als unrein gilt.
Doch wie können Sicherheitskräfte einen Flüchtling erkennen, der die Wiesn bereits infiltriert hat? Der Plan, Flüchtlinge mit einem Aufnäher auf der Brust zu kennzeichnen, wurde als „politisch vorbelastet“ verworfen. Stattdessen hat man sich jetzt darauf geeinigt, verdächtigen Besuchern des Geländes Freibier anzubieten: Wer weniger als drei Maß hinunterstürzt, wird ungeachtet seiner Religionszugehörigkeit zum Muselmann erklärt und des Geländes verwiesen.
Und wie bitte reagieren, wenn mitten auf der Wiesn statt zum Schuhplattler zum afghanischen Atan aufgespielt wird, weil es im Getümmel zur schon vom seligen Stoiber-Edi befürchteten „Durchrassung“ gekommen ist? „Die Furcht vor Überfremdung der bayerischen Volksmusik“ sei berechtigt, sorgt sich die Taskforce: „Aus Sicherheitsgründern werden sämtlichen Blaskapellen die Ohren mit Wachs verschlossen, außerdem müssen sie im Akkord urbayerisches Liedgut wie den Radetzkymarsch und Viva Colonia üben.“
Unter den Rock geflüchtet
Auch im Punkt Sexuelle Awareness hat man sich Gedanken gemacht: „Sogar eine zutiefst friedvolle Veranstaltung wie das Oktoberfest wird manchmal durch sexuelle Übergriffe getrübt. Werden bei der medizinischen Untersuchung unter dem Dirndlrock Flüchtlinge entdeckt, muss dies unverzüglich dem anwesenden Sicherheitspersonal gemeldet werden. Andernfalls greift die Brauchtumsklausel.“
Die Arbeitsgruppe denkt sogar über den Weißwurstäquator hinaus: Sollte sich während des Oktoberfestes herausstellen, dass sich Flüchtlinge tatsächlich mit Bierdunst und Schweinshaxnduft abschrecken lassen, entwirft das Papier ein kulinarisches Grenzschutzkonzept, das EU-weit sofort Anwendung finden könnte. Die Einrichtung eines immerwährenden Oktoberfests an der ungarisch-serbischen Grenze soll bereits von Ungarns Premier Viktor Orbán als „Schnapsidee“ abgesegnet worden sein.
Nachdem Details des Dokuments an die Öffentlichkeit gelangten, weil es jemand im Wirtshaus hatte liegen lassen, zeigt sich die Opposition empört. „Wir von der SPD setzen nicht auf Abschreckung sondern auf Integration“, erklärt ein Mitglied der Münchner Jusos. „Wir müssen den Flüchtlingen die Teilnahme an einer Wiesn-Tombola ermöglichen. Je besser sie abschneiden, desto länger ihr Aufenthalt! “
Fällt die Wiesn aus?
Weiterführend plane man Wettbewerbe im Auswendiglernen bayerischer Volkslieder wie „Wann wir schreiten Seit an Seit“ oder dem Steigerlied. Ein billiges Manöver, kontert die Landesregierung. Die SPD nutze die Unwissenheit der Menschen aus, um „erstmals eine sozialdemokratische Population auf bayerischem Staatsgebiet heranzuzüchten“.
Die universitäre Critical-Whiteness-Gruppe hingegen fordert, das Oktoberfest aus „Rücksicht vor unseren Gästen“ dieses Jahr ausfallen zu lassen. Die Mitglieder befinden sich mittlerweile unter Polizeischutz oder sind in sichere Drittstaaten geflohen.
Im Übrigen weist das Münchner Fremdenverkehrsamt darauf hin, dass die meisten Fremden nach dem Ende der Festwochen die Stadt ohnehin freiwillig verlassen – und den kläglichen Rest schlage man mit den traditionellen Münchner Wuchermieten in die Flucht.
Für den Trachtenladen Angermayer kommt diese Entwarnung zu spät. Nachdem man dort einen Tschador mit Edelweißstickereien ins Sortiment genommen hatte, wurde das Geschäft niedergebrannt.
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