Deutschland sucht sein Selbstverständnis: Dirndl-Land? Jägerschnitzel-Country?
„Deutschland wird Deutschland bleiben“ – so reagiert die Kanzlerin auf die Sorge, dass es auch anders kommen könnte. Nur, was ist Deutschland?
Deutschland sucht sein Selbstverständnis. Der Satz „Deutschland wird Deutschland bleiben“, den Angela Merkel dieser Tage sagte, sollte beruhigend klingen. Aber das Land ist ein verunsicherter Teenager und stürzt sich elanvoll in die Sinnkrise.
Nachdem es sich jahrelang Gedanken über sein Outfit gemacht hat – kein Kopftuch, keine Burka, ein bisschen Schwarz-Rot-Gold, aber bitte keine Socken in Sandalen –, blickt Deutschland an sich herunter und sieht: nichts. Die Suche nach der nationalen Identität beginnt. „Wir wissen nicht mehr, wer wir sind und wer wir sein wollen“, sagt der Innenminister.
Außer Goethe fällt kaum einem was ein. Was den „christlich-abendländischen Kulturkreis“ ausmacht, weiß nicht mal die CSU. Hauptsache keine Burka.
Das Auswärtige Amt unterhält die Website „Tatsachen über Deutschland“, auf der es in 19 Sprachen deutsche Fakten präsentiert. Der erste Satz: „Die Bundesrepublik Deutschland liegt im Herzen Europas und ist ein weltoffenes, demokratisches Land mit großer Tradition und lebendiger Gegenwart.“ Applaus.
Tradition und Gegenwart, genau das scheint das Problem zu sein. „Identität“ kommt, wie „identisch“, von „idem“ – dasselbe. In der Mathematik heißt es: Eins ist gleich eins.
Doch dass etwas in sich gleich bleibt, dass sich absolut nichts verändert – das gibt es in der realen Welt nicht. Deutschland ist wie ein Schmetterlingsschwarm, den kann man auch nicht mit Gaffa Tape umwickeln, nur weil man will, dass keiner wegfliegt oder dazukommt.
Aber Merkel will mit ihrem Satz auch nicht sagen, dass nichts sich verändern darf. Sie will die Hysterie dämpfen. Und dabei wahrscheinlich einfach nur mal etwas anderes als „Wir schaffen das“ sagen. Aber mit Deutschland reden ist zurzeit schwer. Wenn ein Teenager Drama schieben will, gibt es keine richtigen Worte.