Die Wahrheit: Schwarze Sheriffs auf Patrouille
Kürzlich habe ich am Hannoverschen Hauptbahnhof minutenlang einen schwarzen Mann angestarrt ...
K ürzlich habe ich am Hannoverschen Hauptbahnhof minutenlang einen schwarzen Mann angestarrt. Ich beging diese Unhöflichkeit nicht etwa aus sexueller Begierde oder dumpfem Rassismus, sondern weil ich verstört war. Denn dieser junge Mann trug eine Polizeiuniform – und war trotzdem schwarz. Das sieht man nicht oft. Noch seltener als einen Polizisten mit orientalischer Abstammung. Leider spiegelt die deutsche Polizei die multiethnische Gesellschaft nach wie vor sehr ungenügend wieder und bleibt weiterhin größtenteils „arisch“.
Warum liegt auf der Hand. Zunächst einmal muss man, um Polizeibeamter zu werden, die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen. Das schließt schon mal die aus, die den deutschen Pass verweigern, weil sie es zu Recht als eine Zumutung empfinden, dafür die Staatsangehörigkeit der Eltern aufgeben zu müssen. Wobei interessant ist, dass dieses alberne Doppelpass-Verbot nur für Türken, Araber, Afrikaner und andere Exoten gilt, nicht aber für EU-Europäer, wie zum Beispiel Briten.
Die dürfen problemlos ihren britischen Zweitpass behalten und nicht nur Polizist, sondern sogar Ministerpräsident werden. Der schottische Niedersachse David McAllister kokettierte im Wahlkampf sogar mit seiner doppelten Staatsangehörigkeit und warb für sich mit „I’m a Mac“ als Mittelding zwischen Kreativ-Computer und Fleischklops. Interessant ist, dass das Land Niedersachsen ausgerechnet in der Amtszeit dieses binationalen Ministerpräsidenten zum Spitzenreiter im gnadenlosen Abschieben von Familien und Kindern aufstieg.
Der ausführende Innenminister Uwe Schünemann wurde nach dem Wahlflop seines Chefs nun aber erfreulicherweise selbst abgeschoben: Von Hannover in seine Heimatstadt Holzminden, wo er nun vermutlich täglich die Freiwillige Feuerwehr vor seinem Haus auf und ab paradieren lässt und dabei mit dem Mund Blasmusikgeräusche macht, damit wenigstens noch ein wenig uniformierte Zackigkeit in seinem Leben stattfindet.
Doch zurück zum Thema: Wer noch weitere Gründe für das geringe Interesse der migrantischen Jugend am Polizeidienst sucht, sollte mal dunkelhaarige oder -häutige Menschen nach ihren Erfahrungen mit der Ordnungsmacht befragen. Etwa mit der Praxis des „racial profiling“, dem demütigenden Ausweis-Kontrollieren aufgrund von „ausländischem“ Aussehen.
Diese rassistische Standard-Ermittlungsmethode vermittelt allen so kontrollierten Menschen die klassische Türsteher-Botschaft: „Ihr kommt hier nicht rein“. Beziehungsweise – weil sie ja schon drin sind: „Geht weg. Ihr gehört nicht hierher.“ Man braucht übrigens weder gebrochenes Deutsch zu sprechen noch einen fremden Pass zu haben, um solchermaßen „geprofiled“ zu werden. Man muss einfach nur kanakoid aussehen.
Da setzt meine Hoffnung an: Mehr oder weniger dunkel getönte Polizisten, würden bei einer solchen Aktion vielleicht denken: „Bin ich bescheuert? Ich seh ja selbst so aus, also lass ich den Quatsch mal.“ Naiv hoffen wird man ja noch dürfen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
Demokratieförderung nach Ende der Ampel
Die Lage ist dramatisch