Die Gelage des RBB: Ein Prosit, ein Pro-ho-sit der Gremien-Gemütlichkeit
Die lustigsten Enthüllungen des Landesrechnungshofs: Beim RBB gab es 2022 einen unerwarteten Fokus auf Spieße, Sandwiches und teures Catering.
D eutschland hat ein völlig falsches Bild von Landesrechnungshöfen. Von wegen staubtrocken-graue Wichtel wälzen endlos Zahlen, bis sie vom Sensenmann mit der Quadratwurzel geholt werden. In Wahrheit produzieren sie mitunter die lustigsten Erkenntnisse der jüngeren Mediengeschichte.
Wie der Rechnungshof aus Brandenburg, der den RBB durchleuchtet hat. Es ging um den Skandal von 2022 und die Frage, was bei wem schief lief. Vor allem in den Aufsichtsgremien wie Rundfunk- und Verwaltungsrat, die auf ganzer Länge versagten.
Die Antwort ist so weihnachtlich wie unerwartet. Es waren die Kekse. Beziehungsweise das viele Essen und Catering. Wer sich den Bericht auf der Zunge zergehen lässt, merkt, dass die Heimat des Mottos „Hauptsach, gudd gess“ gar nicht das Saarland ist, sondern die märkische Streusandbüchse zwischen Havel und Oder. Wo es beileibe nicht nur um Streuselkuchen ging.
Denn nicht allein die damalige Intendantin Patricia Schlesinger ließ es sich mit Gästen und fragwürdig-dienstlichem Hintergrund in den eigenen vier Wänden munden. Auch die Gremien langten heftig zu. Genüsslich zählt der Bericht die schönsten Menüs auf.
So hatte 2017 die Bewirtung einer Sitzung des Verwaltungsrats gemeinsam mit dem Finanzausschuss des Rundfunkrats für die 27 Teilnehmer*innen 3.570 Euro gekostet, „für laut Rechnung diverse Speisen & Getränke pauschal“. Macht 132 Euro pro Gaumen.
Spieße und Antipasti-Variationen
Die Sitzung dauerte gerade mal zwei Stunden. Ist die Runde vor lauter Essen überhaupt zum Arbeiten gekommen? Unter die Lupe genommen wurde die Zeit 2017 bis 2022. In der mietete der Verwaltungsrat gleich siebenmal einen schicken Club. „Dieser stellte für die Bewirtungen unter anderem eine Servicekraft, eine Barkraft und einen Koch gesondert in Rechnung.“
Für eine zweistündige Verwaltungsratssitzung 2018 mit 16 Personen machte das 1.408 Euro. Die konnten sich „u. a. Spieße, Antipasti-Variationen, belegte Brötchen sowie Kuchen und Gebäck“ schmecken lassen. Das hört sich bei 88 Euro pro Person nicht nach einem guten Deal an.
Die lustigste Episode spielt zur Coronazeit. Da tagte der Rundfunkrat virtuell, nur vier Personen waren am 9. Dezember 2021 in Präsenz da. Die bekamen „u. a. 23 Sandwiches, 20 Bouletten und 17 Obsttartes“ geliefert.
„Wer außer den vier genannten Personen noch an dieser Bewirtung partizipierte, war nicht aufklärbar“, heißt es im Bericht. Der nicht nur deshalb einen „groben Verstoß gegen die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit“ feststellt. Das klingt doch wieder sehr nach Behörde. Als wäre allen der Appetit vergangen.
„Schade, auch eine Wiedergutmachung, bei der Gremien- und Geschäftsleitungsmitglieder die Mitarbeitenden bewirten, wird wohl nicht schmecken?“, meint die Mitbewohnerin.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Vorsicht mit psychopathologischen Deutungen
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Polizeigewalt gegen Geflüchtete
An der Hamburger Hafenkante sitzt die Dienstwaffe locker
Preise fürs Parken in der Schweiz
Fettes Auto, fette Gebühr
Insolventer Flugtaxi-Entwickler
Lilium findet doch noch Käufer
Rekordhoch beim Kirchenasyl – ein FAQ
Der Staat, die Kirchen und das Asyl