Die Erde so richtig ausnehmen: Das Ende des Sparfimmels
Sie wollten sich bessern, aber wegen der Klimaproteste sagen die Menschen zum Umweltschutz „Nein, danke“. Zeit, das Schnitzel zum Weinen zu bringen!
W ir schreiben das Jahr 2046. Der Erdüberlastungstag, der den weltweiten Überverbrauch reproduzierbarer Ressourcen aufs jeweilige Kalenderjahr umrechnet, ist mittlerweile bereits am sechsten Januar erreicht, den „Eiligen Drei Königen“.
Von diesem Tag an lebt die Bevölkerung der westlichen Industrieländer den Rest des Jahres auf Pump, wie ein Junkie, der seine Großmutter ermordet hat, und jahrelang weiter heimlich ihre Rente kassiert. Wenn die Bullen nichts checken, kann man das ja machen.
Die Weichen für diese fatale Entwicklung wurden im Grunde schon vor über zwanzig Jahren gestellt: Denn hätten sich die jungen Leute damals nicht auf den Straßen festgeklebt, so dass viele zu spät zum Squash, ins Kino oder zum Proktologen kamen, wäre alles völlig anders gelaufen. Tiefe Einsicht in die ökologischen Notwendigkeiten hätte sich, wie vom heiligen Naturgeist eingehaucht, von ganz alleine eingestellt. Das Auto wäre abgeschafft, und durch ein Lastenfahrrad ersetzt worden. Mit dem wäre man dann im Urlaub in den Harz gefahren, statt nach Thailand zu fliegen.
Aber so? „Nein danke“, sagten sich nun natürlich die gequälten Leidtragenden dieser unsinnigen Schikane, „kein Squash, keine Zukunft – so leid uns das tut.“ Und man kann sie nur allzu gut verstehen. Auch umweltbewusste Menschen haben schließlich ihren Stolz, und niemand lässt sich gerne etwas vorschreiben, noch dazu von Kindern, die doch vieles noch gar nicht wissen, geschweige denn zur Gänze überblicken können.
Den Gürtel weiter schnallen
Diese Blagen sind alleine schuld daran, dass es heute weder fünf vor, noch fünf nach zwölf ist, sondern in einem fort so vehement dreizehn schlägt, wie von sieben brennend einstürzenden Notre-Dame-Türmen gleichzeitig. Das haben sie jetzt davon. Wie kann man den angeborenen guten Willen der Bürgerinnen nur so torpedieren.
Beleidigt lassen diese nun erst so richtig die Sau raus: Alte Batterien landen mit Absicht in der Biotonne, dreimal täglich gibt es derart unglückliches Schwein, dass noch das Schnitzel auf dem Teller weint. Dabei ist die ganze Zeit überall das Licht an, denn man spart an gar nichts mehr: „Wir müssen alle den Gürtel weiter schnallen“, sagt mein Futurologe Zbigniew, „bis man den Schlüppi sieht.“
Bei uns zu Hause legt die Hose sogar schon das Maurerdekolleté frei. Als die Dieseldrohne von Drinkerando brummend den Aperol Spritz auf unserem Balkontisch im vierten Stock abstellt, bedankt sich meine Hausnymphe Apocalypso höflich bei der Drohne, sonst fliegt die beim nächsten Mal mit unserer Bestellung einfach zu den Nachbarn.
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