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Die WahrheitMeister des Mainstreams

Kolumne
von Bernd Gieseking

Ich bin ein stinknormaler Hetero. Das ist ja fast peinlich. Meine Eltern wussten von Anfang an, dass ich Durchschnitt bin. Normal.

I ch fühle mich schrecklich. Ich bin keine Minderheit! Bin ich dann automatisch Mainstream? Ich bin von Subkultur so weit weg wie die Zugspitze vom nächsten Erdbeerfeld. Bin ich genauso scheiße wie die anderen? Mittelmaß? Ich bin weder hochbegabt, noch wollte ich je mit meiner Mutter schlafen. Ich bin ein stinknormaler Hetero. Das ist ja fast peinlich.

Ich war etwas links, aber weil ich die Sprache in den K-Gruppen nicht verstand, habe ich mich nicht agitieren lassen, sondern bin auf Zeltfeste gegangen, habe getrunken und Schieber getanzt! Als ich das erste Mal auf Discos mit sogenannter „progressiver Rockmusik“ ging, also mit 18-minütigen Gitarrensoli und so, und alle „ohne anfassen“ tanzten, habe ich gedacht: „Ja, und wie komme ich hier nun an die Frau?“ Das erledigt der Ostwestfale beim Schwofen. Das heißt: eng tanzen.

Übrigens macht der Ostwestfale das bis heute so, trotz Internetforen. Schwofen ist nonverbale Kommunikation. Da ist dann ein Korb auch kein Korb gewesen, es lief nur nicht. Man merkt das. Sofort. Freundlicher kann der Mensch doch gar nicht absagen.

Ich fahre einen gebrauchten Mittelklassewagen. Wie jeder andere. Ich mag Currywurst mit Pommes, ich habe Übergewicht. Vielleicht deswegen. An manchen Tagen esse ich kein Fleisch, bin aber deshalb noch lange kein Vegetarier und brauche auch keinen Veggie-Day dafür, hab aber auch nichts dagegen.

Ich bin Durchschnitt! Absolut. Wobei man sich ja mittlerweile selbst als Marathonläufer nicht mehr abheben kann von der Masse, weil alle Marathon laufen. Ja, auch mit Übergewicht. In meiner Jugend war es ein absolutes Rätsel, wie Menschen in der Lage sein können, 42,195 Kilometer zu laufen. Das macht heute die Putzfrau. Das ist nicht abfällig gedacht. Ich liebe meine Putzfrau. Ich wäre aufgeschmissen ohne sie. Allerdings fährt sie ein Auto, das ist teurer als meins.

Das Einzige, was mich vielleicht heraushebt, ist, dass meine Putzfrau bis vor kurzem ein Putzmann war. Nein, keine Geschlechtsumwandlung. Er hat einen neuen Job. Mit einer Putzfrau, die eine Geschlechtsumwandlung vorgenommen hätte, ja, damit wär ich ganz vorne dabei! Aber nein, mein Putzmann feiert jetzt Bühnenerfolge, als Comedian! Übrigens indem er von meiner Wohnung erzählt. Ich war heimlich in seinem Programm und habe alles ganz genau wiedererkannt.

Ich habe nicht mal eine Eigentumswohnung. Neulich habe ich meinem Freund Achim gesagt: „Alle meine Cousins haben Häuser gebaut, alle! Ich hab nicht mal ne Wohnung, die mir gehört!“ Da hat er gegrinst und gesagt: „Na ja, eigentlich gehören uns mindestens zwei bis drei Kneipen.“ Aber haut es das raus? Ich meine, das Bukowski-Image war doch spätestens im Eimer, als ich den komödiantischen Putzmann engagierte, um meine neue Freundin nicht zu verlieren.

Alle meine Freunde haben Kinder, die etwas Besonderes sind. So haben meine Eltern ihre Söhne nie gesehen. Im Gegenteil. Meine Eltern wussten also von Anfang an, dass ich Durchschnitt bin. Normal. Haben meine Eltern etwa in allem recht?

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1 Kommentar

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  • W
    wunsch

    Menschen, die immer noch an "Geschlechtsumwandlungen" glauben und denken, dass beispielsweise transsexuelle Frauen mal Männer gewesen sindn gehõren dann wohl hoffentlich demnãchst mal einer Minderheit an. Transexuellen Menschen, die mit entgegengeschlechtlichen Körpermerkmalen geboren werden kann man das nur wünschen.