Deutscher Botschafter in Venezuela: Vorwurf der Einmischung
Daniel Kriener muss Caracas verlassen. An seinem Engagement für Interimspräsident Guaidó scheiden sich die Geister. Auch in Berlin.
Am Mittwoch hatte Venezuelas Außenministerium Botschafter Daniel Kriener zur unerwünschten Person. Er muss Venezuela binnen 48 Stunden verlassen.
Noch am Montag hatte Kriener den selbsternannten Interimspräsidenten Juan Guaidó bei dessen Rückkehr zusammen mit anderen Botschaftern aus EU- und lateinamerikanischen Ländern sowie dem US-Geschäftsträger am Flughafen begrüßt. Damit wollten die Diplomaten einer drohenden Festnahme des 35-jährigen Oppositionspolitikers entgegenwirken.
Warum der deutsche Botschafter als einziger von den anwesenden Diplomaten Venezuela jetzt verlassen muss, hat einen besonderen Grund. „Die Aktivitäten von Herrn Kriener widersprechen nicht nur den wesentlichen Normen, die für die diplomatischen Beziehungen gelten, sondern sie widersprechen auch den klaren Kriterien, die der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages in einem öffentlichen Bericht festgestellt hat. Danach stellt die Position der deutschen Regierung einen ‚Akt der unrechtmäßigen Einmischung‘ dar,“ sagte Venezuelas Außenminister Jorge Arreaza.
Unrechtmäßige Einmischnung
Arreaza bezieht sich auf zwei Berichte, die der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages im Auftrag der Fraktion Die Linke erstellt und am 7. und 15. Februar veröffentlicht hatte. In beiden geht es vor allem um die Frage, ob die Anerkennung Guaidós als Interimspräsident durch die deutsche Bundesregierung Anfang Februar eine unrechtmäßige Einmischung darstelle oder nicht.
Mit der Anerkennung Guaidós war die Bundesregierung von der bisherigen Praxis abgerückt, nur Staaten, nicht aber Regierungen förmlich anzuerkennen. Der Wissenschaftliche Dienst kommt zu dem Schluss, dass es „starke Gründe“ für die Annahme einer Einmischung in die inneren Angelegenheiten Venezuelas gebe. (Bericht des Wissenschaftlichen Dienstes vom 7. Februar und vom 15. Februar).
„Somit bleibt die Frage, ob die Einmischung in innere Angelegenheiten im vorliegenden Fall als unzulässige Intervention zu qualifizieren ist, durchaus berechtigt,“ heißt es in dem Bericht vom 7. Februar. Allerdings könne „mit den zur Verfügung stehenden Mitteln nicht zweifelsfrei festgestellt werden,“ ob zum Zeitpunkt der Anerkennung die „tatsächlichen Voraussetzungen“ für eine Anerkennung vorgelegen haben, heißt es zugleich.
Deutlicher wird es im zweiten Bericht: „Mit dem Verweis auf Artikel 233 der venezolanischen Verfassung positioniert sich Deutschland gleichzeitig in einer strittigen Frage des venezolanischen Verfassungsrechts. Dies erscheint unter dem Gesichtspunkt des Grundsatzes der „Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten eines anderen Staates“ völkerrechtlich ebenso fragwürdig wie die (vorzeitige) Anerkennung eines Oppositionspolitikers als Interimspräsidenten, der sich im Machtgefüge eines Staates noch nicht effektiv durchgesetzt hat.“
Guaidó hatte seine Ernennung zum Interimspräsidenten unter anderen mit dem Verfassungsartikel 233 begründet, demzufolge bei totaler Abwesenheit des Staatspräsidenten der Präsident der Nationalversammlung das Amt vorübergehend übernimmt. Da sich Maduro jedoch als legitimer Präsident sieht, ist Guaidós Begründung unter Verfassungsrechtlern umstritten.
Dass darüber auch im Deutschen Bundestag Uneinigkeit besteht, wurde auch in Caracas registriert. Kriener habe sich „eher wie ein politischer Führer“ aufgespielt, denn als Diplomat, so Außenminister Arreaza.
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