Für den AfD-Bundestagsabgeordneten Jens Maier war klar, wer für die Niederlage der deutschen Nationalmannschaft verantwortlich ist: Mesut Özil. Ohne ihn, so ist sich Maier auf Twitter sicher, hätte die Elf gewonnen. Ähnlich äußerte sich der Pressesprecher der AfD-Bundestagsfraktion Christian Lüth: „Özil kann zufrieden sein, Glückwunsch Erdoğan“ schreibt er. Offen bleibt, was der türkische Präsident vom Ausscheiden der DFB-Elf hat.
Neben dem offensichtlichen fußballerischen Unverstand, den die beiden damit offenbaren – Özil hatte die zweitmeisten Ballkontakte und bereitete sieben Torschüsse vor – ist davon auszugehen, dass es der AfD nicht darum geht, den autokratischen türkischen Präsidenten zu kritisieren. Ihnen geht es um etwas anderes: um Özils Migrationshintergrund.
Und nicht nur Özils. Uwe Schulz, AfD-MdB, schrieb bei Twitter zum DFB-Aus: „Unsere Nationalmannschaft nahm ja ohnehin nicht teil.“ Mittlerweile ist der Beitrag gelöscht. AfD-Fraktionschefin Alice Weidel hatte schon vor dem Spiel gegen Südkorea bekanntgegeben, dass sie nicht für Jogis Auswahl jubeln werde: „Ich muss ganz ehrlich sagen, so wie die Nationalmannschaft, die ja nur noch die Mannschaft heißt, aufgestellt ist, habe ich da schon Probleme, insgesamt für die deutsche Mannschaft zu applaudieren. Solange man Gündoğan und Özil, die offensichtlich ein Problem mit unserem Staat haben, da zulässt.“
WM 2018: Und raus bist du!
Kroatien ist bei dieser WM genau genommen nicht ausgeschieden. Das Finale haben sie trotzdem mit 2:4 gegen Frankreich verloren. Und Mandzukic (Foto) geht als erster Eigentorschütze in die WM-Geschichte ein.
dpa
Belgien verliert das Halbfinale mit 1:0 gegen Frankreich. Im Spiel um den dritten Platz können die Belgier jedoch punkten: sie gewinnen 1:0 und erklimmen damit das WM-Treppchen. Ein historischer Erfolg.
AP
Ein zerplatzer Traum: Die letzte WM-Finalteilnahme der Engländer war im Jahr 1966 im eigenen Land. Auch dieses Mal hat's nicht gereicht; die Mannschaft verliert im Halbfinale 2:1 gegen Kroatien. Auch im Spiel um den dritten Platz müssen sie sich geschlagen geben: Belgien gewinnt 1:0.
AP
Igor Akinfeew, im Achtelfinale gegen Spanien noch Elfmeterkiller, muss diesmal zu oft hinter sich schauen. Dennoch: Das in der Fifa-Rangliste schwächste Team hat sich hervorragend geschlagen, Zeiter in der Gruppe A, Spanien rausgeworfen, gegen Kroatien im Viertelfinale gut mitgehalten. Tolles Heimturnier.
Reuters
Weit gekommen, gut verteidigt, Deutschland und die Schweiz rausgeschmissen: Schweden scheitert erst im Viertelfinale mit 0:2 gegen England.
dpa
Brasilien war stark. Aber Belgien war stärker. Das Aus für Neymar und Co kam im Viertelfinale nach einem 1:2.
dpa
Uruguays Torwart Muslera patzt: Frankreich gewinnt das erste Viertelfinale mit 2:0, die Urus (ohne den verletzten Cavani) sind raus. Dennoch: Starker WM-Auftritt von Uruguay. Souverän in Gruppe A gewonnen und ein gutes Achtelfinale gegen Portugal abgeliefert.
Reuters
Achtelfinale. England gewinnt gegen Kolumbien. England gewinnt gegen Kolumbien im Elfmeterschießen. Kein Witz. Kolumbien fährt heim.
Die Schweizer können ihrer Favoritenrolle nicht gerecht werden. Emil Forsberg erzielt für Schweden in der 65. Minute den einzigen Treffer des müden Achtelfinales. Michael Lang (Schweiz, Foto) schleicht vom Platz.
dpa
Japan schockt im Achtelfinale die favorisierten Belgier mit einem Doppelschlag nach der Pause: erst Haraguchi, dann Inui (Foto). Doch Belgien kommt zurück und schafft mit einem Tor in der Nachspielzeit den Lucky Punch. Japan muss heimfahren.
Reuters
Torhüter Guillermo Ochoa kann dem Ball nur noch entgeistert hinterhergucken - das 2:0 durch den Brasilianer Willian besiegelt das Ausscheiden von Mexiko, das einigen bis dahin als Geheimfavorit gegolten hatte.
dpa
Kroatien setzt zum Jubel an, Dänemark versteift. Erst im Elfmeterschießen konnten sich die Kroaten durchsetzen und treffen im Viertelfinale auf Russland. Dänemark scheidet als starke Defensivmannschaft im Achtelfinale aus.
dpa
Russlands Torwart Akinfeew hält im Elfmeterschießen zwei Elfer, einen von Koke (im Bild). Die sehr defensiv spielenden Russen kommen ins Viertelfinale. Für Spanien, den Weltmeister von 2012, ist im Achtelfinale Schluss.
dpa
Ein schönes, faires, sportliches Bild: Cristiano Ronaldo (Portugal, r.) führt den verletzten Edinson Cavani (Uruguay), der zuvor zweimal getroffen hatte, vom Feld. Wenn es ums Ergebnis geht, ist das Bild spiegelverkehrt. Uruguay ist mit weiter, Portugal scheidet im Achtelfinale nach einer 1:2-Niederlage aus.
dpa
Argentiniens Torwart Franco Armani fliegt umsonst: Benjamin Pavard trifft zum 2:2. Frankreich gewinnt das erste Achtelfinale der WM mit 4:3 und zieht ins Viertelfinale ein. Argentinien ist raus!
dpa
Vorrundenaus: Senegal, 4 Punkte, 4:4 Tore, Gruppe H: einmal gewonnen, ein Unentschieden, einmal verloren. Punkt und torgleich mit Japan. Raus wegen Fairplay: Japan hatte am Ende zwei gelbe Karten weniger. Ganz bitterer Abschied für Senegal.
AP
Polen, 3 Punkte, 2:5 Tore, Gruppe H: Seit 12 Jahren hat Polen mal wieder an einer WM teilgenommen, die Erwartungen der Fans waren hoch. Aber Robert Lewandowski und seine Mitspieler lieferten nicht.
imago/RussianLook
Panama, 0 Punkte, 2:11 Tore, Gruppe G: Panama hatte bei seiner ersten WM nicht das größte Glück, mit Belgien und England als Gruppengegner. Aber: Die Mittelamerikaner haben ihr erstes WM-Tor geschossen – gegen England! Gegen Tunesien hätte es fast noch zu einem Punkt gereicht. Fast.
imago/ZUMAPress
Tunesien, 3 Punkte, 5:8 Tore, Gruppe G: Tunesien war neben Marokko das einzige Außenseiterteam, das versuchte, offensiv zu spielen. Auffällig war, dass die Tunesier am Anfang (Minuten 0 bis 10) und am Ende des Spiels (85. Minute bis Ende der Nachspielzeit) schwach waren. Nach einem knappen Sieg gegen Panama schieden sie aus.
imago/ZUMAPress
Deutschland, 3 Punkte, 2:4 Tore, Gruppe F: Schland unter, das war's. Der amtierende Weltmeister und Gruppenfavorit verliert gegen Mexiko und Südkorea und scheidet damit in der Vorrunde aus. Verdient.
AP
Südkorea, 3 Punkte, 3:3 Tore, Gruppe F: So sehen glückliche Verlierer aus. Trotz WM-Aus kann sich Südkorea über ein verdientes 2:0 gegen Deutschland freuen. Die Südkoreaner scheiden als Gruppendritter vor Deutschland aus dem Turnier aus.
dpa
Costa Rica, 1 Punkt, 2:5 Tore, Gruppe E: Im letzten Spiel sicherte man sich knapp noch einen Punkt. Geholfen hat es nicht: Das Team muss nach der Vorrunde nach Hause fahren.
Reuters
Serbien, 3 Punkte, 2:4 Tore, Gruppe E: Zuletzt traf Serbien 2014 in einem Freundschaftsspiel auf Brasilien – und gewann mit 1:0. Vier Jahre später verlieren die Serben 0:2. Damit sind sie raus aus dem Turnier.
dpa
Island, 1 Punkt, 2:5 Tore, Gruppe D: Island ist das Team, dass irgendwie jeder mag. Die Isländer spielen körperbetont, aber nicht unfair und sie agieren als Team. Bei ihrer ersten WM-Teilnahme konnten sie zwar nicht in die K.o.-Phase vordringen, aber sie haben mit drei guten Partien gegen starke Teams eine gute Premiere hingelegt.
imago/Xinhua
Nigeria, 3 Punkte, 3:4 Tore, Gruppe D: Ach ja, Nigeria. Es ist in den letzten vier Weltmeisterschaften immer dasselbe: Man ist mit den Argentiniern in der Gruppe, um knapp an ihnen zu scheitern.
imago/ZUMAPress
Australien, 1 Punkt, 2:5 Tore, Gruppe C: Australien hat in dieser WM mal wieder überrascht. Aufgrund ihres Kaders, der größtenteils mit Spielern aus zweitklassigen Ligen besetzt ist, wurden die Australier mehr oder weniger abgeschrieben. In einer schweren Gruppe konnten sie aber mit jedem Gegner mithalten – fast.
imago/SvenSimon
Peru, 3 Punkte, 2:2 Tore, Gruppe C: Peru hat die leidenschaftlichsten Fans der WM – eine riesige WM-Euphorie. Im letzten Spiel zeigten die Peruaner dann, wie stark sie wirklich sind und besiegten Australien mit 2:0.
imago/SvenSimon
Marokko, 1 Punkt, 2:4 Tore, Gruppe B: Marokko ist der Pechvogel der WM. Gegen Iran verlor man wegen eines Eigentores in der 95. Minute. Marokko hat außerdem, im Gegensatz zu vielen Underdogs, das ganze Turnier über versucht, offensiv zu spielen. Gegen Portugal und Spanien war das Team durchaus ebenbürtig.
imago/UPIPhoto
Iran, 4 Punkte, 2:2 Tore, Gruppe B: Der Iran hat bei der WM positiv überrascht. Besonders beeindrucked war, dass die Iraner sich von Spiel zu Spiel verbessert haben. Sie brachten sowohl Spanien als auch Portugal ins Schwitzen.
imago/IndependentPhotoAgencyInt.
Ägypten, 0 Punkte, 2:6 Tore, Gruppe A: Auch Ägypten stellte einen Rekord auf. Im Tor vertraute das Team auf den ältesten Spieler der WM-Geschichte, den 45-jährigen Torwart El-Hadary. Ansonsten bot Ägypten ohne Mohamad Salah im 1. Spiel gegen Uruguay offensiv nichts, Salahs zwei Tore in den anderen Spielen halfen auch nicht mehr.
imago/Golovanov+Kivrin
Saudi-Arabien, 3 Punkte, 2:7 Tore, Gruppe A: Saudi-Arabien hat einen speziellen Rekord aufgestellt. Mit 5:0 erlitten die Saudis eine der härtesten Eröffnungspleiten der WM-Geschichte. Trotzdem sind sie nicht so schlecht aufgetreten wie erwartet.
imago/Bildbryan
Das Verhältnis zwischen AfD und Fußballnationalmannschaft, es ist kompliziert. Wie soll die Partei damit umgehen, dass eine multikulturelle Mannschaft, die Spieler verschiedener Herkünfte zusammenbringt und zu einem Team formt, die Bundesrepublik repräsentiert? Multikulti ist nicht das, wofür die Partei steht, das hat sie immer wieder klargemacht.
Einerseits. Andererseits: Nur selten kommt die AfD ihrer Idealvorstellung von fahnenschwenkenden PatriotInnen so nahe, wie bei einer Fußball-WM oder -EM der Männer. Der Unterschied zwischen AfD-Aufmarsch und Fanmeile ist zumindest optisch nur schwer auszumachen. Das ist natürlich auch einigen Fans nicht entgangen. Und so behaupten erste ExpertInnen schon, die AfD habe den unbeschwerten „Schland“-Partypatriotismus zerstört.
Echte Kritik an Erdoğans AKP geht anders
Ob die optische Nähe zu AfD-Aufmärschen die Fans der Nationalmannschaft wirklich stört, sei mal dahingestellt. Klar ist auf jeden Fall: Der Unterschied zwischen der Özil-Kritik der AfD ist nur schwer von der NPD-Attacke auf Patrick Owomoyela zu unterscheiden. 2006 hatte die Partei den schwarzen Nationalspieler rassistisch beleidigt. Die Folge: Ein Jahr auf Bewährung für den damaligen Parteivorsitzenden Udo Voigt.
Die AfD geht subtiler vor – inhaltlich aber nicht weniger deutlich. Deutsch, so scheint es, sei demnach nur, wer eine weiße Hautfarbe habe und dessen Vorfahren seit Anbeginn der Zeiten auf dem Gebiet Deutschlands gelebt hätten. Echte Kritik an Erdoğans AKP geht jedenfalls anders.
AfD-Fraktions-Chefin Weidel dürfte das Aus der deutschen Nationalmannschaft auch aus einem anderen Grund nicht traurig stimmen: In einem WDR-Interview antwortet sie auf die Frage, ob sie eher für die Schweiz die Daumen drücke, wo Weidel einen Zweitwohnsitz hat: „Ich steck' nicht so drin in diesen ganzen Fußballmeisterschaften. Ich bin da nicht so, ich bin auch für die Schweden. Unser Jüngster hat ein Trikot vom Senegal geschenkt bekommen und läuft damit rum. Das ist eigentlich völlig egal.“
Schweden ist weiter, der Senegal könnte es heute noch schaffen. Alles gut im Hause Weidel also.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei!
Jetzt unterstützen
Schon 2006 forderte die Naturfreundejugend Berlin das deutsche „Vorrundenaus“. Jetzt ist es passiert. Ein Gespräch mit Carsten, der die Aktion mitinitiiert hat.
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!