Die Wahrheit: Der homosexuelle Mann ...
... ist nicht nur links. Nun treten rechte und ganz rechte Schwule populistische Parolen breit – besonders wenn es um sogenannte Islamisten geht.
… kann nicht nur Frisör, er kann auch Starkstromelektriker. Er kann nicht nur links und fortschrittlich, er kann auch rechts und ganz rechts. Das ist überhaupt nicht neu, auch wenn sich das charmante Vorurteil vom gesellschaftskritischen Schwulen hartnäckig hält.
Neu ist, dass rechte Schwule jetzt nicht mehr mit Gesicht und Namen hinterm Berg halten, sondern sich stolz als Emanzipanzis gerieren, auch wenn sie noch nie einen Handschlag dafür getan haben, dass sich homopolitisch was nach vorn bewegt. Nein, sie trumpfen jetzt auf und tun so, als ob sie mit den übrigen Flügeln der Emanzipationsbewegung an einem Strang ziehen. Die geteilte Begeisterung für den Analverkehr wird auf einmal konstituierend für angeblich gemeinsame politische Ziele.
So feiern es „Lesben und Schwule in der Union“ (LSU) als Etappensieg, dass sie ihren Jahresempfang in der Parteizentrale ausrichten durften. Und dass der schwule CSU-Politiker Bernd Fabritius zum neuen Chef des „Bundes der Vertriebenen“ gewählt wurde, wird gerühmt wie die Erfüllung eines alten Bewegungstraums. Da wollen die Mitglieder der „Bundesinteressengemeinschaft Homosexuelle in der AfD“ nicht hintanstehen und beweisen, „dass bürgerliche Homosexuelle mit links-grünen Schreihälsen nicht vergleichbar sind“. Und in Köln wurde der schwule Michael Gabel zum neuen Vorsitzenden der rechtsextremen Wählervereinigung „Pro Köln“ gewählt, davon überzeugt, dass seine Muslimfeindlichkeit von den meisten schwulen Männern geteilt wird.
Publizistischer Lautsprecher der neuen Sichtbarkeit schwuler Rechter ist David Berger. Der einstige Herausgeber der papsttreuen Zeitschrift Theologisches ist heute Chefredakteur des schwulen Hochglanzmagazins Männer. Innerhalb kürzester Zeit hat er es geschafft, das einst politisch indifferente Blatt auf strammen Rechtskurs zu bringen. Berger nutzt jede Plattform, die das Internet hergibt, um seine konservativen Überzeugungen einer ständig steigenden Anhängerschar nahezubringen. Dabei beleidigt und diffamiert er Einzelpersonen, Gruppen und Institutionen, seine Abneigung gilt allem Linken, besonders der gleichnamigen Partei, aber auch Queerpolitikern, Lesben, Tunten, Muslimen und – wenn es opportun erscheint – den Grünen und der SPD.
Neben seinen eigenen Internetpräsenzen nutzt Berger Meinungsabwurfplätze wie die Huffington Post oder The European, um seine populistischen Parolen breit zu treten. Der Siegeszug rechter Homos sei nicht mehr umkehrbar, verkündet er, „ein gutes Zeichen für eine zunehmende Integration homosexueller Menschen“. Argumente dagegen seien „nur noch Rückzugsgefechte einer kleinen Minderheit, zusammengesetzt aus meist tragischen Gestalten, die sich als die sinngebenden Hohepriester der fiktiven ,Community‘ verstehen“.
Da wächst zusammen, was zusammengehört – die Homo-Rechte lässt sich begünstigen von einem, der im Schoß der katholischen Kirche gründlich gelernt hat, jeglichen Fortschritt im Keim zu ersticken.
Die Wahrheit auf taz.de
Leser*innenkommentare
hagerin
und was ist mit der homosexuellen frau?
Martin1
Also ich bin auch betroffen, und verurteile wie Homosexuelle in moslemisch dominierten Ländern behandelt werden: Sie werden schlichtweg aufgehängt!
Das steht so im Koran und der Sharia, und das nehmen sie als Rechtfertigung. :-/
Ich lebe aber nicht als "Rechter"! Wieso sollte Religionskritik auch "rechts" sein???
95820 (Profil gelöscht)
Gast
D.J. (er)kennt die Wahrheit nicht?
mowgli
Sollte ich etwa eine gewisse Enttäuschung herauslesen können aus Ihrer Kolumne, Herr Kraushaar? Das wäre echt schade. Immerhin würde es mir ja erklären, wieso sich „das charmante Vorurteil vom gesellschaftskritischen Schwulen [so] hartnäckig hält“. Es wäre halt zu schön gewesen! So easy auch. Nur eine (Gretchen-)Frage, schon ist klar, ob man total vertrauen kann oder doch eher hassen muss. Nie wieder fragen und nie wieder denken! Nur einmal sich kurz trauen bzw. sich interessieren für einen Anderen, dann nimmer mehr – was hätte man für Zeit für seinen eignen, natürlich hübsch gepiercten Nabel!
Nun ja, es soll vielleicht nicht sein. Womöglich liebt ja Gott (wenn es ihn gibt) seine Geschöpfe nicht nur bunt, sondern auch vorsichtig und aufeinander irgendwie fixiert. Es würde mich nicht wirklich wundern, auch wenn die Kirchen schon immer etwas anderes behauptet haben. Gerade deshalb. Denn mit der Emanzipation hat es die Kirche schließlich nie gehabt. So wenig, wie die CSU, die SPD oder die Grünen an der Spitze. Wer gern für andere das Wort erhebt, um irgend wen in fremdem Namen lautstark zu diffamieren, ist nur ganz rasch an der Macht. Und da wächst dann viel schneller noch zusammen, was wunderbar zusammen passt.
D.J.
Gast
(3) Aber mittlerweile ist die Welt so aus den Fugen, dass manche sich tatsächlich links Nennende schon alles stramm rechts nennen, was den real existierenden Islam kritisiert, auch wenn dieselben "Rechten" die kath. Kirche noch schärfer kritisieren (siehe Herr Berger). Irre Welt.
Ceterum censeo: Früher war Religionskritik mal links. Die viel Älteren werden sich erinnern. So, nun habe ich miese Laune.
D.J.
Gast
Oh, siehe da. Da gab es doch schon mal ein taz-Interview mit Herrn Berger. Komischerweise steht da das Gegenteil dessen, was Herr Kraushaar behauptet:
http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=tz&dig=2012%2F11%2F30%2Fa0129&cHash=bdde89b21a24c79d68b9fc0e53a1c900
D.J.
Gast
Hätte man auch nur ansatzweise erwähnt, wie sich Herr Berger mit der RKK verkracht hat und mit ihr auch in einem Buch abrechnet, hätte es vielleicht ein annähernd sachlicher Artikel werden können. So bleibt mir nach der Lektüre nur ein sehr ungutes Gefühl.