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„Die Partei“ bei der EuropawahlEin Bombenerfolg

Künftig könnte „Die Partei“ mit drei Abgeordneten im Parlament sitzen. Auch andere Kleinstparteien holen Mandate. 2024 wird das aber schwieriger.

„Die Partei“-Spitzenkandidaten Sonneborn feierte schon mal vor Foto: dpa

Berlin taz | Neben den Grünen hat die Europawahl noch einen zweiten großen Gewinner: Die Satirepartei „Die Partei“. Hochrechnungen zufolge erhält sie rund 2,5 Prozent der Stimmen und wird damit stärkste Kleinstpartei. Weil bei der Europawahl die Fünf-Prozent-Hürde nicht gilt, wird „Die Partei“ sicher ins Parlament einziehen – voraussichtlich mit drei Mandaten. Damit überträfe sie ihr Wahlziel von zwei Mandaten.

Bei der Europawahl 2014 landete die Partei noch bei 0,6 Prozent und holte somit nur ein Mandat, das an den Satiriker Martin Sonneborn ging. Ins Parlament folgen könnten ihm nun der Kabarettist Nico Semsrott und Lisa Bombe, die nur wegen ihres Namens einen vorderen Listenplatz erhalten hatte. Erste Nachrücker sind Bennet Krieg und Kevin Göbbels.

Vor allem unter jungen WählerInnen konnte „Die Partei“ offenbar punkten. Ersten Zahlen der Forschungsgruppe Wahlen zufolge holte sie bei Unter-30-Jährigen rund 8 Prozent der Stimmen. Damit lag sie in dieser Altersgruppe vor AfD (6 Prozent) und Linkspartei (7 Prozent), gleichauf mit der FDP (8 Prozent) und knapp hinter der SPD (10 Prozent). Spitzenkandidat Semsrott kommentierte das Wahlergebnis am Abend auf Twitter. „Lol“, schrieb er dort.

Da es bei der Europawahl keine Sperrklausel gibt und rund 0,5 Prozent der Stimmen für ein Mandat reichen, stimmen generell mehr WählerInnen für Kleinparteien als bei anderen Wahlen. Zusammen liegen die Kleinen laut Hochrechnungen bei rund 14 Prozent. Neben „Die Partei“ haben auch Freie Wähler, Piraten, Tierschutzpartei, Volt, ÖDP und Familienpartei gute Chancen, ins Parlament einzuziehen. Die NPD dagegen wird ihr einziges Mandat offenbar verlieren.

Bei der nächsten Europawahl im Jahr 2024 könnten es die Kleinstparteien aber schwerer haben: Die EU hat vor kurzem beschlossen, für künftige Wahlen wieder Sperrklauseln einzuführen. Die Koalition in Deutschland hätte die Vorgabe gerne schon für diese Wahl umgesetzt, rechnete laut Medienberichten aber nicht mit der nötigen Mehrheit in Bundestag und Bundesrat und vertagte das Vorhaben daher.

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17 Kommentare

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  • Dieses Mal habe ich mich nicht für Die Partei entschieden aber auch für keine der "Etablierten"(die alles "etabliert" an die Wand fahren und sich bestenfalls, egal ob rechts oder links in blinden Reflexen ergehen.) und mache den Wahlzirkus eigentlich nur mit ,um das Mindestmögliche an Volksbeteiligung zu erfüllen.Selbst wenn ich nicht wirklich mehr dran glaube.



    Sonneborn tritt den üblich verdächtigen Polit-Parasiten, Dealern und Hehlern, Sahneabschöpfern und Schwätzern d. pol. Alltagsgeschäfts (jene dicken alten Männer die er so gern erwähnt) mit satirischen Mitteln vors Schienbein, ebenso wie allen anderen Wichtigtuern, die z.B. glauben über ein Zeitungsforum Politik "mitgestalten" zu können.Die so Getretenen führen sich dann in aller Regel selbst vor und entlarven ungewollt den heutigen EU-Betrieb mit seinem artifiziellen Europa-Begriff als das was er ist : Eine Scharade für den Erhalt von Fressnäpfen für eigentlich simple aber gerade deswegen Ego-überhöhte (u.zumeist kognitiv-dissonante) Verwaltungsangestellte der peinlichen Art.In diesem einen Punkt und NUR in diesem Punkt muss ich Vicky Nuland zustimmen: Zitat : "Fuck the EU" (obwohl selbst Sonneborn das immer noch anders sieht und tatsächlich noch an "Chancen" glaubt). So ein sonniges Gemüt hätte ich auch gern auch noch....

  • 8G
    88181 (Profil gelöscht)

    Wir dürfen eins nie vergessen:

    www.youtube.com/watch?v=dzdBE6c1cwA

  • 7G
    76530 (Profil gelöscht)

    Da schmettere ich mal ein herzhaftes "Spaßbremse" an Herrn Schulze.

    Warum schon bei 2024 aufhören?

    Auf lange Sicht ist (wie der Titanic-Vorgänger 'Pardon' bereits wusste) die Menschheit ohnehin nicht zu retten.

    Und: es soll schon Menschen gegeben haben, die sich aus Angst vor dem Tod selbst getötet haben.

    Weil: Wer früher stirbt, ist länger tot.

  • Ich weiß nicht, ich weiß nicht.... was Die Partei tut, ist natürlich politisch, aber eben kein politisches Handwerk (das es in einem Parlament schon geben sollte). Ihre Ausagen sind mir sympathisch, aber irgendwie ist es dann doch nur ein postmodernes "Hauptsache der Witz ist gut".

  • Glückwünsche an Martin Sonneborn, Nico Semsrott und Lisa Bombe. Macht den EU-Demokratiesimulanten weiterhin Licht am Fahrrad.

    Dass ihr CDU/CSU/SPD dort maximal auf den Sack geht, ist offensichtlich, gut so.

    Deswegen betreiben die deutschen "Volksparteien" auch die Wiedereinführung einer 2- bis 5-Prozenthürde für EU 2024. War Rezo noch nicht klar genug? Die Passage "besser, dass das hier mit demokratischen Mitteln geregelt wird, als mit Aufständen".

    Das BVerfG hat 2014 die 3-Prozent-Hürde für die EU-Wahl als verfassungswidrig gekippt. Sowas hat die Verfassungsfreunde aus CDU/CSU/SPD aber noch nie irritiert, wenn es um die eigenen Pöstchen geht.

    Also, PARTEI, klagt diesen antidemokratischen Scheiß in Grund und Boden. Spendenkonto? Habt ja schon mal eine Selbstbereicherungsregelung für etablierte Parteien erfolgreich abgeräumt, von der fast niemand wusste, die die AfD aber immerhin verstanden hatte, siehe www.br.de/puls/the...interview-100.html. Das Parteienfinanzierungsgesetz wurde daraufhin geändert.

    So, und nachdem jetzt auf EU-Ebene die Betonfraktion gehörig rasiert ist, können wir uns den Grünen zuwenden, weiterhin von oben weg. Sonneborn: "Die Grünen sind die neue SPD". Na hoffentlich, nur schneller. Wenn ihr wissen wollt, wie man als Partei der Besserverdienenden die Rechte mit Umweltpolitik auf dem Rücken von Schlechtverdienenden stark macht, schaut mal nach Frankreich.

    • @uvw:

      Und ich verstehe bis heute nicht, warum die SPD da mitmacht, die letzten 2 oder 3 Sitze können 2029 mal die Letzten sein, die die Partei überhaupt noch gewinnt.

  • Als einmaliger Gag war DiePartei ganz witzig. Aber zur politischen Arbeit im Parlament nicht. Herr Sonneborn nimmt sich persönlich viel zu wichtig unf fördert ansonsten lediglich das Unbehagen an der EU-Bürokratie.

    Ein bisschen wenig als Tätigkeit

    • @Sven2000:

      Lieber Sven2000,



      ich begebe mich mal auf Ihr Niveau und antworte im selben Stil (eine Behauptung, die ohne jede Begründung daher kommt): „Sven2000 schreibt unbedachten, unüberlegten Müll. Die Partei ist macht klare, direkte und vernünftige Politik mit den Mitteln der Satire. Im Gegensatz zu vielen anderen Politikern nimmt er sich nicht wichtig, sondern hat kein Problem damit, sich für die Sache zum Affen zu machen. Er und Die Partei stärken somit das Vertrauen in die EU-Bürokratie (und in die deutsche). Sehr viel Ergebnis für einen einzigen Abgeordneten. Wenn man sieht, wie viel er leistet, dann erscheinen die anderen Abgeordneten als deutlich überbezahlt.“



      Jetzt zurück auf meines: Ihr Beitrag zeugt davon, dass Sie die politische Arbeit der Partei Die Partei nicht kennen oder nicht verstehen. Vermutlich noch nicht mal das Prinzip, welches Herr Sonneborn selber deutlich sagt: „ernsthafte Politik mit den Mitteln der Satire“. Ein Mittel etablierter Politik großer Parteien ist z.B. das „aktive Totschweigen“ von Themen oder Meinungen, die nicht passen. Die Partei schafft es, bestimmten Themen (natürlich nur sehr wenigen) Raum zu geben (z.B. die Art der Parteienfinanzierung, siehe Beitrag von UVW und den Link) und schafft damit (natürlich nicht immer) nachweislich Veränderungen.



      Leider sehe ich noch keine Möglichkeit, mit Ihnen eine Diskussion zu führen, da dieses ein Mindestmaß an Wissen voraussetzt, welches ihr Beitrag leider nicht zeigt.



      Nur für den Fall, dass Sie eine Empfehlung möchten (sonst bitte nicht weiterlesen) – informieren Sie sich gründlich.



      mit freundlichen Grüßen



      Eokdipl

      • 7G
        76530 (Profil gelöscht)
        @Eokdipl:

        Als zustimmende Ergänzung - und als zu knackende Nuss für die einfacheren Gemüter des Forums:

        Spass sollte ganz besonders mit den Mitteln der Ernsthaftigkeit betrieben werden.

        Hä?

    • @Sven2000:

      Leider wahr...eine Sperrklausel muss kommen.

    • @Sven2000:

      Das mag sein, das er sich wichtig nimmt,ist aber auch keine große Kunst als einzigen Abgeortneter so wahrgenommen zu werden.



      Setzt man die Aussenwirkung mit den Prozentsatz der Wählerstimmen in ein Verhältnis, so war die letzte Stimme von mir noch nie so wirkungsvoll wie in der letzten Legislaturperiode.



      Wenn es so weiter geht,können sich alle Europapolitikinteressierten freuen. Glückwunsch

  • 9G
    90118 (Profil gelöscht)

    wenn alle anderen parteien satire betreiben, muss die partei politik machen.



    so, in etwa, ist die rechtfertigung für die bisher praktizierte, verantworungsvolle ernsthaftigkeit der partei.

  • 1. Ich habe sie auch gewählt... Ü50, weil



    2. "Satirepartei"? Was soll die alberne Etikettierung? Das überlasst Jörg Schönborn, der es partout nicht lassen konnte, die PARTEI (als einzige Partei in der Hochrechnungspräsentation!) auf gleiche Weise zu verharmlosen.



    Letztes Jahr habe ich irgendwo (Heute-Show?) eine Rede von Martin Sonneborn im EP gesehen, ca. 2 Minuten spätabends vor fast leerem Plenum. Kein routiniertes Bla-Bla, sondern konsequent soziale und ökologische Politik, wie sie früher die Grünen der Vor-Kosovo-Ära vertreten haben. Jeder Satz hundertprozentig meine Meinung! - Schön, endlich mal wieder mit reinem Gewissen wählen zu können.

  • Wenn das Wachstum so weiter geht, dürften es 2024 locker 10% werden. Auf gehts.

  • Ich finde es blöd wenn Satire "RosettenClowns" gewählt werden. Das Poltik Verständnis wird dadurch nur noch mehr torpediert.

    • @Justin Teim:

      Ehmm, was machen denn die "etablierten Parteien" so viel anders? Sicher keine seriöse Politik... Und ich denke, dass Menschen die Sonneborn, Semsrott und Co genauer zuhören und verstehen, evtl tatsächlich ein besseres Polit-Verständnis entwickeln.

    • 7G
      76530 (Profil gelöscht)
      @Justin Teim:

      Ein Post, der nach einem passenden Deckel schreit.

      Eine seltene Harmonie von Inhalt (Semantik) und Form (Orthographie).

      Bitte mehr davon. In Time, wenn's Recht ist.

      Hope you'll enjoy. :-)