Die AfD bei der Landtagswahl in Hessen: Der Neue Rechte auf Listenplatz fünf
AfDler Andreas Lichert leitete ein Institut, das Akteure der Neuen Rechten vernetzte. Nun steht sein Einzug in Hessens Landtag bevor.
Lichert, 43, war bis vor Kurzem Vorsitzender des Instituts für Staatspolitik, des neurechten Thinktanks schlechthin, der auf dem Gut des Verlegers Götz Kubitschek ansässig ist. Das Institut tritt für eine „konservative Revolution“ ein, eine national-autoritäre Wende. Und Lichert steht dabei ganz vorne.
Zur AfD gehört der smart auftretende Unternehmensberater nach eigenen Angaben bereits seit 2013, kurz nach der Gründung. Als er 2015 in den Vorstand seines Kreisverbands gewählt wurde, traten Mitvorstände noch unter Protest zurück. Lichert aber stieg weiter auf, bis Ende vergangenen Jahres war er Mitglied im Landesvorstand. Dann wollte er Hessen-Chef der AfD werden und scheiterte. Auch den Einzug in den Bundestag verpasste er knapp. Jetzt aber scheint der Karrieresprung zu klappen.
In der AfD steht Lichert, der auch schon vier Jahre FDP-Mitglied war, für markige Töne. Er wettert über den „Migrationstsunami“, gegen die „Blockparteien“ oder eine „hysterische Hypermoralisierung“, die das Land angeblich befallen habe. Und Lichert polarisiert: Die ihm verhasste Political Correctness wittert er teils auch in der eigenen Partei. Er zählt zu den Anhängern des AfD-Rechtsaußen Björn Höcke, gehört zu dessen Strömung „Der Flügel“ und wollte vor Jahren einmal Referent in Höckes Fraktion werden.
AfD ein Instrument von vielen
Was Lichert letztlich vorschwebt, verhehlt er nicht. In seinen Reden tritt er für eine „fundamentale Kurskorrektur“ Deutschlands ein. Die AfD ist für den Mann aus Bad Nauheim dabei nur ein Instrument von vielen. Eines, das für ein „Maximum an Resonanzraum für unsere Ideen“ sorge, wie er es vor einigen Jahren nannte. „Unsere Ideen“, das meint: das neurechte Gedankengut.
Beim Institut für Staatspolitik (IfS), das inzwischen seit 18 Jahren besteht, setzte der studierte Informationstechniker auf Vernetzung: In dem Institut sammeln sich Identitäre, Burschenschaftler, Ex-NPDler und Nationalkonservative. Für Aufsehen sorgte Lichert, weil er Mitgliedern der rechtsextremen Identitären ein eigenes Hausprojekt in Halle vermittelte. Mit der Verwaltung des Hauses habe er nichts mehr zu tun, sagt Lichert nun auf Anfrage. Das aber sei keine Distanzierung.
Auch die AfD versuchte Lichert in das Institut einzubinden. Immer wieder sind beim IfS AfD-Politiker zu Gast. Besonders beliebt: Höcke. Der sagt, er beziehe „geistiges Manna“ aus Schnellroda. Zuletzt sprach Parteichef Jörg Meuthen im September auf der „IfS-Sommerakademie“ über Europa.
Vor drei Jahren wäre das offene Zusammengehen noch ein Unding gewesen. Damals lehnte der Ex-Parteichef Bernd Lucke eine Zusammenarbeit mit den Neurechten ab und verhinderte einen Parteieintritt von Kubitschek. Dass Kubitscheks Verbündeter Lichert da längst in der AfD war, fiel nicht auf – oder störte weniger.
Lichert sagt, seinen Posten beim IfS habe er im Juli aufgegeben, zur Neuwahl des Vorstands sei er nicht mehr angetreten. Mit der Angst, der Verfassungsschutz könnte die AfD beobachten, habe weder diese Entscheidung noch die Aufgabe der Verwaltung des Hauses in Halle zu tun. „Nennen Sie es den Abstieg von der Metapolitik in die Parteipolitik.“
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Mitarbeiter des Monats
Wenn’s gut werden muss
Erpressungs-Diplomatie
Wenn der Golf von Mexiko von der Landkarte verschwindet
Social-Media-Star im Bundestagswahlkampf
Wie ein Phoenix aus der roten Asche
80 Jahre nach der Bombardierung
Neonazidemo läuft durch Dresden
Zwei Todesopfer nach Anschlag in München
Schwer verletzte Mutter und Kind gestorben