piwik no script img

Deutschland fordert RechtsstaatlichkeitGeld gegen Prinzipien

EU-Strukturhilfen, von denen unter anderem viele an Ungarn und Polen gehen, will die Bundesregierung künftig an die Einhaltung von Grundwerten knüpfen.

Weniger Kohle für Orbán? Merkels Regierung will Finanzhilfen an Rechtsstaatlichkeit knüpfen Foto: ap

Berlin rtr | Die Bundesregierung will mit finanziellem Druck EU-weit für mehr Rechtsstaatlichkeit und damit mehr Glaubwürdigkeit der Union als Wertegemeinschaft sorgen. Das sieht ein internes Papier der Bundesregierung vor, das an die EU-Kommission übersandt werden soll, wie eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums in Berlin am Mittwoch bestätigte.

Das Papier zur Zukunft der europäischen Kohäsionsfonds ab 2020, das der Nachrichtenagentur Reuters vorliegt, sieht vor, dass erstmals die Auszahlung von EU-Strukturhilfen unter anderem an die Einhaltung rechtstaatlicher Prinzipien und an Reformen geknüpft werden soll.

„Wir wollen anreizen, erforderliche Strukturreformen in den Mitgliedsstaaten zu unterstützen“, erläuterte die Sprecherin des Ministeriums eine Zielrichtung des Papiers, das innerhalb der Regierung abgestimmt ist. „Es stimmt, in dem Papier ist auch ein Teil, der sich damit beschäftigt, dass man eine neue Konditionalität zumindest prüfen möchte: nämlich die Einhaltung der rechtsstaatlichen Grundwerte der EU.“ Schließlich sei die EU eine Wertegemeinschaft. Die Glaubwürdigkeit der Union sei mit der Einhaltung dieser Prinzipien, wie beispielsweise der Pressefreiheit, verbunden. Daher sei die vorgeschlagene Regelung vernünftig. Welche Länder die Regierung bei diesem Punkt im Blick hat, wollte die Sprecherin nicht sagen.

Seit geraumer Zeit gibt es Streit zwischen der EU-Kommission und den EU-Staaten Polen und Ungarn über die Einhaltung von Rechtsstaatsprinzipien. Beide Länder erhalten hohe Summen aus dem EU-Haushalt.

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

11 Kommentare

 / 
  • Schon klar, das für Verhaltensweisen fremder Staaten im Sinne der EU-Autokratie auch Gelder fließen können.

    Pfui ihr Autokratenpolitiker !

  • 4G
    4845 (Profil gelöscht)

    Das wird nur weiter Wasser auf den Mühlen der PiS sein und genau das Gegenteil bewirken...

  • Die Völker Europas sind entschlossen, auf der Grundlage gemeinsamer Werte eine friedliche Zukunft zu teilen, indem sie sich zu einer immer engeren Union verbinden.

     

    In dem Bewusstsein ihres geistig-religiösen und sittlichen Erbes gründet sich die Union auf die unteilbaren und universellen Werte der Würde des Menschen, der Freiheit, der Gleichheit und der Solidarität. Sie beruht auf den Grundsätzen der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit. Sie stellt die Person in den Mittelpunkt ihres Handelns, indem sie die Unionsbürgerschaft und einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts begründet.

     

    Die Union trägt zur Erhaltung und zur Entwicklung dieser gemeinsamen Werte unter Achtung der Vielfalt der Kulturen und Traditionen der Völker Europas sowie der nationalen Identität der Mitgliedstaaten und der Organisation ihrer staatlichen Gewalt auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene bei.

    http://www.europarl.europa.eu/charter/pdf/text_de.pdf

  • Das ist das Wichtigste, damit die EU nicht zerfällt. Brexit, bald vielleicht Frexit? EU muss etwas Besonderes. Die Grundwerte sind etwas, was die EU einzigartig machen. Es gibt auch zurecht Kritik, dass mehrere Länder nur an wirtschaftlichen Vorteilen interessiert sind und aus Verpflichtungen, die mit den Grundwerten der EU verbunden sind, sich raushalten wollen. Das beste Beispiel – die Flüchtlingskrise und Länder wie Polen oder Ungarn, die nicht helfen wollen.

    • @Stefan Mustermann:

      " Die Grundwerte sind etwas, was die EU einzigartig machen."

       

      Unsinn. Die Schweiz hat z.B. auch Grundwerte. Schon viel länger, als die EU.

      • 4G
        4845 (Profil gelöscht)
        @warum_denkt_keiner_nach?:

        Soll also heißen: Die Schweiz hält sich schon viel länger nicht an Grundwerte als die EU?

  • "...die Auszahlung von EU-Strukturhilfen unter anderem an die Einhaltung rechtstaatlicher Prinzipien und an Reformen..."

     

    „Wir wollen anreizen, erforderliche Strukturreformen in den Mitgliedsstaaten zu unterstützen“

     

    Klingt nach Erpressungspotential mit neoliberalem Gschmäckle.

  • "Schließlich sei die EU eine Wertegemeinschaft."

     

    Eher eine Geldwertgemeinschaft. Siehe diese:

    http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/eu-kommission-will-euro-krisenfest-machen-a-1150149.html

     

    "Reformvorschläge" der EU Kommission.