Die Wahrheit: Aus Scheiße Gold
Sanifair-Gutscheine sind die Währung der Zukunft. Die Kanzlerin hat eine Entwicklung im Zahlungsverkehr angestoßen, die unumkehrbar scheint.
Die Tage des klassischen Geldes sind gezählt. Zu diesem Ergebnis kommt eine von der Bundesregierung eingesetzte Expertenkommission, die den Auftrag hatte, Szenarien für die Zukunft des Zahlungsverkehrs zu entwickeln. Die geheime Kommission wurde eingesetzt, weil – so regierungsnahe Kreise – Angela Merkel im September vorigen Jahres das Vertrauen in den Euro verloren hat. Auslöser war nicht die Griechenland-Krise, sondern eine Fahrradtour in ihrer ostdeutschen Heimat. Wie Zeugen berichten, wollte sich die Kanzlerin an einem Imbissstand mit einem Grillhähnchen stärken, wurde dann aber von einem sprunghaften Anstieg der Goldbroiler-Preise in der Uckermark um über 30 Prozent überrascht. Die Bargeldbestände in ihrer sportiven Tchibo-Gürteltasche reichten jedoch nur für eine Flasche Duponia Kinder-Cola und eine kleine Tangermünder Nährstange.
Zurück im Amt, ordnete die Kanzlerin den sofortigen Arbeitsbeginn der Kommission an. Bei der Suche nach der zukunftssichersten Währung simulierten die Fachleute dann auf einem Supercomputer die allseits bekannten Problemsolving-and-Outlook-Development-Strategien, darunter Put-Pull-Probe, Drag-and-Drop-Drawdown, Arbitrage-Arschkarten-Analysis sowie Kristallkugeling – und kamen auf ein eindeutiges Ergebnis: Als amtliches Zahlungsmittel empfehlen die Experten Sanifair-Gutscheine. Diese werden mit einem Nennwert von 70 Cent bisher nur an Autobahn-Raststätten ausgegeben. Davon entfallen 20 Cent auf die Toilettenbenutzung, und mit den restlichen 50 Cent wird über unnötigen Süßkram eine Diabetes Typ II finanziert.
Nach Ansicht der Experten haben die Wertbons gegenüber anderen Währungen unschlagbare Vorteile, zum Beispiel sind die Verbraucher bereits mit dem System vertraut und die Gutscheine sind als inoffizielle Zweitwährung akzeptiert. Auch Ausländer auf der Durchreise haben viel Freude beim Betrachten der farbenfroh schimmernden Sicherheitshologramme; wenn sie den Sinn der Bons auch nicht immer verstehen.
Die Gutscheine bieten sogar die Möglichkeit, vom traditionellen Bankkonto unabhängig zu werden, denn sie eignen sich ausgezeichnet als Geldanlage. Schon jetzt fahren mobile Kleinsparer Millionen Sanifair-Bons in ihrem Portemonnaie spazieren – ein Geldwert, der in etwa dem Bruttoinlandsprodukt von Luxemburg entspricht. Außerdem kann die Flexibilität des neuen Zahlungsmittels durch eine geschickte Stückelung erhöht werden. Die Kommission empfiehlt exemplarisch die Einführung von 70-Euro-Wertbons: 20 Euro für das ganz große Geschäft und 50 Euro für die Wochenendration Snickers.
Für das Couponsystem wurden bereits einige interessante Kundenbindungsprogramme entwickelt, die dessen Attraktivität weiter erhöhen. Eine Idee: Groß machen, aber klein spülen, gibt einen Extrabonus vom Wasserwerk. Ein weiterer Vorschlag ist das „Scheiße zu Gold“-Sammelprogramm zur Vermögensbildung. Ein Sanifair-Manager kommentiert das Angebot mit den launigen Worten „Geld stinkt nicht – wenn vom osteuropäischen Personal ordentlich geputzt wird“. Auch der Bereich Charity hat viel Potenzial, denn ein Fünftel der Coupon-Inhaber lässt diese verfallen und beschenkt den Toilettenservice-Anbieter schon jetzt in einem Akt selbstloser Mildtätigkeit.
Eines der wenigen Risiken für das neue Zahlungsmittel wäre eine Vertrauenskrise. So glauben nur 30 Prozent der Nutzer, dass die „Waterless“-Urinale genau so hygienisch sind wie die klassischen Wasserspül-Pinkelbecken, alle anderen betrachten die Trockenpissoirs als vergeblichen Versuch, die Naturgesetze außer Kraft zu setzen.
Angela Merkels Experten glauben aber, dass die Zweifel zerstreut werden können: Die internationalen Börsen zeigten schließlich, dass sich beim Thema Geld letztlich immer die Vernunft durchsetzt. Zudem waren Entwicklungen, die ihren Anfang mit der deutschen Autobahn nahmen, schon immer gut für Deutschland und die Welt.
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