Deutschlands Völkermord in Namibia: Herero und Nama klagen
Mit einer Klage in den USA wollen die Volksgruppen, die während der deutschen Kolonialzeit Opfer eines Genozids wurden, Entschädigung erreichen.
Im ehemaligen Deutsch-Südwestafrika hatten deutsche Truppen zwischen 1904 und 1909 zwecks Niederschlagung eines Aufstands den Großteil der Angehörigen der Volksgruppen der Herero und Nama umgebracht oder gezielt in die Wüste getrieben, wo sie starben. Dass dies ein Völkermord war, hat die deutsche Politik erst in den letzten Jahren überhaupt anerkannt.
Die Klageschrift, die der taz vorliegt, zitiert den berüchtigten „Vernichtungsbefehl“ des deutschen Generals Lothar von Trotha und zieht durch den Hinweis auf Konzentrationslager, Zwangsarbeit und Versklavung eine direkte Linie vom Völkermord an den Herero und Nama zum späteren Nazi-Holocaust.
In Konzentrationslagern im Kolonialgebiet, so die Klageschrift, hätten deutsche Ärzte an lebenden Herero-Gefangenen medizinische Experimente durchgeführt.Von den beteiligten Ärzten seien spätere deutsche KZ-Ärzte gelernt. Zahlreiche Angehörige der deutschen „Schutztruppe“ in Namibia hätten dann später Karriere in der deutschen Waffen-SS gemacht.
Es geht ums Prinzip
Die Kläger verlangen zudem, nicht länger von den laufenden Verhandlungen zwischen den Regierungen Namibias und Deutschlands über dieses Thema ausgeschlossen zu werden. Dies sei eine Verletzung der UN-Konvention über die Rechte indigener Völker.
Eine Entschädigungssumme wird in der Klage nicht genannt; es geht ums Prinzip der Anerkennung als Verhandlungspartner. Dass andernfalls eine solche Klage ansteht, hatten Herero- und Nama-Vertreter bereits mehrfach bei politischen Gesprächen n Deutschland geltend gemacht.
Deutschland lehnt bislang Entschädigungszahlungen an die Nachkommen der Opfer in Namibia ab und spricht ausschließlich über Entwicklungshilfe mit Namibias Regierung. Die Gespräche liefen „aus unserer Sicht gut“, sagte Außenamtssprecher Martin Schäfer am Freitag in Reaktion auf die Klage, berichtete die Nachrichtenagentur AFP. Es sei „bewusst unterlassen“ worden, mit Vertretern der betroffenen Volksgruppen direkte Gespräche zu führen.
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