Die Verständnisfrage: Privatschule, Skiurlaub, Tennis
Liebe Millionärskinder, wie geht ihr damit um, reich geboren zu sein?, fragt ein Schüler aus Hamburg. Ein Student aus Heidelberg antwortet.
In der Verständnisfrage geht es jede Woche um eine Gruppe, für deren Verhalten der Fragesteller_in das Verständnis fehlt. Wir suchen eine Person, die antwortet.
Ein Schüler einer 10. Klasse aus Hamburg fragt:
Liebe Millionärskinder, wie geht ihr damit um, reich geboren zu sein?
***
Ein Student, 24, aus Heidelberg antwortet:
Eigentlich hat sich mein Leben immer ganz normal angefühlt. Nach außen sieht man mir und meiner Familie nicht an, dass wir reich sind. Wir haben zwar ein großes Haus mit Garten in einem guten Viertel, aber meine Eltern legen nicht viel Wert auf teure Autos und Markenkleidung.
Aber wenn ich darüber nachdenke, kann es schon gut sein, dass ich es ohne meine reichen Eltern etwas schwieriger gehabt hätte.
Ich hatte das Glück, auf ein privates Gymnasium gehen zu können. Verglichen mit der Gesamtschule, auf die ich vorher ging, war das Gymnasium besser ausgestattet. Vor allem aber hatte ich das Gefühl, dort besser reinzupassen.
Ich bin in einem ziemlich wohlhabenden Viertel in Heidelberg aufgewachsen und die Kinder der Gesamtschule haben in einer ganz anderen Ecke gewohnt. Ich wurde oft von meiner Mutter abgeholt und bin nicht mit den anderen Bus gefahren. Auf der Privatschule war das anders. Meine Mitschüler:innen wohnten in meiner Nachbarschaft. Sich zugehörig zu fühlen, ist schon wichtig, gerade als Kind.
Meine Geschwister und ich haben alle Tennis gespielt, das konnten sich die Kinder der Gesamtschule meistens nicht leisten. Anders war das beim Fußball. Fußball spiele ich schon, seit ich sechs Jahre alt bin. Da ist es egal, woher du kommst oder wie viel Geld deine Eltern haben. Aus dieser Zeit habe ich auch viele Freunde, die weniger privilegiert sind als ich. Wenn wir zusammen unterwegs sind und einer gerade pleite ist, dann unternimmt man einfach etwas, das nichts kostet.
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Nach Geld fragt mich nie jemand. Und auch ich bin manchmal pleite. Meinen Eltern ist es wichtig, dass ich lerne, mit Geld umzugehen. Gerade studiere ich Management an einer privaten Universität in Paris. Meine Eltern bezahlen meine Studiengebühren, mein WG-Zimmer und geben mir 700 Euro zum Leben. Manchmal ist es am Ende des Monats etwas knapp.
Während meines Bachelors und zwischen Abitur und Studium habe ich gejobbt, um mein eigenes Geld zu verdienen. Jetzt im Master bin ich aber froh, dass ich es mir leisten kann, nicht zu arbeiten und mich voll auf mein Studium zu konzentrieren. Mir ist klar, dass es mir echt gut geht.
Wann mir das bewusst wurde, kann ich gar nicht so richtig sagen, in der Gesamtschule wahrscheinlich. Große Reisen und der jährliche Skiausflug gehörten zu meiner Kindheit einfach dazu.
Die typischen Streitereien gab es aber auch. Ich erinnere mich noch, als mein Vater es nicht einsehen wollte, mir das neueste iPhone zu schenken.
Dass meine Freunde ähnlich viel Geld haben, bringt auch Vorteile mit sich. Neben dem ökonomischen Kapital, ist da nämlich auch das soziale Kapital. Viele meiner Kommiliton:innen haben Eltern, die in hohen Positionen in großen Firmen oder Banken arbeiten. Das kann hilfreich sein, um wertvolle Tipps und Ratschläge zu bekommen.
Nachteile darin, reich zu sein, sehe ich nicht. Aber eine Form von Verantwortung schon: gute Noten, mein Studium in Regelstudienzeit abzuschließen und irgendwann unabhängig sein. Schließlich hatte ich die besten Startvoraussetzungen. Außerdem weiß ich nicht, wann und wie viel ich erben werde. Und auch mir machen diese Zeiten, in denen wirtschaftliche Unsicherheit und Inflation herrschen, Sorgen.
Häh? Haben Sie auch manchmal Probleme andere Menschen zu verstehen? Wir helfen bei der Antwort. Schicken Sie Ihre Frage an verstaendnis@taz.de.
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