Die Wahrheit: „Liebes deutsches Volk …“
„Deutschland wird nicht in Wembley verteidigt!“ Jetzt spricht der Euro Hawk! Persönlich. Ehrlich. Schonungslos. Der offene Brief einer Drohne.
„Liebes deutsches Volk,
mein Name ist Hawk, Euro Hawk. Ursprünglich war ich einmal das Lieblingskind von Thomas de Maizière, wurde gehegt und gehätschelt und der Öffentlichkeit als Superdrohne verkauft. Seit Tagen nun werde ich nur noch als Desaster oder Debakel bezeichnet und bin der Auslöser für eine waschechte Affäre. Das habe ich nicht verdient!
Ich bin in dieses Land gekommen, um ihm zu helfen, ihm zu dienen. Ja, glaubt ihr Deutschen denn wirklich, die Welt da draußen ist nur Champions League? Deutschland wird nicht in Wembley verteidigt!
Einige wenige Deutsche beklagen sich darüber, dass für meinen Kauf angeblich irrsinnige Unmengen an Steuergeldern verschwendet wurden. Aber ich sage Ihnen: Ausländische Spitzenkräfte haben nun einmal ihren Preis. Und etwas mehr als eine halbe Milliarde Euro sind für Europas Wirtschaftswunder-Spitzenland doch höchstens Peanuts. Damit könnte man eine hoch verschuldete Stadt wie Bielefeld gerade mal zur Hälfte sanieren.
Außerdem sollten Sie sich fragen: Was ist die Alternative im Kampf gegen den internationalen Terrorismus? Wollen Sie künftig rüstige Rentner zur Aufklärung nach Afghanistan schicken, die sich dann auf afghanische Fensterbretter stützen und von dort per Feldpost Meldung erstatten?
Gut, ich funktioniere hin und wieder nicht richtig, ich müsste für viel mehr Geld nachgerüstet werden. Aber ist es nicht genau das, was mich so menschlich macht? Was mich Ihnen näher bringt? Wer von Ihnen ohne menschlichen Makel ist, der werfe den ersten Stein.
Warum behandeln Sie mich dann wie eine Aussätzige? Muss ich mich etwa demnächst am Ballermann auf Mallorca als Spaßdrohne verdingen? Erleide ich dasselbe schlecht bezahlte Schicksal wie so viele andere, voller Hoffnung nach Deutschland gekommene Migranten? Werde ich die erste Drohne der Welt sein, die Hartz IV bezieht? Noch ist es nicht zu spät, dieses Schicksal abzuwenden.
Wir könnten meine teuren Einsätze ganz einfach zu einem nationalen Erlebnis machen. So könnte mich das ZDF auf Ihre Kosten, liebe Gebührenzahler, in den Kampf gegen den internationalen Terrorismus schicken und live darüber berichten. Ähnlich wie beim Champions-League-Finale könnten sich Millionen Deutsche vor den Riesenfernsehgeräten versammeln und sturzbetrunken mitfiebern. Anders als die Stürmer des BVB treffe ich garantiert, wenn auch nicht immer ins richtige Tor. Und dazu schreit dann Béla Réthy: ’Der erste Punch ist gesetzt!‘
Ein Krieg mit Public Viewing wäre ein Heidenklumspaß erster Güte, ein zweites Sommer de Maizièrchen, mit dem sich das bald aufkommende Sommerloch locker stopfen ließe. Deshalb, Ihr lieben Deutschen, geben Sie mich nicht einfach auf. Glauben Sie an mich!
Ich verbleibe mit ferngelenkten Grüßen und einem kräftigen ’Mia san mia‘, Ihr Euro Hawk.“
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