Die LGBTIQ*-Disco Busche ist Geschichte: Ausgetanzt
Das Clubsterben geht weiter. Die Busche, eine der größten LGBTIQ*-Discos in Berlin, hat zugemacht. Nach Corona liefen die Kosten aus dem Ruder.

Passend zum Bedeutungsverlust hat zuerst die B. Z. und kein queeres Medium über das Aus berichtet. Busche-Betreiberin Carla Pahlau hat dem Blatt erzählt, warum nach vier Jahrzehnten Schluss ist: „Der Hauptgrund sind die gestiegenen Kosten“ bei Strom, Gema, Versicherungen, Müllabfuhr, Miete, Lohnkosten und Getränken. „Das kann man als kleines Unternehmen nicht mehr auffangen“, so Pahlau. Erschwerend komme hinzu, dass sich die Besucherzahlen seit Corona halbiert hätten. „Die Clubkultur ist nicht mehr die gleiche.“ Heute gebe es mehr Heimpartys oder Raves im Park.
Damit fordert das Berliner Clubsterben ein weiteres Opfer. Clubs wie das Watergate haben bereits zugemacht, weil es sich finanziell nicht mehr rechnete. Andere wie das SchwuZ kommen ins Trudeln. Dabei ist partymäßig viel in Bewegung, wie neulich Emiko Gejic, Pressesprecherin der Clubcommission, im taz-Interview sagte. „Es gibt viele solidarische Netzwerke, Veranstalter:innen aus queeren und migrantischen Communities. Und es gibt viele neue Formate, die mehr Fokus auf Community, Diversität, Inklusion und Awareness legen.“
Nun, das traf auf die Busche alles eher nicht zu. Die Diskothek zehrte lange vom Ruhm vergangener Jahre (ohne Internet und Social Media). 1985 an der Weißenseer Buschallee – daher der Name – in einem Mehrzweckgebäude eröffnet, wo mittags die Schulspeisung und nachmittags ein Seniorentreff stattfand, durften hier Lesben, Schwule und deren Freunde sie selbst sein und Party machen. Die DDR hatte damals ihre Politik gegenüber Homosexuellen verändert, setzte nicht mehr auf Schikanen, sondern ermöglichte unter anderem Kontaktanzeigen und eben Begegnungsorte wie die Busche.
DER Treffpunkt für Schwule und Lesben in der DDR
Schon damals gab es eine wilde Musikmischung aus Schlagern, DDR-Hits und internationaler Mucke von Jimmy Somerville bis Madonna. Die Busche war eine Institution und zu DDR-Zeiten der bekannteste Treffpunkt der Republik für Schwule und Lesben, mit großer Sogwirkung auf das Umland, wo es an Angeboten mangelte.
Nach dem Ende der DDR übernahmen die (heterosexuellen) Schwestern Connie und Carla Pahlau die Busche. Nach einigen Umzügen war die Disko seit 2004 am Warschauer Platz in Friedrichshain zu Hause, von den einen heiß geliebt, von den anderen spöttisch belächelt. „Unweit des Berghains war die Busche immer die Antithese zum angesagten Szene-Club und Touri-Magneten“, wie es die Kolleg:innen der Siegessäule so schön formulieren. „Hier gab es ein bisschen Ost-Mief und Nostalgie, DJs, die Musikwünsche mit Durchsagen erfüllten, und ein wenig familiäre Dorfdisco-Atmosphäre.“
Im August 2023 stand der Club unerwartet in der Kritik, als die Betreiberin medienwirksam gegen ein geplantes Asylbewerberheim in der Nachbarschaft stänkerte. Carla Pahlau hatte einen offenen Brief an den Regierenden Bürgermeister Kai Wegner adressiert, in dem sie die Eröffnung eines Gefüchtetenheims mit bis zu 650 Menschen in einem früheren Hostel ablehnte: Das gefährde die Existenz des Clubs. Dazu gab es pauschale Vorwürfe gegenüber Migrant:innen und auch islamfeindliche Ressentiments.
Egal, wie man zur Busche stand: Mit dem Ende der Diskothek geht erneut ein queerer Begegnungsort verloren. Das ist bedauerlich und alarmierend. Für Klaus Lederer, Sprecher für Queerpolitik in der Linksfraktion des Abgeordnetenhauses, hat das Aus eine politische Dimension: „Auch solche Anlaufpunkte brauchen queere Menschen, denn unsere Communitys sind vielfältig“, sagte Lederer der B. Z.. „Gehen sie verloren, wird der soziale Kosmos kleiner, Berlin ärmer und queeres Leben unsicherer.“
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