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Die EU im Handelskonflikt mit den USADefensiv und gesprächsbereit

Im Zollstreit mit den USA verkündet die EU vorsichtige Gegenmaßnahmen und den Wunsch nach einer einvernehmlichen Lösung. China hingegen bleibt hart.

Das tut weh: Auch Eyeliner könnten teurer werden, wenn die Zoll-Aufschläge von zehn bis 25 Prozent in Kraft treten Foto: getty images

Brüssel/Peking taz/dpa | Der weltweite Zollstreit, den die USA vom Zaun gebrochen haben, verschärft sich weiter. China hat die jüngsten US-Aufschläge in gleicher Höhe gekontert und die Zölle auf importierte US-Waren auf insgesamt 84 Prozent erhöht. Zuvor hatten die USA ihre eigenen Zölle auf Produkte aus China auf 104 Prozent hochgeschraubt.

Auch die EU hat Gegenmaßnahmen verhängt. Sie sollen am 15. April in Kraft treten, betreffen aber noch nicht die neuen pauschalen US-Zölle. Vielmehr berieten die EU-Staaten am Mittwoch in Brüssel über die erste Reaktion auf die Zölle auf Stahl und Aluminium, die Washington bereits im März verhängt hatte.

Dabei wurde ein defensives und schrittweises Vorgehen vereinbart. So will die EU nun doch keinen Strafzoll auf Bourbon-Whiskey erheben. US-Präsident Donald Trump hatte in diesem Fall mit einem Aufschlag von 200 Prozent für Wein und Spirituosen aus Europa gedroht. Frankreich, Italien und Irland sind daraufhin eingeknickt.

Außerdem hat die EU das Gesamtvolumen der Gegenmaßnahmen verringert und ihre Umsetzung weiter hinausgezögert. Geplant war ursprünglich, Gegenzölle im Wert von 26 Milliarden Euro zu verhängen – also genauso hart zuzuschlagen wie die USA. Zuletzt waren aber nur US-Waren im Wert von 22 Milliar­den Euro im Gespräch.

Wie ein Gemischtwarenladen: die EU-Strafliste

Diskutiert wurde bis zuletzt über die Frage, welche Aufschläge wann in Kraft treten sollen. So könnten Mandeln und Sojabohnen aus den USA nicht sofort, sondern erst ab Dezember mit einem Sonderzoll von 25 Prozent belegt werden. Auch andere Gegenmaßnahmen sollen erst nach und nach umgesetzt werden, hieß es.

Auf der am Mittwoch beschlossenen Liste stehen Harley-Davidson-Motorräder und Jeans. Ihre Einfuhr war schon beim Zollstreit in Trumps erster Amtszeit mit Abgaben belegt worden. Neu hinzugekommen sind Produkte, die für Trumps Wähler wichtig sind. Zölle auf Rindfleisch und Geflügel sollen Nebraska und Kansas treffen; bei Holz geht es um Georgia, Virginia und Alabama.

Insgesamt macht die EU-Strafliste den Eindruck eines Gemischtwarenladens. Neben den genannten US-Produkten wurden in ersten Entwürfen auch Spielkarten, Orangensaft und Zigaretten erwähnt. Sogar Schlauchboote, Lippenstifte und Eyeliner könnten teurer werden, wenn die Aufschläge von 10 bis 25 Prozent in Kraft treten.

Die EU hatte offenbar Mühe, passende Produkte zu finden, die die US-Wirtschaft treffen, zugleich aber leicht ersetzt werden können. Zusätzlich erschwert wurde die Diskussion durch den Wunsch, die Tür für mögliche Verhandlungen mit Trump offenzuhalten. Deshalb hat die EU ihre Reaktion auch abgeschwächt.

Von der Leyen will weitere Eskalation verhindern

„Diese Gegenmaßnahmen können jederzeit ausgesetzt werden, wenn die USA einem fairen und ausgewogenen Verhandlungsergebnis zustimmen“, betonte die EU-Kommission. Man ziehe es „eindeutig vor, mit den USA eine ausgewogene und für beide Seiten vorteilhafte Verhandlungslösung zu finden“.

Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte den USA bereits zu Beginn des Handelsstreits angeboten, alle Zölle auf Industriegüter aufzuheben. Trump hat dies jedoch abgelehnt und gefordert, die EU solle mehr Flüssiggas und Öl in den USA kaufen. Dies weist jedoch Brüssel zurück.

Nun ist unklar, wie es weitergeht. Eigentlich wäre eine ­Reaktion auf die neuen „pauschalen“ US-Zölle fällig, die am Mittwoch in Kraft getreten sind. Sie treffen europäische Waren im Wert von mehr als 370 Milliarden Euro – also mehr als zehnmal so viel wie die zuletzt dis­kutierten Stahl- und Alumi­niumzölle.

Mit einer Antwort will sich die EU aber noch Zeit lassen; sie dürfte einige Wochen in Anspruch nehmen. Von der Leyen wolle sich nicht mit Trump anlegen, hieß es in Brüssel. Umso deutlicher wurde sie in einem Telefonat mit dem chinesischen Ministerpräsidenten Li Qiang. Eine weitere Eskalation müsse verhindert werden, sagte sie.

China will bei der Welthandelsorganisation klagen

Nach Angaben ihres Büros hob von der Leyen auch Chinas „wichtige Rolle beim Vorgehen gegen mögliche Handels-Umlenkungen“ hervor. Die EU befürchtet, dass Peking die von den USA mit Zöllen belegten Exporte künftig nach Europa umleiten könnte. Dies würde zu zusätzlichen Problemen für die europäische Wirtschaft führen.

China ist verglichen mit anderen Ländern, die mit den USA Handel betreiben, von besonders hohen Zöllen betroffen. Die chinesischen Behörden teilten am Mittwoch mit, eine weitere Klage gegen die US-Zölle bei der Welthandelsorganisation einzureichen.

Auch wurden sechs weitere US-Unternehmen auf Chinas Liste für sogenannte unzuverlässige Entitäten gesetzt, was ihre Geschäftstätigkeit in der Volksrepublik einschränkt. Zwölf US-Firmen wurden auf eine Exportkontrollliste gesetzt.

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13 Kommentare

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  • Das Angebot der EU, im gegenseitigen Warenverkehr komplett auf Zölle zu verzichten, hatte Trump abgelehnt. Es war überfällig, kräftig draufzuhauen. Aber die EU ist zu schwach für sowas. Und Uschi v.d. Laien sowieso.

  • "Eigentlich wäre eine ­Reaktion auf die neuen „pauschalen“ US-Zölle fällig, die am Mittwoch in Kraft getreten sind. "

    Mei, schon sind die Zölle für 90 Tage ausgesetzt....so schnell kann man das realistisch ja nicht rechnen.



    Heute nur 10% im Angebot :-)



    Das nenne ich strategisches Handeln!



    75 Länder haben sich gemeldet - mit welchem Inhalt, ist nicht bekannt! Die Reaktion von China kennen wir, EU hat erste Punkte genannt, Japan ebenso.



    Aber man ist im "Erfolgstaumel" in den Staaten.

  • Es ist vernünftig erstmal zu verhandeln. Aber diese "Gegenmaßnahmen" sind doch ein Witz. Da macht man sich nur lächerlich. Da hätte man besser komplett drauf verzichtet.

    • @TeeTS:

      Die Gegenseite will nicht verhandeln:



      Ich denke, hier macht sich nur eine Person sehr lächerlich. Einfach mal nachlesen, wer Ron Vara "ist"...

    • @TeeTS:

      Trump reagiert nur, wenn man erst mal ordentlich auf den Tisch haut. Gleich verhandeln zu wollen, legt er als Schwäche aus.

  • "Mit einer Antwort will sich die EU aber noch Zeit lassen; sie dürfte einige Wochen in Anspruch nehmen. Von der Leyen wolle sich nicht mit Trump anlegen, hieß es in Brüssel."

    Einfach nur peinlich. Oder ist die Idee dahinter, dass sich Trump totlachen soll?

    "Die EU befürchtet, dass Peking die von den USA mit Zöllen belegten Exporte künftig nach Europa umleiten könnte."

    Diesen Stuss verbreitet vdL schon eine ganze Weile. Dabei exportiert China schon lange so viel Waren in die EU, wie der hiesige Markt aufnehmen kann. Auch wenn es versuchen sollte, Waren "umzuleiten". Steigt dadurch doch die Aufnahmefähigkeit des Marktes nicht. Es ist einfach nicht mehr Kaufkraft da.

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Die wissen schon, dass die - natürlich absolut theoretische - Möglichkeit besteht, dass ein Produkt, das in Land A hergestellt wird, von einem Produkt, das in Land B hergestellt wird, verdrängt werden kann?

      • @Kaboom:

        Schon. Aber chinesische Waren haben ja schon verdrängt, was geht. Viel ist da nicht mehr zu erwarten. Das Problem wird massiv übertrieben.

        Natürlich gibt es Produkte, wie z.B. E-Autos, die China wesentlich günstiger und besser herstellt und in Europa verkaufen will. Allerdings passiert das nicht durch die Zölle Trumps, sondern ist Teil der allgemeinen Strategie. Es würde also auch ohne die Zölle passieren.

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Wie oft haben Sie schon verhandelt? Was ist in einer solchen Situation Stress für den Gegner? Genau, nicht zu wissen, wogegen man anschreinen soll bzw. wie sich der ganze Brei, den man selbst angerührt hat, nun gestaltet ;-))) Man will ja schließlich Treiber sein....

      China kann seine Waren - bspw. Chips- durchaus subventionieren und damit zB Bevorratungen erzeugen...Deutschland gehört zu den Top-Lieferanten - Sonderkonjuktur?

      "Deutschland, Japan, die USA und die Niederlande steuern demnach einen großen Teil der Ausrüstung für die Chipherstellung bei. > Handelsblatt 14.02.25"

      • @Ansu:

        Auch nach mehrmaligem Durchlesen ist mir der Sinn nicht ganz klar. Wären Sie bitte so freundlich, zu erläutern?

        • @warum_denkt_keiner_nach?:

          Gerne:



          Trump will Reaktion provozieren. Wenn keine oder nur "unklar" geäußerte kommt, kann er nicht dagegen poltern udn sich nciht als Treiber des Themas ins Bild setzten. Und er kann nicht sagen, dass verhandelt wird. Jetzt bemüht er 75 "Beschwerden" als großen Erfolg, kann aber nix dazu sagen, ob er ablehnt oder, oder ... also jetzt 10% Zoll für alle - notgedrungen > die Kapitalmärkte zwingen ihn!

          Da chinesische Produkte durch die hohen Zölle kaum rentabel in den USA einsetzbar sein werden, ist es ggf. für China rentabler, in anderen Ländern (bspw. Chipherstellung) Vorprodukte oder Rostoffe mit kleinem Abschlag anzubieten. Das könnte bspw. zu einer Sonderkonjunktur in Deutschland, Japan und Niederlanden in der Chipproduktion führen, da dies neben USA die wichtigsten westlichen Marktteilnehmer sind.

          • @Ansu:

            Oder China baut die eigne Chipproduktion aus und verbraucht die Vorprodukte damit selbst. Auf dem Endprodukt liegt meist die höhere Marge.

            Nebenbei. Welche Konjunktur in der Chipproduktion in D? Habe ich da eine nicht mitbekommen?

            • @warum_denkt_keiner_nach?:

              Dazu müsste eine detailiierte Analyse her...aber ich denke, China wird sein Absatzrisiko nicht weiter aubauen wollen. Man muss ja jetzt schon sehen, was man am Markt unterbringt!

              www.spiegel.de/wir...-bcff-c9b22afab9a5

              Sie haben noch nichts verpasst...kommt ggf., wenn entsprechende Strategien erarbeitet sind udn zur Umsetztung kommen ;-)

              Hängt ja auch davon ab, wer ggf. noch Unsinn treibt und ob Zölle aus ganz anderen Gründen verhängt werden.



              Da fallen mir hauptsächlcih Inseln ein, die eine Rolle spielen könnten.