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Die Schuld der anderen für die Monokultur

Warum wird in Deutschland die Frauenhandball-WM nur im Internet gezeigt? Es regt sich Unmut

Handball-Manager Peter Prior vom Frauen-Bundesligisten Buxtehuder SV hat den Deutschen Handballbund wegen der fehlenden Liveübertragungen im Fernsehen von den Spielen der deutschen Frauen-Auswahl bei der WM in Spanien kritisiert. „Da drängt sich allerdings die Frage auf: Was hat der DHB dafür getan, dass die deutschen WM-Spiele ins TV kommen – bei welchem Sender auch immer?“, schrieb Prior am Donnerstag in einem Kommentar auf der Vereinshomepage.

Der Manager vom derzeitigen Tabellenfünften der Frauenhandball-Bundesliga nahm Bezug auf Äußerungen von Verbandspräsident Andreas Michelmann, der die öffentlich-rechtlichen Sender ARD und ZDF wegen der fehlenden Liveberichterstattung angegangen hatte und sie für die fehlende Präsenz der Handballerinnen verantwortlich gemacht hatte. Michelmann schimpfte gegenüber dem Sport-Informations-Dienst (sid): „Ich weiß gar nicht, wann es in Deutschland überhaupt das letzte Frauen-Handballspiel bei ARD und ZDF gegeben hat.“ Und führte weiter aus: „Gerade ARD und ZDF reden immer wieder von Diversity und praktizieren Gender-Mainstreaming. Aber in der Sportberichterstattung herrscht eine reine Monokultur.“ Michelmann erklärte, die deutschen Handball-Frauen hätten es sich verdient, mehr Aufmerksamkeit zu bekommen. Aber auch unabhängig vom Erfolg „gehöre es sich für eine Sportnation wie Deutschland“ endlich auch mal ein Weltmeisterschaftsspiel der Frauen im öffentlich-rechtlichen Fernsehen zu zeigen.

Michelmanns Kritik sei „absolut berechtigt und angebracht“, betonte Prior vom Buxtehuder SV einerseits. Er verwies allerdings darauf, dass der Deutsche Handballbund und sein Präsident selbst auch in der Verantwortung für die Missstände stehen. Andere Sportverbände würden dafür sorgen, dass die Rechtevergabe für Männer-Spiele auch mit Übertragungen von Frauen-Spielen verbunden werden.

Dass die WM-Partien bei Sportdeutschland.tv immerhin im Internet zu verfolgen sind, bewertete Prior zwar positiv, schränkte aber mit Blick auf die Übertragung des Hauptrundenspiels gegen den Kongo am Mittwoch ein: „Der Livestream wurde gleich drei Mal von Werbung unterbrochen und das Spiel ausgeblendet.“

Für Sportübertragungen sei das eigentlich undenkbar, meinte er. „Aber mit Frauen kann man es ja machen …“ Vom BSV gehören Torhüterin Katharina Filter und Lisa Antl zur DHB-Auswahl, die bei der WM in Spanien bislang alle ihre vier Spiele gegen Tschechien, die Slowakei, Ungarn und die Republik Kongo gewonnen haben. Am Freitag trifft das Team von Trainer Henk Groener auf den Asienmeister und Mitfavoriten Südkorea (15.30 Uhr/Sportdeutschland TV). Abschließender Gegner in der WM-Hauptrunde sind am Sonntag (20.30 Uhr) die ebenfalls sehr starken Däninnen.

Emily Bölk wies vor der Weltmeisterschaft in einem Interview mit dem Tagesspiegel darauf hin, dass die Handballerinnen in Dänemark und Ungarn von staatlichen Geldern und von Steuervergünstigungen für Unternehmen profitieren, die ebenfalls stärker die Klubs unterstützen. Bölk, die in Ungarn derzeit bei Ferencváros Budapest spielt, berichtete zudem davon, dass dort viele Handballspiele im Fernsehen gezeigt würden. Dass die WM-Spiele in Deutschland nur über einen Stream im Internet zu sehen sind, findet Bölk „schade“, aber man kämpfe auch beim Turnier in Spanien dafür, dass sich das ändert. (taz, dpa)

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