Die Wahrheit: Wir spielten vor Bornejoho
Gesellschaftsspiele sind etwas Wunderbares. Es sei denn, man hat eine Angstgegnerin, die sich bei fast jedem Spiel gnadenlos zum Sieg durchtankt.
M eine superschlaue Freundin ist neuerdings nicht mehr meine Freundin, sondern meine Quizduell-Angstgegnerin. Aber was wundere ich mich, ich hätte die Zeichen der Zeit erkennen können, als sie weiland bei einer Partie „Trivial Pursuit“ als erste würfeln durfte, und solange mit ihrem blöden Plastikrad durch die Themenbereiche rollte, bis alle Tortenstücke eingesammelt waren. Ohne dass ich auch nur andeuten konnte, dass ich eh keine Ahnung von Flüssen habe – obwohl das zum Beispiel beim „Wienfluss“ gar nicht stimmt, ich weiß nämlich ganz genau, durch welche Stadt er fließt, ich behalte das jetzt nur für mich, falls es noch mal in einer Quizduellfrage abgefragt wird.
Wissensspiele sind für Sissis, werde ich ihr bei der nächsten Niederlage trotzig ins Chatfenster schreiben, und das nicht als verklausulierte Antwort auf irgendeine überflüssige Kaiserin-Elisabeth-Hintergrundfrage meinen, sondern straight from my heart: Wissensspiele, ppphö! Das ist etwas für Schreibtischtäter. Echte Frauen wie ich machen echte, gefährliche Spiele, so wie „Greenpeace-Schiffe versenken“ oder „Dr. Bibber“ mit 220 Volt. Oder das BER-Pannen-Quartett, das es tatsächlich gibt, und das ich nicht gekauft habe, weil ich lieber warten möchte, bis es wirklich komplett ist.
Oder wir spielen „Therapy“, das nichts mit der nordirischen Metalband gleichen Namens zu tun hat – obwohl beide aus dem gleichen Jahr stammen. Es ist eines der letzten Brettspiele, deren Marktstart ich bewusst und mit genügend Zeit zum Ausprobieren wahrgenommen habe. Alles was ich über Therapien weiß, habe ich dort gelernt.
Es geht meist darum, die Spielpartner einzuschätzen – auf einer Skala von 1 bis 10: Wie hübsch findet dein Gegenüber sich? Oder: Welches Tier wäre deine Nachbarin gern? Und schon kann man prima in Fettnäpfchen treten und damit Wahrheiten generieren und eine Menge über andere Menschen lernen, ohne Verhaltensmuster tatsächlich zu ändern – typisch Therapie eben. Wer weiß schon, ob nicht auch in richtigen Therapien die ganze Zeit „Therapy“ gespielt wird. Zumindest in Gestalttherapien.
Meine beiden Alltime-Lieblingsspiele „Schlapp hat den Hut verloren“ und „Käptn Böff trinkt zum ersten Mal – Prost“ sind ebenfalls Disziplinen, in denen ich gern mal gegen die Angstgegnerin antreten würde. Dann hätte sich das was mit diesen ewigen dummen Fragen nach der drittgrößten Insel oder danach, wann Hermann Kemper sein Patent für die Magnetschwebebahn anmeldete. Wer weiß denn schon, dass Borneo größer als Madagaskar ist? Wenn Borneo so groß wäre, wieso gibt es dann kein Fahrtenlied dazu, hmm? „Wir lagen vor Bornejoho / und hatten ein Fest an Bord …“? Klänge doch auch gut.
Und wie die Elefantenkuh hieß, die damals in Wuppertal aus der Schwebebahn in die Wupper sprang, das weiß ich natürlich: Tuffi. Übrigens und apropos: Ausschließlich in Borneo gibt es den Borneozwergelefanten, der zufällig genauso groß ist wie Tuffi, als sie damals von Bord ging. Nur mal so nebenbei. Aber mich fragt ja keiner.
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