Deutscher in Griechenland verurteilt: Das Urteil bleibt ein Skandal
Ein deutscher Rentner, der syrische Flüchtlinge über die Ägäis transportierte, wurde in der Revision vor einem Gericht schuldig gesprochen.
In der Revision wurde das ursprüngliche Strafmaß von 16,5 Jahren aus dem ersten Verfahren erheblich verkürzt. Bernd Keller wird auch kein Profitstreben mehr unterstellt. Er habe nicht aus Geldgier gehandelt und sei auch kein „Mehrfachtäter“. Seine Frau wurde freigesprochen. Dem Ehepaar wird das beschlagnahmte Geld und vor allem das beschlagnahmtes Boot zurückgegeben.
Seit September 2014 saß der 69-jährige deutsche Rentner in griechischer Haft. Der pensionierte Beamte aus Hessen hatte auf seinem Holzboot eine syrische Flüchtlingsfamilie von der Türkischen Riviera auf die griechische Insel Symi mitgenommen (die taz berichtete). Nach Meinung der griechischen Justiz hatte er damit den Tatbestand des Menschenschmuggels erfüllt.
Verhör mit Google Translate übersetzt
Grundlage seiner ersten Verurteilung war ein Verhörprotokoll, dessen Richtigkeit Keller stets angefochten hatte. Dies sei nach einer Befragung durch einen gebrochen Deutsch sprechenden griechischen Vernehmungsbeamten zustande gekommen. Der Polizist habe seine Notizen mit Hilfe von Google Translate ins Griechische übersetzt. Keller, mit dem die taz mehrfach im Gefängnis telefonieren konnte, meint, dass sich so Fehler und Missverständnisse in das Strafverfahren gegen ihn eingeschlichen hätten und das erstinstanzliche Urteil somit auf falschen Annahmen beruhe.
Anders als im Urteil ausgeführt, habe er von den syrischen Flüchtlingen kein Geld bekommen. Außerdem habe er nicht „wiederholt“, wie im Urteilstext steht, Flüchtlinge auf die griechische Insel Symi gebracht. Richtig sei lediglich, dass er mit seiner Frau die Insel, die wenige Kilometer vor der türkischen Küste liegt, mehrfach besucht habe.
Unstrittig ist, dass Keller und seine Gattin am späten Vormittag des 14. September 2014 sechs Syrer im Alter von 2 bis 36 Jahren von Bozburun nach Symi mitnahmen. Keller betont, dies aus „humanitären Gründen“ getan zu haben. Nach der Überfahrt ließ sich das Ehepaar in einem Hafenrestaurant nieder und bestellte Mittagessen. Dort wurden der Deutsche und seine 57-jährige, von den Philippinen stammende Frau von der griechischen Polizei festgenommen.
Der Fall wirft schwerwiegende menschenrechtliche Fragen auf. Wie weit möchte die Europäische Union in der Strafverfolgung von „Schleppern“, die Kriegsflüchtlinge über die EU-Außengrenze transportieren, gehen? Darf ein deutscher Urlauber, der einmal eine syrische Familie sicher von der Türkei nach Griechenland geschippert hat, in einem EU-Mitgliedstaat zu mehr als 16 Jahren Gefängnis verurteilt werden? Außerdem weckt der Ablauf des Gerichtsverfahrens Zweifel an der Rechtsstaatlichkeit. Der wichtigste Belastungszeuge, der Polizist, der das Verhörprotokoll aufgenommen hatte, erschien erst gar nicht vor Gericht.
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