Die Wahrheit: Einmal Hölle und zurück
Düstere Wolken verfolgen Sie auf Schritt und Tritt? Sieben Tipps gegen die drohende Herbstmelancholie – der Wahrheit-Ratgeber.
Draußen ist alles trist und grau? Es nieselt und windet kalt? Düstere Wolken verfolgen Sie auf Schritt und Tritt? Dann leiden Sie an Herbstmelancholie! Jetzt heißt es: dringend handeln! Nur wie? Die Wahrheit gibt sieben Tipps, wie Sie die Melancholie leichter Hand links überholen.
Starker Raketentreibsatz
Bewährt hat sich gegen trübe Stimmung und finstere Gedanken ein altes Hausmittel: ein kräftiger Einlauf mit Franzbranntwein. Sie werden bemerken, auf einmal haben Sie ganz andere Probleme. Von weit oben sehen die Schwierigkeiten dieser Welt wunderbar klein aus. Und mit etwas Glück meldet sich sogar die Nasa bei Ihnen und bietet ihnen einen Job als Rakete an.
Transformiertes Gefühl
Ein anderer Weg ist die emotionale Transformation. Wenn Sie an einem Computer arbeiten, kennen Sie das. So genügt etwa schon ein Viertelstündchen mit dem höllischen taz-eigenen Redaktionssystem, um jede Melancholie in blanken Hass oder pures Entsetzen zu verwandeln.
Literarische Ablenkung
Lenken Sie sich mit Büchern ab. Lesen Sie mal wieder etwas krass Anspruchsvolles, zum Beispiel Martin Heidegger. Sie werden sehen, in null Komm nix sind Sie jenseits von Mythos und Melancholie. Ihr eigenes Dasein wird Ihnen bei dem Geschwurbel gleich viel rosiger vorkommen.
Tierische Verzückung
Sehen Sie sich richtig süße Katzenvideos im Internet an. Die Chancen, dass dies hilft, stehen allerdings fünfzig zu fünfzig. Seien Sie deshalb gewarnt, es kann Ihre Stimmung auch verschlimmern. Sie können zum Katzen-Hitler werden. Springen Sie in diesem Fall zu Punkt sieben.
Familiärer Transfer
Wenn Sie denken, es geht Ihnen richtig schlecht, wird es Zeit, bei Omi vorbeizuschauen. Oma und ihre verstaubte Hütte. Mit den hundert Jahre alten steinharten Knödeln zu zähem Schweinebraten. Danach werden Sie so am Boden zerstört sein, dass Sie sich nicht einmal mehr an Ihre eigenen Probleme erinnern können.
Musikalische Endstufe
Wie wäre es mit einem Besuch in einem Musical? Bei Melancholie ist anspruchsloses Geseier und ambitioniertes Gehopse genau das Richtige, um das melancholische Gehirn aus der kognitiven Rückkopplung zu holen. Musicals sind der absolute Tiefpunkt der Musikgeschichte. Danach kann es nur noch bergauf gehen.
Ultima Ratio
Hilft all dies nicht, dann bleibt noch ein todsicheres Mittel gegen festsitzende Herbstmelancholie: Selbstmord. Das ist gar nicht so furchtbar, wie es zunächst klingt. Der Vorteil ist: Es funktioniert immer! Alle trüben Gedanken sind auf einmal wie weggeblasen.
Der Nachteil ist: Wenn sie im Himmel landen, wo den ganzen Tag Musicalgedudel läuft, herrlicher Schweinebraten nach Omas Art gefuttert wird, süße Kätzchenvideos auf Riesenbildschirmen laufen, Heidegger vor sich hin sabbelt, jeder Computer funktioniert und der Franzbranntwein in ihrem Arsch Sie raketenartig dorthin katapultiert hat, dann wollen Sie doch lieber dieses melancholische Herbsterdenleben weiterführen, nicht wahr?
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Comeback der K-Gruppen
Ein Heilsversprechen für junge Kader
Pro und Contra
US-Präsident Biden hat seinen Sohn begnadigt – richtig so?
Außenministerin zu Besuch in China
Auf unmöglicher Mission in Peking
Verkauf von E-Autos
Die Antriebswende braucht mehr Schwung
Warnstreiks bei VW
Der Vorstand ist schuld